Meldungen aus Nicaragua vom 02.11.2009

  1. Wiederwahl-Kontroverse geht weiter; Sandinisten attackieren US-Botschafter; Opposition uneins
  2. IWF gibt nach Billigung von Korrekturen des Wirtschaftsprogramms 36 Millionen US$ frei
  3. Venezuela und Nicaragua zurückhaltend über Übereinkunft für Honduras
  4. National Assembly Deputies visit RAAS to explain hydroelectric project; Energy Minister confirms plans for wind generation plant
  5. New poll shows positive opinion about government programs
  6. FAO commends National Assembly for food sovereignty law
  7. MINED: Einrichtung eines neuen Museums der Alphabetisierung
  8. Basic Basket prices remain stable

Wiederwahl-Kontroverse geht weiter; Sandinisten attackieren US-Botschafter; Opposition uneins

Die nicaraguanische Regierung sagte am 2.November, dass sie den US-Botschafter Robert Callahan nicht zur persona non grata erklären würde, aber das weitere Verbleiben auf seinem Posten würde gemäß einer Erklärung des Vizeaußenministers Manuel Coronel vom 2.November von „seinem politischen Verhalten“ abhängen. Callahan verärgerte viele Sandinisten in der letzten Woche, als er die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, Wahlbegrenzungen für den Präsidenten und Bürgermeister aufzuheben, „ungesetzlich, übereilt und heimlich“ nannte.

Am 29.Oktober hatte die Regierung ein Kommuniqué veröffentlicht, in dem sie Callahans Erklärungen als „interventionistisch“ und „inakzeptabel“ bezeichnete. Der Abgeordnete der Nationalversammlung und Chef der Nationalen Arbeiterfront (FNT), Gustavo Porras, und der Richter am Obersten Gerichtshof, Francisco Rosales, der den Vorsitz in der Verfassungskammer des Obersten Gerichtshofes führte, die die Zulassung einer Wiederwahl beschloss, hatten verlangt, dass er zur persona non grata erklärt und ausgewiesen werden sollte.

Anhänger der Regierung demonstrierten am 30. und 31. Oktober vor der Zentralamerikanischen Universität (UCA), vor der Nationalversammlung und vor der US-Botschaft und verlangten Callahans Demissionierung. Coronel nannte Callahans Bemerkungen „einen groben, politischen Fehler eines Mannes, der seine Worte nicht abwägen kann.“ Aber er beschrieb die Handels- und Militärbeziehungen mit den Vereinigten Staaten als „gut“ trotz Spannungen wegen Betrugsbehauptungen anlässlich der letzten Kommunalwahlen im November und wegen der jüngsten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. Nicaragua hat seit dem Abgang von Arturo Cruz im letzten Februar keinen Botschafter in den Vereinigten Staaten.

Am 27.Oktober gelang es den Mitgliedern der Opposition in der Nationalversammlung nicht, eine beschlussfähige Mehrheit zu erzielen, um eine Gesetzesvorlage zu debattieren, die eingebracht worden war, um die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes zu annullieren. Nur 42 von notwendigen 47 Abgeordneten erschienen. Die Abgeordneten der Opposition hatten auf eine Sitzung gehofft, um jene Gesetzesvorlage nicht nur zu debattieren, sondern einen Initiativantrag zu verabschieden, der die Kommunalwahlen vom November 2008 für null und nichtig erklären würde, und um den nationalen Haushalt von 2010 zu billigen, was den Weg für Kredite des IWF frei machen würde. Am nächsten Tag nahmen Abgeordnete an der Sitzung teil (, um eine Empfehlung der Vereinten Nationen zum Welternährungstag in Empfang zu nehmen), aber es wurde nur die Anwesenheit der 38 Sandinisten registriert. Liberale Abgeordnete sagten, es sei ein Protest, der fortgesetzt werden würde, bis die Gesetzesvorlage, die Entscheidung vom 19.Oktober zu annullieren, auf die Tagesordnung gesetzt werden würde. Die Führung der Nationalversammlung traf sich später an jenem Tag, aber die Gesetzesvorlage der Opposition landete nicht auf der Tagesordnung, weil Alejandro Ruiz von der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN), der als Dritter Präsident der Nationalversammlung fungiert, sich in letzter Minute bei der Abstimmung über die Tagesordnung der Stimme enthielt.

