Meldungen aus Nicaragua vom 18.05.2009
- Veränderte politische „Landkarte“ in der Nationalversammlung
- Two controversies whirl around Roberto Rivas
- Jerez and Aleman, again!
- Baldige Entscheidung über die Zukunft der Gelder aus dem Millenium Challenge Account und die Budgethilfen
- Latin American Bishops’ Conference meets in Managua
- Ruling on abortion postponed
- Program helps preserve mangrove swamps
- Assembly bill envisions a glass of milk each day for young students
- Kampf der Pellas-Zuckerarbeiter in Managua
Veränderte politische „Landkarte“ in der Nationalversammlung
Eine neue Fraktion in der Nationalversammlung mit sieben Mitgliedern hat den Namen Nicaraguanische Einheitsfraktion (BUN) angenommen. Beobachter bemerkten, dass, wenn, wie erwartet, die Mitglieder dieser Fraktion mit der Sandinistischen Partei (FSLN) abstimmen, dies die Sandinisten näher an die Zahl der Stimmen bringt, die sie brauchen, um die Veränderungen in der Verfassung, die die Partei unterstützt, durchzusetzen. Diese Veränderungen beinhalten den Wechsel von einem Präsidial- zu einem parlamentarischen System, die unmittelbare Wiederwahl des Präsidenten und des Premierministers und anderer gewählter Amtsinhaber. Die sieben Mitglieder von der BUN sind Ana Julia Balladares (vor kurzem aus der Konstitutionellen Liberalen Partei-PLC ausgeschlossen), Ramon Macias (von der Nicaraguanischen Liberalen Allianz-ALN), Guillermo Osomo (PLC), Carlos Olivas (ebenfalls kürzlich aus der PLC ausgeschlossen), Juan Ramon Jimenez (unabhängig), Mario Valle (unabhängig), Salvador Talavera (unabhängig).
Balladares und Macias sagten am 14.Mai, das sie „für Nicaragua arbeiten“ würden, und fügten hinzu, dass sie keine Position in der Frage der Wiederwahl des Präsidenten einnehmen könnten, da sie keine Vorschläge zu den viel diskutierten Veränderungen der Verfassung gesehen hätten. Sie sagten jedoch, dass sie willens seien, einen solchen Vorschlag „zu prüfen“. Es gab Spekulationen, dass Ramiro Silva (ALN) sich der BUN anschließen würde, er sagte jedoch, dass er in der ALN bleiben würde, die jetzt über fünf Stimmen in der Nationalversammlung verfügt. Die ALN hat häufig mit den Sandinisten abgestimmt. Silva und Macias haben in den letzten Tagen ihre Unzufriedenheit über den Vorsitzenden ihrer Partei, Eliseo Nuñez, zum Ausdruck gebracht, der – wie sie sagten – mit dem früheren Präsidenten Arnoldo Aleman, dessen Verurteilung wegen Betrugs gegenüber dem Staat im Januar aufgehoben wurde, Gespräche angeknüpft habe, ohne sich mit den anderen Parteimitgliedern zu besprechen.
Die Sandinisten haben 38 Sitze in der Nationalversammlung. Mit den sieben Stimmen der BUN und den fünf der ALN scheinen sie jetzt 50 der 56 Stimmen zu haben, die nötig sind, um die Verfassung zu ändern. Inzwischen hat die PLC 19 Sitze; die Nicaraguanische Demokratische Fraktion (BDN) hat 14; und die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) 4. Die einzige unabhängige Abgeordnete in der Nationalversammlung ist jetzt Monica Baltodano, die vor kurzem die MRS verlassen hat, nachdem diese Partei Mitglieder gedrängt hat, bei den Gemeinderatswahlen 2008 für Kandidaten der PLC zu stimmen. Der frühere Präsident Enrique Bolaños (2002-2007) hat laut Verfassung ebenfalls einen Sitz in der Nationalversammlung, nimmt ihn jedoch nicht wahr.
