Meldungen aus Nicaragua vom 04.04.2006

  1. Galoppierende Ölpreise verursachen Chaos
  2. Contradicting Court Decisions Cause Uncertainty for Constitutional Reforms
  3. Jerez Absolved by Justice While Amnesty for Aleman Seems Likely
  4. Honduran Claims that FARC Members Operate in the Country Denied
  5. 4000 Bananenarbeiter protestieren vor EU-Vertretung, während Nemagon-Opfer ihren Kampf fortsetzen - Doles Angebot: Investitionen gegen Straflosigkeit hinsichtlich Forderungen seitens der Bananenarbeiter
  6. Nicaraguas Potentiale an alternativer Energie finden keine Beachtung
  7. Bolaños Vetoes Law Arce
  8. Ocotal on Rationing as Dipilto River Dries Up

Galoppierende Ölpreise verursachen Chaos

Am 28. März um 11 Uhr vormittags begann in ganz Managua ein Bus-Streik, der bis 30. März 24 Uhr dauerte und bei dem es darum ging, dass der Verkehrsverband forderte, dass die Regierung dieses wichtige Verkehrsmittel so ausreichend subventioniert, dass die Angestellten ihren Lebensunterhalt verdienen. In den vergangenen zwei Wochen haben in Managua die Bus-Gesellschaften und -Kooperativen gedroht, die Fahrpreise im innerstädtischen Verkehr von den derzeit zu entrichtenden 2,5 Córdobas auf 3 Córdobas (von US$ 0.15 auf US$ 0.18) anzuheben. Führende Mitglieder des Verkehrsverbands erklärten, ihre Mitglieder wollten die Preise nicht erhöhen, da sie sehr wohl wissen, wie schwierig es für die Mehrheit der Bewohner Managuas ist, die 5 Córdobas zusammenzukratzen, die sie jeden Tag für die Fahrten zur Arbeit oder Schule und zurück brauchen. Aber wenn die Regierung nicht bereit ist, den öffentlichen Verkehr zu subventionieren, sehen sie sich wegen der galoppierenden Ölpreise dazu gezwungen. Die Mitglieder des Verbands des öffentlichen Verkehr weisen darauf hin, dass sie in den vergangenen zwei Wochen Geld verloren haben. Abgesehen davon, dass die Bus-Besitzer wegen der miserablen wirtschaftlichen Situation, in der sich ihre Kunden befinden, zögern, die Preise zu erhöhen, hat auch die Regierung eine solche Preiserhöhung nicht genehmigt.

Am Abend des 28. März und am 29. März haben sich chaotische Szenen auf den Straßen der Hauptstadt abgespielt, da Tausende Arbeiter sich gezwungen sahen, weite Entfernungen zu Fuß zurückzulegen, um nach Hause zu gelangen. Andere zahlten die verlangten 5 Córdobas an die Fahrer von Lastwagen, die die Gelegenheit, die sich ihnen bot, nutzten. Wieder andere zogen es vor, Taxifahrern, die ihre Preise um bis zu 200 % erhöht hatten, horrende Preise zu zahlen.

Am 31. März gab Dionisio Marenco, der Bürgermeister von Managua, bekannt, dass er erreicht habe, dass das öffentliche Verkehrssystem vorübergehend mit 1,5 Millionen Córdobas (90 900 US$) subventioniert wird. Marenco gab zu, dass das nur eine "sehr vorübergehende" Lösung für ein wirklich "sehr schwerwiegendes" Problem sei. Er gab bekannt, dass er sich in den kommenden Tagen und Wochen mit Regierungsmitgliedern zusammensetzen werde, um eine dauerhaftere Lösung zu erarbeiten. Marenco erwähnte drei mögliche längerfristige Lösungen. Erstens sprach er von der Möglichkeit, die Mindestlöhne für Arbeiter in Managua zu erhöhen (diese Lohnerhöhung würde nur für Arbeiter in der Hauptstadt gelten) und gleichzeitig die Fahrpreise auf 3 Córdobas anzuheben. Zweitens erwähnte Marenco die Möglichkeit, dass der Staat die Fahrpreis-Erhöhung von 0,5 Córdobas subventioniert. Eine dritte Möglichkeit besteht darin, dass die Regierung 50% der Fahrpreiserhöhung übernimmt, während die Benutzer der öffentlichen Verkehrsmittel für die restlichen 0,25 Córdobas aufkommen. Die dritte Möglichkeit wird vom Bürgermeister bevorzugt.

Die Zentralregierung hat bisher auf die beiden Lösungsvorschläge der Transport-Gewerkschaften, nämlich entweder den öffentlichen Verkehr in der Hauptstadt zu subventionieren oder die Steuern, die für Öl-Produkte erhoben werden, zu senken, zurückhaltend reagiert. Es hat den Anschein, dass die Regierung eher dazu neigt, eine Fahrpreiserhöhung von 0,5 Córdobas zu genehmigen.