Mario Valle Davila, Abgeordneter der Fraktion der Nicaraguanischen Einheit (BUN), sagte, dass sowohl die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes als auch die Gesetzesvorlage, deren Verabschiedung in der Nationalversammlung die Opposition wünsche, Beispiele der Illegalität seien, in die das Land geraten sei. „Ich glaube, dass der Gerichtshof seine Kompetenzen überschritten hat, aber ich glaube auch, dass die Nationalversammlung versucht, Kompetenzen auszuüben, die sie nicht hat, weil die Verfassung sagt, dass die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes befolgt werden müssen,“ sagte Valle.

Liberale Richter des Obersten Gerichtshofes veröffentlichten am 29.Oktober ein Kommuniqué, in dem sie die Entscheidung der Verfassungskammer über eine direkt folgende Wiederwahl von Präsident und Bürgermeistern verwarfen. Im Kommuniqué hieß es: „ Die Verfassungskammer (des Obersten Gerichtshofes) hat nicht die Befugnis, irgendeinen Teil der Verfassung für unanwendbar oder für nichtig zu erklären oder ihn zu reformieren; (dieses ist) ausschließlich eine Fähigkeit der Nationalversammlung.“ Es gibt drei liberale Richter in der Verfassungskammer, aber einer war außerhalb der Stadt, und die anderen zwei erschienen nicht; Stellvertreter wurden in der Sitzung benannt, in der die Entscheidung fiel. (Radio La Primerísima, 29.Oktober, 2.November; El Nuevo Diario, 27.29.Oktober, 1.2.November; La Prensa, 28.Oktober)

IWF gibt nach Billigung von Korrekturen des Wirtschaftsprogramms 36 Millionen US$ frei

Der Internationale Währungsfond (IWF) hat die zweite und dritte Korrektur des Wirtschaftsprogramms der Regierung gebilligt, was die sofortige Freigabe von 36 Millionen US$ an Krediten für die Unterstützung des Haushalts von 2009 erlaubt. Der IWF wird ebenso Gelder von anderen finanziellen Institutionen wie der Weltbank und der Interamerikanischen Bank für Entwicklung mit einem Gesamtvolumen von mindestens 88 Millionen US$ freigeben.

Der Präsident der Zentralbank, Antenor Rosales, sagte, dass die Billigung das Verantwortungsbewusstsein und die Ernsthaftigkeit beweise, mit denen die sandinistische Regierung die makroökonomische Stabilität des Landes im Auge behalten habe. Rosales sagte, dass der Einsatz der Regierung für makroökonomische Stabilität und die Fortsetzung besonnener Politik während der Zeit, als die nicaraguanische Wirtschaft von der globalen Finanzkrise betroffen worden sei, Korrekturen am Haushalt erlaubt und Nicaragua Zugang zu zusätzlichen internationalen Mitteln für wirtschaftliches Wachstum, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verringerung von Armut erlaubt hätten. Er sagte, dass dies das erste Mal sei, dass Kredite des IWF für die Haushaltsunterstützung verwendet worden seien. Er fügte hinzu: „Diese Mittel sind dazu da, um Regierungspläne und Programme im Sozialbereich, wie z.B. Gesundheit, Bildung und Infrastruktur umzusetzen.“ (Radio La Primerísima, 2.November; El Nuevo Diario, 2.November)

Venezuela und Nicaragua zurückhaltend über Übereinkunft für Honduras

Nach Darstellung von El Nuevo Diario waren Nicaragua und Venezuela die einzigen Mitglieder der Organisation Amerikanischer Staaten, die die Freude über die Übereinkunft, die in Honduras unterzeichnet wurde, um die Krise des Landes zu lösen, nicht so recht teilen wollten, indem sie sagten, dass „ es keinen Anlass für Jubel, Trubel, Heiterkeit gibt,“ bis Präsident Manuel Zelaya an die Macht zurückgekehrt sei. „Venezuela wird nicht feiern, wird nicht beginnen zu tanzen, bevor der Dirigent des Orchesters seinen Taktstock erhoben hat,“ sagte Roy Chaderton, Venezuelas Botschafter bei der OAS.

