„Jose Ivan“ - oder es gibt sie doch noch: Héroes!

Liebe Freunde,

Jose Ivan Romero und sein Vater sind für mich Helden!

Vor vier Monaten hatten wir sie in den Bergen Totogalpas besucht. Mit dem Motorrad ging es vorbei an kleinen Weilern die Hügel hoch, den letzten Kilometer mussten wir zu Fuß zurücklegen. Der kümmerliche Mais war geerntet, der Sorgo stand noch auf den steilen Hängen, die nur mühevoll zu bearbeiten sind. Ivan hatte eine Schlafunterlage aus Bambus, wie seine Eltern, und seine drei Geschwister. Den Schulbesuch hatte er abgebrochen, weil er von den Mitschülern wegen seines Aussehens gehänselt wurde und auch beim Lernen nicht mitkam.

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Das nächste mal sah ich Ivan bei der Übergabe von Betten im Haus von Los Pipitos: Diesmal war er ordentlich angezogen, hatte ein kleines Bündel mit Tortillas in den Händen und saß auf seinem neuen Bett. Er war einer von 15, die an diesem Tag gekommen waren, um ihre Betten abzuholen. Ein LKW der alcaldia Totogalpa stand an diesem Tag zum Transport zur Verfügung. Unklar blieb für mich,wie sie das Bett auf den schmalen Pfaden hoch in die Berge schaffen wollten.

Heute nach vier Monaten machten wir uns wieder auf den Weg, um Ivan und seine Familie zu besuchen. Diesmal fand ich den Weg schon alleine. Die Hügel waren sonnenverbrannt und abgeerntet. Ivan war gerade bei seinem Großvater, dem man seine cholutekische Abstammung noch deutlich ansieht. Mit seinem roten Halstuch auf dem Kopf und dem Aschezeichen auf der Stirn wirkte er wie ein Häuptling aus alten mexikanischen Spielfilmen.


Zurück in seiner Hütte setzt er sich auf sein Bett und berichtet: "Jetzt schlafe ich hier mit meinem kleinen Bruder. Alle sind neidisch auf mich, weil ich so gut liegen kann." Dann weist mich sein Vater auf einen Rucksack hin, der wie alle Gegenstände mangels Regalen oder Schränken auf einer Wäscheleine hängt. Er berichtet: "Den hat sich Ivan selbst gekauft,auch das Schulmaterial hat er bezahlt. Er wollte mit mir in die Kaffeeernte und hat sein eigenes Geld verdient. Wir waren in den Bergen von Condega, weil wir mit unserer Ernte nicht durchkommen."


Jose Ivan berichtet dann, dass er wieder die Schule besucht und diesmal nicht mehr abbrechen möchte. Aus seinem Schreibheft liest er zögerlich die letzte Hausaufgabe vor, Wörter mit „o“: Arbol (Baum), coral (Schlangenart), mono (Affe), sorgo (Hirseart), amigo ….. Wie er so dasitzt und sein Vater ihn mit strahlenden Augen betrachtet muss ich mit den Tränen kämpfen.

Ganz ohne die staatliche Ausstattung mit Schulmaterialien, obwohl es dieser wirklich bedurft hätte, hat er den Weg zurück in die Schule gefunden. Hoffen wir, dass er eine Lehrerin hat, die ihm mit all seinen Schwierigkeiten zur Seite steht und die Unterrichtmethoden findet, die ihm das Lernen nicht verleiden.


Als wir uns verabschieden, weil die Sonne schon hinter den Hügeln verschwindet, ist die Aufregung groß: Eine Coral mit „o“, eine der gefährlichen Schlangenarten, die es hier gibt, wurde schnell unschädlich gemacht und stolz präsentiert. Die Lebensumstände hier oben in den Bergen mit wenig Wasser, kärglichen Ernten und vielen Problemen lassen wenig Platz für romantische Sonnenuntergänge. Hier braucht es tatsächlich Helden, die ihr Leben in beide Hände nehmen.

Es grüßt Euch herzlichst

Heinz