Meldungen aus Nicaragua vom 01.06.2009

  1. Sergio Ramirez sagt Lesung nach Drohung ab
  2. Neue Gespräche zwischen Regierung und Geberländern
  3. Nicaraguan banana workers win case, in Venezuela!
  4. Pellas, pressured by campaign, promises hospital for kidney disease
  5. Montealegre under fire
  6. Russian bus donation causes controversy
  7. Frauen verlangen Entscheidung über therapeutische Abtreibung
  8. Demobilized and mothers given roofing materials and land
  9. Literacy Campaign’s “final offensive”

Sergio Ramirez sagt Lesung nach Drohung ab

Am 28.Mai sagte der Schriftsteller und frühere Vize-Präsident Sergio Ramirez (1984-1990) einen Vortrag an der Nationalen Autonomen Universität von Nicaragua in León ab, wo er seinen neuen Roman „El Cielo Llora por Mi“ (Der Himmel weint um mich – ein Kriminalroman) vorstellen sollte, nachdem dem Universitätszentrum der Nationalen Universität (CUUN) nahe stehenden Studenten schwarz-rote Fahnen (die Farben der Sandinistischen Front) aufgehängt und ihn einen „Feigling, einen Verräter, eine Marionette und einen Ladenhüter“ genannt hatten. Ramirez, Historiker und Romanautor, war einer der Gründer der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) im Jahre 1994 und ist ein scharfer Kritiker der Regierung von Präsident Daniel Ortega gewesen.

Im Namen der Universität entschuldigte sich deren Präsident Maritza Vargas Paiz bei Ramirez und veröffentlichte eine Erklärung, in der es hieß: „Die Universität sollte ein Ort der Gedankenfreiheit sein, wo alle Richtungen und Seinsweisen erlaubt sind; ein Ort mit einem humanistischen, kritischen Charakter, wo Ideen entstehen.“ In der Erklärung hieß es weiter:

„Wir bedauern die Haltung, wie sie sich bei den Mitgliedern des CUUN ausdrückt, weil sie den Prinzipien der Institution widerspricht“, was auch – so heißt es – „die Förderung verschiedenartiger Ideen und ihre Darlegung vor den Bürgern“ einschließe.

Ramirez sagte: „Dies waren nicht Studenten der Universität León, unter denen ich viele Leser habe, die diese Kampagne der Beleidigungen und Drohungen organisiert haben.“ Vielmehr, sagte er, sei es eine Gruppe, die mit der Regierungspartei verbunden sei, die nicht die Mehrheit der Studenten repräsentiere. „Sie sind ‚professionelle’ Führer,“ sagte er, „die jahrelang in den Hörsälen herumhängen; sie machen nie ihre Abschlüsse und verteidigen wild ihren Status als ‚Führer’“

Das Nicaraguanische Schriftstellerzentrum (CEN) drückte in einem Kommuniqué seine Solidarität mit Ramirez aus, in dem es hieß: „Eine rein akademische Tätigkeit musste aus Furcht vor Gewalt abgesagt werden; wir können Handlungen, die die Intelligenz töten, nicht tolerieren, am allerwenigsten an der Universität.“ Die Gruppe der Schriftsteller verurteilte, was sie „ein erstickendes Klima der Unterdrückung“ nannte, und machte die Ortega-Regierung verantwortlich. Die Schriftsteller sagten: „Beklagenswerterweise ist dieses Kommuniqué durch das verzweifelte Gefühl entstanden, dass Barbarei über die Kultur obsiegt.“ Ramirez selbst sagte: „ Was sie taten, war, mein Buch ins Feuer zu werfen, es zu verbrennen. Das sind Höhlenbewohner, die die Universität unterwandert haben und Parteiinteressen gehorchen.“

Offensichtlich waren es Mitglieder der Studentenbewegung, die vor Monaten Eimer mit dreckigem Wasser auf einen anderen Gründer der MRS, Dora Maria Tellez, warfen, als sie in der Universität sprach. (Radio La Primerísima, 28.Mai; La Prensa, 29.Mai; El Nuevo Diario, 27.,28.Mai)

Neue Gespräche zwischen Regierung und Geberländern

Am 27.Mai setzten die Regierung und Vertreter der internationalen Haushaltsunterstützerländer ihre Gespräche über Nicaraguas Entwicklungsplan, seine mikroökonomische Stabilität, die Regierbarkeit des Landes und das Wahlsystem fort. Peter Bischof, Chef der Schweizer Agentur für Entwicklung und Kooperation, sagte beim Verlassen der Verhandlungssitzung, dass die Gemeinschaft der Geberländer begonnen habe, mit nicaraguanischen Offiziellen Themen wie Wahlbeobachtung, die Wahl von Richtern für den Obersten Wahlrat und die Rolle der Wähler im Lande zu diskutieren. „Das Wichtigste,“ sagte er, „ist, das Vertrauen in das Wahlsystem sicherzustellen.“

Er sagte, dass über die Freigabe der Gelder für die Stützung des Haushalts für dieses Jahr, die auf Grund von Behauptungen, dass bei den Gemeinderatswahlen im November 2008 betrogen worden sei, eingefroren worden waren, noch nicht gesprochen worden sei. Diese Gelder sind für den Haushalt des Landes wichtig, weil sie verwendet werden können, wo immer sie benötigt werden. Die Haushaltsunterstützungsgruppe setzt sich aus der Europäischen Kommission, dem Vereinigten Königreich, Finnland, der Schweiz, Deutschland, den Niederlanden, Norwegen, der Interamerikanischen Bank für Entwicklung und der Weltbank zusammen.