Managuas Taxi-Fahrer und Fahrer von Überland-Bussen haben ebenfalls damit gedroht, einen Streik auszurufen, wenn die Regierung nicht bereit ist, die Benzin-Steuern zu senken. Am 2. April fand ein Treffen der Regierung mit der Gewerkschaft der Fahrer von Überland-Bussen statt. Dabei wurde vereinbart, dass Unternehmen von Überland-Bussen die Fahrpreise im Überlandverkehr vom 4. April an um einen Betrag von fünf bis zwanzig Prozent erhöhen dürfen. Die Gewerkschaften der Taxi-Fahrer halten jedoch ihre Drohung aufrecht, dass sie, wenn ihre Forderung nicht erfüllt wird, in Managua einen Streik ausrufen. (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Liberación Estelí, Canal 2 Telenoticias, 29.3. - 4.4.)

4000 Bananenarbeiter protestieren vor EU-Vertretung, während Nemagon-Opfer ihren Kampf fortsetzen

Doles Angebot: Investitionen gegen Straflosigkeit hinsichtlich Forderungen seitens der Bananenarbeiter

Die einstigen Bananenarbeiter, die in den 1960er, 70er und 80er Jahren durch die Chemikalien Nemagon und Fumazone gesundheitlich geschädigt worden sind, verlangten in dieser Woche von der Regierung eine Erklärung hinsichtlich eines Vorschlags, den die transnationale Nahrungsmittelgesellschaft Dole gemacht hat. Laut einem BBC-Bericht schlug Dole der nicaraguanischen Regierung folgendes vor: Dole verspricht, im Land zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen; im Gegenzug verspricht die Regierung, Maßnahmen zu ergreifen, durch die die Gesellschaft sicher sein kann, dass auf sie keine Entschädigungsansprüche seitens der Nemagon-Opfer zukommen.

Tausende von Bananenarbeiter aus der Umgebung von Chinandega, die als Folge ihrer Arbeit auf den Bananenplantagen in den 60er, 70er und 80er Jahren unter schwerwiegenden Gesundheitsproblemen wie Krebs oder Unfruchtbarkeit leiden, haben seit mehreren Wochen in Managua ihr Lager aufgeschlagen, weil sie hoffen, mit ihren Schadenersatz-Forderungen bei der Regierung endlich Gehör zu finden. Am 30. März erfuhren die Nemagon-Geschädigten vom Vorschlag der Dole-Gesellschaft. Die Nachricht erregte unter ihnen große Besorgnis. Am 31. März verlangten sie von Präsident Enrique Bolanos eine Erklärung.

Victorino Espinales, einer der Anführer der Bananenarbeiter erklärte: "Wir können nicht akzeptieren, dass die Regierung einerseits verspricht, uns zu helfen, andererseits hinter verschlossenen Türen mit den Multinationalen verhandelt und man dort vereinbart, unseren Forderungen nicht nachzukommen. Das wäre Verrat, und wir erwarten im Hinblick auf unsere Sache von der Regierung eine klare und zufriedenstellende Erklärung." Gesundheitsministerin Margarita Gurdian, Vorsitzende der Regierungskommission, die speziell zur Unterstützung der Nemagon Opfer eingesetzt worden ist, versicherte, sie werde so bald wie möglich versuchen, die Besorgnis der Landarbeiter dem Präsidenten mitzuteilen.

Unterdessen sind am 1. April 4000 Bananenarbeiter, die derzeit im Gebiet von Chinandega auf Bananenplantagen beschäftigt sind, in Managua vor die Vertretung der Europäischen Union gezogen; sie protestieren gegen die Pläne der EU, ab Januar 2006 an den Grenzen Europas neue Zölle auf Bananen-Importe zu erheben. Derzeit sind für jede Tonne Bananen, die in die Europäische Union importiert wird, 99 US$ Zoll zu entrichten. Von 2006 an soll dieser Betrag jedoch auf 303 US$ erhöht werden. German Munoz, Stellvertretender Koordinator der Nicaraguanischen Bananenarbeiter-Gewerkschaft (TRABANIC) sagte, diese neue Zollbestimmung bedeute eine "Katastrophe" für Nicaragua, weil die Bananenpflanzungen aus dem Geschäft gedrängt würden; davon seien 40 000 Nicaraguaner betroffen, die von der Produktion und dem Verkauf des Produkts abhängen. Munoz weist darauf hin, dass neben den Arbeitern auch Bananenproduzenten und -exporteure betroffen seien; "das bedeutet, dass sich die Gesamtzahl derer, die ihren Lebensunterhalt verlieren, um 20 000 weitere Menschen erhöht."