Chaderton hielt sich mit seiner Beurteilung des Abkommens zurück, das vom verfassungsmäßigen Präsidenten Zelaya und dem Anführer des Staatsstreiches, Roberto Micheletti, unterzeichnet worden war, und das möglicherweise den viermonatigen Staatsstreich beendet, aber weitere Schritte von der honduranischen Gesetzgebung verlangt, bevor Zelaya wieder ins Präsidentenamt zurückkehrt, aus dem er am 28.Juni 2009 vertrieben wurde. „Wir sind der Meinung, dass dieser Kampf während der vergangenen Monate die extreme Rechte vom Norden bis zum Süden ermutigt hat, sich in weiteren Aktionen zu engagieren, wo immer privilegierte Bereiche, die durch die Diktatur der Medien ermutigt werden, ihre Interessen bedroht fühlen,“ sagte er. Er äußerte die Befürchtung, dass Honduras nur die „Spitze des Eisbergs“ der Absichten der Rechten sei. „Wir weigern uns zu tanzen,“ sagte Chaderton. Nicaraguas Botschafter bei der OAS, Denis Moncada, äußerte ähnliche Besorgnisse und meinte, dass Honduras „erst am Beginn“ des Endes der gegenwärtigen Krise sei.

Der vorsichtige Ton Venezuelas und Nicaraguas stand nicht im Einklang mit dem anderer Mitgliedsstaaten der OAS und dessen Generalsekretär José Miguel Insulza, die das Abkommen als einen Sieg für die Demokratie in der Hemisphäre feierten. (El Nuevo Diario, 31.Oktober)

MINED: Einrichtung eines neuen Museums der Alphabetisierung

Das Bildungsministerium wird ein neues Nationales Historisches Museum der Alphabetisierung aufbauen, das die Geschichte des Kampfes Nicaraguas gegen das Analphabetentum in all seinen verschiedenen Formen, Techniken und Prozessen schildert, wie es Benita Arbizu, verantwortlich für seine Entwicklung, ausdrückt. „Das neue Nationale Historische Museum wird versuchen, die Geschichte der Anstrengungen um die Alphabetisierung für all diejenigen wieder bewusst zu machen, die etwas von diesen Anstrengungen wissen und erfahren wollen, die seit der Zeit des Generals der Freien Menschen, Augusto C. Sandino, bis zur heutigen Zeit unternommen worden sind,“ gab Arbizu zu verstehen.

Sie sagte, dass das Museum alle Fortschritte, Irrtümer, Erfolge und die Erinnerungen an diejenigen dokumentieren werde, die das Analphabetentum bekämpft hätten, an jene anonymen Helden, von denen viele nicht mehr lebten, die ein historisches Vermächtnis für die Geschichte der Bildung hinterlassen hätten. Das Museum, so erklärte sie, werde fünf Ausstellungsräume mit Exponaten haben, wobei mit der Zeit vor der Gründung der Sandinistischen Front für die Nationale Befreiung (FSLN) begonnen werde, die sich von Anfang an um die Bildung der Armen und die Garantierung des fundamentalen Menschenrechtes auf Bildung gekümmert habe.

Exponate werden die Zeit der Revolutionshelden Carlos Fonseca und German Pomares ebenso wie den Triumph der Revolution und den Kreuzzug für die Alphabetisierung in den 1980er Jahren umfassen. Ebenso werden die Rückschläge bei der Alphabetisierung während der 16 Jahre neoliberaler Politik und die Zerstörung des ersten Museums für Alphabetisierung durch den radikalen katholischen Bildungsminister Humberto Belli während der Regierung von Violeta Chamorro berücksichtigt. „Überdies,“ sagte Arbizu, „werden die Ergebnisse der nationalen Alphabetisierungskampagne ‚Von Martí bis Fidel’ dargestellt, die von der Regierung der Nationalen Versöhnung Anfang 2007 durchgeführt wurde, wo, wie in dem ursprünglichen Alphabetisierungskreuzzug, die Hauptpersonen die jungen Menschen waren, die von christlichen und revolutionären Werten motiviert waren.“ Das Museum wird seinen Sitz im Las Palmas Park haben, dem Ort des ursprünglichen Museums, das am 23.August 1981 begründet worden war. (Radio La Primerísima, 28.Oktober)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
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Übersetzung: Peter Schulz.
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