Letzte Woche kündigten alle BDN-Abgeordneten an, dass sie Rücktrittsschreiben unterzeichnen würden, die sie dem Erzbischof von Managua, Leopoldo Brenes, zur Verwahrung übergeben würden. Die Rücktritte würden wirksam werden, wenn sie für Veränderungen in Nicaraguas Verfassung stimmen würden, die einen Systemwandel oder eine unmittelbare Wiederwahl des Präsidenten erlauben würden. Dies geschah, nachdem Mitglieder der PLC in der vergangenen Woche ein Dokument unterzeichnet hatten, in dem sie versprachen, diese Veränderungen nicht zu unterstützen. (La Prensa, 15.Mai; Radio La Primerísima, 14.Mai; El Nuevo Diario, 12.Mai)
Baldige Entscheidung über die Zukunft der Gelder aus dem Millenium Challenge Account und die Budgethilfen
Präsident Daniel Ortega deutete auf einer Rede am 15.Mai aus Anlass der Übergabe von 130 Bussen als Geschenk der russischen Regierung an Nicaragua an, dass er nicht erwarte, dass die Vereinigten Staaten die Zahlung von Geldern aus dem Millenium Challenge Account ( MCA- Fonds der US-Regierung zur Förderung der Milleiniums-Ziele, Anm. des Übers.) wieder aufnehme, die nach den Anschuldigungen von Betrug während der Gemeinderatswahlen von 2008 storniert wurde. Er sagte, dass der US-Botschafter Robert Callahan dem Außenminister Samuel Santos mitgeteilt habe, dass US-Außenministerin Hilary Clinton gesagt habe, dass der Fonds nur erneuert würde, wenn die Ergebnisse der Wahlen überprüft würden Ortega sagte: „Gott sei Dank, dass, so wie heute die Russische Föderation uns diese Busse ohne Bedingungen gegeben hat, wir auch meinen lieben Bruder Chavez haben, der beschlossen hat, dass die ALBA (Bolivarianische Alternative für die Amerikas) die Lasten der stornierten Programme übernehmen wird.“
Die US-Botschaft jedoch veröffentlichte am 16.Mai eine Verlautbarung, in der es hieß, dass die Gelder für Nicaragua nicht gestrichen worden seien. Vielmehr, so die Darstellung, habe Botschafter Callahan Außenminister Santos eine Kopie eines Briefes von Außenministerin Clinton übergeben, in dem angekündigt wurde, dass sich der Vorstand von Millenium Challenge am 10.Juni treffen würde, um eine endgültige Entscheidung über die Hilfe zu fällen. Der Brief habe in der Tat ausgedrückt, dass der Mangel an Antworten von Seiten der Ortega-Regierung zu den Bedenken über die Wahlen die Wiederaufnahme der Hilfe erschweren würde. Gegenwärtig würden Projekte im Werte von 110 Millionen US$ weiterlaufen; verloren wären, wenn die Hilfe nicht erneuert würde, die 64 Millionen US$ für Projekte, über die noch kein Vertrag abgeschlossen worden sei.
Callahan sagte mit Bezug zu einer ähnlich gelagerten Sache während einer Feierstunde, bei der er neben anderem Material vier Boote und vier Lastwagen an Nicaraguas Seestreitkräfte übergab, dass die Vereinigten Staaten in der Realisierung eines Planes vorankämen, 5 Millionen US$ zu spenden, um das Kinderhospital La Mascota zu reparieren und mit medizinischer Ausrüstung zu versorgen im Austausch für die Zerstörung von 651 SAM-7 Raketen, offensichtlich als Teil eines Planes, der ursprünglich von Daniel Ortega vorgeschlagen worden war, laut welchem Raketen gegen Medikamente und medizinische Ausrüstung eingetauscht werden würden.
Im Zusammenhang mit Budgethilfen durch die EU, die ebenfalls nach den Novemberwahlen storniert wurden, traf sich am 15.Mai der Chef der Delegation der Europäischen Union für Zentralamerika und Panama, Mendel Goldstein, mit hohen Regierungsbeamten, um „die Stärkung von Wahlinstitutionen“ zu diskutieren. Budgethilfen sind wichtig, weil sie verwendet werden können, um den Haushalt eines Landes in jedem Bereich, wo sie benötigt werden, zu unterstützen. Bei dem Treffen anwesend waren: der wirtschaftliche Berater des Präsidenten, Bayardo Arce; der Abgeordnete Edwin Castro, Vorsitzender der sandinistischen Fraktion in der Nationalversammlung, und der Landwirtschaftsminister Ariel Bucardo. Auf europäischer Seite waren neben Goldstein auch der niederländische Botschafter Lambert Grijns und Peter Bishop, Chef der Schweizer Agentur für Entwicklung und Zusammenarbeit anwesend. Nach dem Treffen sagte Goldstein: „Wir sind bei dem Thema Regierungsfähigkeit. Innerhalb dieses Themas gibt es mehrere Bereiche. Die Geber haben ihre Besorgnisse ausgedrückt; was wir denken ist, dass es in Zukunft eine Veränderung geben muss.“ Er sagte, dass die Europäische Kommission die Souveränität Nicaraguas respektiere, und aus diesem Grunde „können wir Wandel nicht erzwingen.“ Er sagte jedoch, dass die Länder, die er repräsentiere, „ein gutes Gedächtnis haben.“