Mendel Goldstein, der Vertreter der Europäischen Kommission, sagte am Montag, dass die Europäische Union mehr „Flexibilität“ auf Seiten der Regierung von Daniel Ortega erwarte, um eine Entscheidung, ob die ausgesetzte Hilfe reaktiviert werde oder nicht, zu ermöglichen.

Mauricio Zuniga, Direktor des Instituts für Entwicklung und Demokratie (IPADE), sagte, dass die Regierung von Daniel Ortega sich verpflichten sollte, Veränderungen am Wahlsystem vorzunehmen, um es unabhängig, allumfassend und transparent zu machen, ohne die Verfassung zu ändern, wenn sie ihre Glaubwürdigkeit bei den Geberländern wiederherstellen und das Vertrauen des nicaraguanischen Volkes wiedergewinnen wolle. IPADE ist Mitglied der Gruppe zur Förderung einer Wahlrechtsreform, zusammen mit weiteren 13 Organisationen.

Zuniga sagte, dass alle Bereiche des Landes dadurch gewinnen würden. Die Regierung würde genügend Mittel für den nationalen Haushalt erhalten, ohne in sensiblen Bereichen Kürzungen vornehmen zu müssen (32 Millionen US$ an Haushaltsunterstützung sind eingefroren worden), und das Investitionsklima würde sich verbessern mit dem sich daraus ergebenden ökonomischen Nutzen. Er sagte, dass die Regierung nicht behaupten könne, dass die Hilfe von Venezuela, Libyen, dem Iran und Russland die Haushaltsunterstützungsgelder, die nach Bedarf verwendet werden können, ersetzen könnten. Er fügte jedoch hinzu, dass alle jetzt amtierenden Richter des Obersten Wahlrats zurücktreten und neue Richter an ihrer Stelle ernannt werden müssten.

Am 28.Mai kündigte die Abgeordnete der Sandinisten, Alba Palacios, an, dass die Regierung und die Sandinistische Partei die Vertreter der Geberländer über einen Vorschlag informiert habe, in Nicaragua mittels Änderungen der Verfassung des Landes das zu installieren, was sie ein „halb-parlamentarischen“ System nannte, und fügte hinzu:„ Sie wissen, dass dies in jedem Fall interne Entscheidungen sind, über die sie gut informiert werden wollen.“ Palacios sagte, dass jede Hilfe willkommen sei, aber ohne Bedingungen. (El Nuevo Diario, 27.Mai; La Prensa, 27.,29.Mai; Radio La Primerísima)

Frauen verlangen Entscheidung über therapeutische Abtreibung

Mehr als 500 Frauen protestierten am 28.Mai vor dem Obersten Gerichtshof und verlangten, dass er sofort über zwei Petitionen zur Verfassungswidrigkeit des Gesetzes entscheiden solle, das die therapeutische Abtreibung in Nicaragua kriminalisierte. Die Versammlung wurde vom Netzwerk von Frauen gegen Gewalt angeführt mit der Beteiligung der Feministischen Bewegung, des Nicaraguanischen Zentrums für Menschenrechte (CENIDH) und der Strategischen Gruppe für die Entkriminalisierung der Therapeutischen Abtreibung. Vilma Nuñez von CENIDH sagte, dass die Regierung die Entscheidung verzögere, um die katholische Kirche dazu zu bringen, sich zu einem Dialog über andere politische Probleme an einen Tisch zu setzen.

Die Frauen machten das Gericht für den Tod von Müttern verantwortlich, die die notwendige Behandlung in den Krankenhäusern des Landes nicht erhalten haben und an Komplikationen während der Schwangerschaft gestorben sind. Virginia Meneses vom Netzwerk von Frauen gegen Gewalt sagte, dass nach Angaben von internationalen Organisationen 1 500 Mädchen in Nicaragua vergewaltigt worden seien, seit das Gesetz verabschiedet wurde, und diejenigen, die schwanger wurden, wären gezwungen, das Kind auszutragen.

Keiner der Richter empfing die Frauen. Ruben Montenegro, der Gerichtssekretär, sagte, dass ein Entwurf der Entscheidung über die Streifrage existiere, aber er würde nicht sagen, ob sie gegen oder für die Strafbarkeit der therapeutischen Abtreibung sei.

Maria Teresa Blandon von der Feministischen Bewegung Nicaraguas sagte, dass die Frauen wollten, dass sich das Gericht vor Bekanntgabe seiner Entscheidung mit einer Delegation der Frauenbewegung und der Vereinigung der Gynäkologen und Geburtshelfer treffen sollte. „Wir erinnerten die Richter daran, dass sie nach dem Gesetz handeln müssen, unabhängig von ihrem persönlichen Glauben, weil das die Verfassung des Landes verlangt.“ Die Proklamation, die auf der Versammlung verlesen wurde, verlangte, dass das Gericht bei seiner Entscheidungsfindung „ zu wissenschaftlichen Kenntnissen und den Menschenrechten zurückkehrt, und nicht zu fundamentalistischen religiösen Ideologien.“ Ein Gesetz wurde im Jahre 2006 erlassen, mit der Unterstützung der größeren politischen Parteien einschließlich der Sandinisten, das therapeutische Abtreibung unter Strafe stellte, und damit ein Recht aufhob, das in Nicaragua seit 1893 existiert hat. (La Prensa, 29.Mai; Radio La Primerísima, 28.Mai; El Nuevo Diario, 28.Mai)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet(at)igc.apc.org.
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Peter Schulz.
Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.

Schlüsselworte für diese Seite:
Ramirez

Lesung

Absage

Managua

Nicaragua

Regierung

Geberländern

Gespräche

Wahlen

Frauen

therapeutische Abtreibung

Entscheidung

Gerichtshof