Die Forderungen der 4000 Bananenarbeiter, die vor der EU-Vertretung protestieren, lauten: Die derzeitige Höhe der Zölle auf Bananenimporte muss beibehalten werden. "Keine weitere Arbeitslosigkeit für Bananenarbeiter in Lateinamerika. Wir wollen, dass die EU auf uns hört und die derzeitigen Bananenmarkt-Zölle beibehält," lautet ihre Devise.

Nach dem Verschwinden der Baumwoll-Produktion wurde Chinandega eine der ärmsten Regionen Nicaraguas. Derzeit hält sich die Region durch Bananenplantagen am Leben; sie sind für die große Mehrheit der Bevölkerung die einzige Arbeitsmöglichkeit. Sollten die Bananenplantagen ihre Produktion einstellen müssen, fällt es schwer, sich vorzustellen, wie Chinandegas Bevölkerung künftig ihr Überleben sichert.

Die Regierungen von Ecuador, Costa Rica, Kolumbien, Honduras, Guatemala und Panama sind kürzlich bei der Welthandelsorganisation gegen die neuen EU-Zölle vorstellig geworden. Marcelino Garcia, Sekretär der Vereinigung der Landarbeiter (ATC), kündigte eine Reihe Aktionen und Proteste an, die das Ziel haben, die Einführung der neuen Zölle zu verhindern. Diese Aktionen werden am 28. April in Brüssel mit einer Konferenz lateinamerikanischer und europäischer Bananenarbeiter, Produzenten und Exporteure ihren Abschluss finden. (La Prensa, El Nuevo Diario, Radio Ya!, 31.3. - 2.4.)

Nicaraguas Potentiale an alternativer Energie finden keine Beachtung

Wenn Nicaragua sein ganzes Potential an alternativer Energie nutzen würde, könnte das Land laut Emilio Rappaccioli, dem einstigen Leiter des Nicaraguanischen Energie-Instituts (INE), sechsmal so viel Energie produzieren, wie derzeit im Land gebraucht wird. Rappaccioli erklärte, Nicaragua brauche derzeit pro Jahr 10 Millionen Barrel Öl zu einem Preis von insgesamt 400 Millionen US-Dollar. 30% dieses Öls wird für die Produktion elektrischer Energie verwendet. Wegen der Ölpreise, die zur Zeit historische Höhen erreicht haben, hat die nicaraguanische Bevölkerung in den vergangenen Monaten unvorhergesehen hohe Beträge für ihre Elektrizität gezahlt, ein Trend, der voraussichtlich anhält, wenn Nicaragua nicht zu alternativen, erneuerbaren Energien wechselt.

Laut Raul Solorzano, Präsident der Nationalen Energiekommission(CNE), würde Energie, die alternativ produziert wird, die Verbraucher nur die Hälfte von dem kosten, was sie derzeit zahlen, und nicht so starken Preiserhöhungen ausgesetzt sein.

Juliana Hernandez, Vertreterin des Nationalen Energie-Instituts, erklärte, es habe mehrere Gesellschaften gegeben, die an der Entwicklung und am Aufbau von Unternehmen für alternative, erneuerbare Energie im Land interessiert waren, aber als die nationale Energie-Gesellschaft privatisiert wurde, hätten sie ihr Interesse daran verloren.

Obwohl es im Land ein fast unbegrenztes Potential für alternative Energie-Produktion gibt, besteht, laut Rappaccioli, wenig Aussicht, dass Gesellschaften für alternative Energie in Nicaragua investieren, ehe von der Regierung nicht neue Energie-Gesetze erlassen werden. Derzeit gibt es ein Gesetz, das festlegt, dass alternative Energie-Projekte nur bis zu 5 Megawatt Energie produzieren dürfen. Die Energie- und Infrastruktur-Kommission der Nationalversammlung hat einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, in dem vorgeschlagen wird, diese Menge auf 30 Megawatt zu erhöhen, aber er wurde bisher nicht für wichtig genug gehalten, um auf die Tagesordnung der Nationalversammlung gesetzt zu werden, eine Tatsache, über die sich sowohl Rappaccioli als auch Solorzano als auch Hernandez wundern.

Sobald die Nationalversammlung dieses Gesetz beschlossen hat, werden ausländische Gesellschaften vermutlich wieder daran interessiert sein, in Nicaraguas Potential an alternativer Energie zu investieren. Bis es so weit ist, wird die Bevölkerung Nicaraguas weiterhin hohe Elektrizitätsrechnungen erhalten und davon bedroht sein, dass Elektrizität rationiert wird. (La Prensa, 1.4.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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