Um das Wochenende gab es Gerüchte, dass die Regierung die Annullierung der legalen Anerkennung von zwei politischen Parteien, der Konservativen Partei (PC) und der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) überprüfen würde, denen der rechtmäßige Status vom Obersten Wahlrat vor den 2008 Wahlen aberkannt worden war, einerseits auf Grund des Versäumnisses, die gesetzlich erforderliche Zahl von Kandidaten zu benennen (PC), andererseits auf Grund der Tatsache, geforderte Unterlagen nicht eingereicht zu haben (MRS). MRS-Vorsitzende Dora Maria Tellez sagte, dass die Strategie darin bestünde, die PC und die Partei der dissidenten Sandinisten vor dem Treffen des Vorstands des Millenium Challenge am 10.Juni und der Budgethilfe-Gruppe am 11.Juni wieder zu beleben. Der Fall der Annullierung der MRS ist bis vor dem Obersten Gerichtshof in Berufung gewesen; die Berufung der Konservativen Partei ist noch vor dem Obersten Wahlrat anhängig. (El Nuevo Diario, 15., 16.Mai; La Prensa, 17.Mai)
Kampf der Pellas-Zuckerarbeiter in Managua
Seit dem 9.März kampieren in Managua frühere Zuckerarbeiter, die an chronischer Niereninsuffizienz leiden. Sie gehören zu der Nicaraguanischen Vereinigung durch Chronische Niereninsuffizienz Betroffener (ANAIRC), die der Internationalen Gewerkschaft der in der Lebensmittelindustrie Arbeitenden (UITA) angeschlossen ist. Sie verlangen von Nicaragua Sugar Estates, Ltd., die die San Antonio Zuckerfabrik besitzt und Teil der Pellas-Gruppe, Nicaraguas reichster Gesellschaft, ist, Entschädigung für ihre Gesundheitsschäden, die durch den wahllosen und willkürlichen Gebrauch von landwirtschaftlichen Chemikalien und Wasserverunreinigung verursacht worden sind.
Carmen Rios, Vorsitzende von ANAIRC, sagte, dass sie Fortschritte gemacht hätten, „was die Darstellung unserer Forderungen auf nationaler und internationaler Ebene und den Druck auf die Pellas-Gruppe, und anzuhören, angeht.“ Sie fuhr fort: „ Wir haben Unterstützung von einigen nationalen Organisationen, von Universitätsstudenten und von einer Gruppe, die einen Boykott von Rum der Marke Flor de Caña organisiert, erhalten. Auf internationaler Ebene ist die Unterstützung durch Solidarität groß, und ich möchte besonders UITA und der italienisch-nicaraguanischen Gesellschaft für die Unterstützung danken, die sie uns schenken.“ Rios sagte, dass ein sehr wichtiger Aspekt des Kampfes die Erfahrung gewesen sei, die die Mitglieder gewonnen hätten, indem sie für ihre Rechte eintreten.
Sie beklagte die begrenzte Aufmerksamkeit, die die nicaraguanischen Medien ihrem Kampf schenkten, während sie darauf hinwies, dass ihr Kampf in den internationalen Medien umfassend behandelt worden sei. „Aber“, betonte sie, „wir werden niemals müde, den Menschen zu erklären, wer wir sind, und was wir wollen: Gerechtigkeit und eine faire Entschädigung für das, was sie uns angetan haben.“
Die früheren Zuckerarbeiter kamen nach Managua nur mit Hängematten und Kochtöpfen. Mit Eintreten der Regenzeit, sagte Rios, habe die Gewerkschaft UITA sie mit schwarzen Plastikplanen zum Schutz vor den Elementen ausgestattet. Protestierer, die krank werden, kehren nach Hause nach Chichigalpa zurück, um das Gesundheitszentrum aufzusuchen und sich zu erholen, um dann wieder nach Managua zurückzukommen. Rios sagte, dass sie auch einen Todesfall gehabt hätten. „Gestern beerdigten wir Pedro Tercero, einen früheren Zuckerarbeiter, der nach Hause zurückkehren musste, weil er sehr krank war. Er schickte uns seinen Sohn, um den Kampf fortzusetzen,“ sagte sie.
Sie erzählte von Tagen, als „wir um unser Leben fürchteten, und es gab Gerüchte, dass Arbeiter der Firma kommen würden, um uns unter dem Vorwand anzugreifen, dass es unser Ziel sei, die San Antonio Zuckerfabrik und die Likörfabrik zu schließen, was vollkommen falsch ist.“ Sie sagte weiter: „ Wir fuhren nach Chichigalpa und sprachen mit den Leuten, damit sie nicht mehr all diese Lügen glauben, und jetzt verstehen sie unseren Kampf.“ Rios sagte, dass die Arbeiter viele Briefe an Carlos Pellas, den Besitzer der Pellas-Gruppe, geschickt hätten, in denen sie um ein Gespräch gebeten hätten, die aber alle unbeantwortet geblieben seien. Sie stellte fest: „Bis heute sind 3 326 Menschen gestorben, und das bedeutet, dass Tausende von Familienangehörigen ohne Unterstützung gelassen wurden. Das Einzige, was wir verlangen, ist, einen Dialog zu beginnen.“ (Radio La Primerísima, 14.Mai)
Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet(at)igc.apc.org.
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Peter Schulz.
Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information
Letzte Meldungen
Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite
Meldungen
ganz oben.
Schlüsselworte für diese Seite: