Meldungen aus Nicaragua vom 22.06.2009
- CENIs-Fälle vor Gericht... oder nicht
- UN: Nicaragua analphabetenfrei
- Pearl Lagoon communities ask for removal of Bluefield judges over Peter Tsokos land cases
- Closing of Sebaco radio station by government causes controversy
- Ureinwohner erhalten Besitzrechte
- Squatters removed from Indio Maiz Biological Reserve
- Fumigation and abatement efforts have decreased cases of dengue
- Swine flu cases hit 216
CENIs-Fälle vor Gericht... oder nicht
Am 22.Juni verschob der Richter am Strafgerichtshof Julio Cesar Arias die für diesen Tag angesetzte Voranhörung von 39 Personen, die wegen Betrugs bei den Verkehrsfähigen Investitionszertifikaten (CENIs), die im Jahre 200 herausgegeben und anschließend neu verhandelt worden waren, weil mehrere der Angeklagten Schutz vor Strafverfolgung genießen als Mitglieder der Nationalversammlung, wie im Fall von Eduardo Montealegre, oder des Zentralamerikanischen Parlaments (PARLACEN), wie im Fall von Noel Ramirez. Eine Resolution, die Immunität von Montealegre und Ramirez aufzuheben, sollte in der Nationalversammlung am Morgen des 23.Juni eingebracht werden. Verteidiger, die 33 der Angeklagten vertraten, baten den Richter, diese Fälle gegen sie erst dann weiter zu verfolgen, wenn, wie sie sich ausdrückten, auch die Hauptakteure vor Gericht gestellt werden könnten. Unter den Angeklagten sind außer Montealegre (Minister für öffentliche Finanzen und später Vorstandsmitglied bei der Zentralbank während jener Zeit) und Ramirez (früherer Präsident der Zentralbank) der frühere Superintendent der Banken Noel Sacasa, der frühere Generalmanager der Zentralbank Mario Flores und der frühere Finanzminister Esteban Duquestrada, der gesetzesflüchtig ist und in Panama lebt. Montealegre ist derjenige, der angeklagt ist, die CENIs „neu organisiert“ und die Verluste für die Regierung vergrößert zu haben. Der Gesamtverlust wird auf 600 Millionen US$ geschätzt.
Auf einer Pressekonferenz sagte Montealegre, der sich auch ohne Erfolg um den Posten des Präsidenten und des Bürgermeisters von Managua beworben hat, dass Richter Arias und Sonderstaatsanwalt Armando Juarez das Recht verletzten, weil sie seine Immunität als Mitglied der Nationalversammlung (einen Sitz, den er als unterlegener Kandidat mit den meisten Stimmen bei den Präsidentschaftswahlen von 2006 innehat) nicht anerkennten. „Dies ist ein politischer Zirkus, um die Aufmerksamkeit vom Wahlbetrug (im November 2008) abzulenken,“ sagte Montealegre, „und um die Tatsache zu verbergen, dass sich das Land auf einen wirtschaftlichen und sozialen Abgrund zubewegt.“
Juarez sagte, dass im Fall von Ramirez kein Verfahren laufe, um die Immunität als Mitglied des Zentralamerikanischen Parlaments aufzuheben, aber es gebe den Präzedenzfall des früheren Präsidenten Arnoldo Aleman, dessen auf der Mitgliedschaft im PARLACEN basierende Immunität von der Nationalversammlung im Jahre 2002 aufgehoben wurde.
Ramirez sagte in einem Interview auf Channel 12, dass die CENIs rechtmäßig zur Zeit der Insolvenz von vier Banken verwendet worden seien, die Bankstatuten verletzt hätten und den Superintendenten der Banken gebeten hätten einzuschreiten, um einen ordnungsgemäßen Konkurs durchzuführen. Die Regierung des damaligen Präsidenten Arnoldo Aleman hätte einschreiten müssen. Ramirez sagte weiter, dass man ein Jahrzehnt später beobachten könne, dass in den Vereinigten Staaten Präsident Barack Obama dasselbe getan habe, um das Finanzsystem des Landes zu retten.
Der CENIs-Betrug wurde offensichtlich in mehreren Phasen durchgeführt. Die erste war, obwohl andere bessere Alternativen (nach der Einschätzung des Wirtschaftswissenschaftlers Adolfo Acevedo) verfügbar gewesen wären, die Herausgabe von Schuldverschreibungen durch die Regierung mit Zinssätzen von mehr als 21% an jene Banken, die die Einlagen von Bürgern in vier Banken abdeckten, die im Jahre 2000 kaputtgingen. Auch wurden die Kreditportefeuilles jener abgewickelten Banken auf weniger als 30% ihres ursprünglichen Wertes abgewertet und an andere Banken verkauft, die dann die Anleihen zu ihrem vollen Wert wiedererlangen konnten. Der Gewinn der beteiligten Banken wurde auf mehr als 400 Millionen US$ geschätzt. Beteiligt waren hohe Vertreter der Zentralbank und der Superintendent der Banken ebenso wie die Vorstände und leitende Vertreter der Käuferbanken. Unter den Angeklagten sind die Abwickler der bankrotten Banken, die Tausende von Dollar pro Monat dafür erhielten, dass sie angeblich den wahren Besitzwert der Banken bestimmten, aber in Wirklichkeit den Besitzstand weit unter Wert berechneten und ihn an die Käuferbanken transferierten.
Eine weitere Phase des Betrugs war die Neuaushandlung der CENIs durch Montealegre mit der angeblichen Absicht, drückenden Zinssätze zu reduzieren, die an die Banken bezahlt werden mussten, die die Einlagen übernahmen. Während das Ziel nominell erreicht wurde, wurde etwas, das „Null-Kupon“ genannt wurde, erfunden, das den Gesamtwert der CENIs erhöhte und auf diese Weise den Gesamtzins, der von den Banken, einschließlich der Bank Montealegres, der Bancentro, erzielt werden würde. Diese Phase schloss auch die Abwicklung der restlichen Vermögenswerte der vier bankrotten Banken ein, die wertvolle ländliche und städtische Besitztümer, Gebäude, Kunstwerke, usw. umfassten. Der Verkauf dieser Besitztümer wurde vertraglich einer ausländischen Firma übertragen, der 7 Millionen US$ bezahlt wurden, und die Vermögenswerte wurden unter 10% ihres Wertes verkauft. Prominente Bürger kauften wertvolle Besitztümer und verkauften sie um das Mehrfache dessen, was sie bezahlt hatten.
Der Wirtschaftswissenschaftler Adolfo Acevedo wies darauf hin, dass die Herausgabe der CENIs „eine spektakuläre Erhöhung der Inlandsschuld Nicaraguas“ verursacht habe mit einem Schuldendienst, der für 2004 weitere 200 Millionen US$ pro Jahre erforderte und der eine enorme Abnahme der internationalen Reserven des Landes und eine Krise in seinem Finanzsystem verursachte. Die CENIs-Schulden bedeuteten nach den Worten Acevedos Kürzungen bei benötigten Investitionen in Humankapital und bedeuteten sogar, dass die finanziellen Mittel, die durch den Schuldenerlass durch die Initiative für Schwer Verschuldete Arme Länder (HIPC) frei geworden und für höhere Sozialausgaben bestimmt waren, verwendet werden müssten, um Zinsen auf CENIs zu bezahlen.
Die Liberale Konstitutionelle Partei (PLC), die Montealegre arrogant nannte, hat ihn aufgefordert, seine Rolle in der CENIs-Frage vor einer Versammlung von PLC-Mitgliedern zu erklären. Während sich Montealegre noch unter einem PLC-Bündnis um das Amt des Bürgermeisters von Managua bewarb, hat er seither mit der PLC gebrochen. Gleichzeitig aber verspricht die PLC, in der Nationalversammlung nicht für die Aufhebung seiner Immunität zu stimmen, und verspricht zu verhindern, dass er „in die Hände der Sandinisten-Justiz fällt.“ In einer widersprüchlichen Erklärung drückte die PLC ihren Glauben aus, dass Montealegre „unschuldig“ sei, während sie die CENIs-Herausgabe den „größten Finanzskandal in der Geschichte Nicaraguas nach der Sandinisten-Maskerade“ nannte.
Edmundo Jarquin, ein Führer der Sandinistischen Erneuerungsbewegung, nannte das laufende Justizverfahren einen „Zirkus“, der von der Regierung von Präsident Daniel Ortega aufgeführt werde, und verlangte eine professionelle und unabhängige Untersuchung und nicht eine „juristische Verfolgung, die begonnen, eingestellt und wieder begonnen wird je nach den politischen Winden.“ „Es gibt keinen Zweifel, dass die laufende gerichtliche Verfolgung eine Repressalie für die Streichung der Gelder aus dem Millennium Challenge Account durch die Vereinigten Staaten gegen die ist, die die Regierung für verantwortlich für die Streichung hält.“ (Montealegre und andere wurden beschuldigt, die USA gebeten zu haben, die MCA-Gelder zu streichen wegen des angeblichen Wahlbetrugs im letzten November.)(La Prensa, 22.Juni; Radio La Primerísima, 20.,22.Juni)
UN: Nicaragua analphabetenfrei
Eine unabhängige, von der UN-Organisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) eingesetzte Kommission erklärte am 22. Juni, dass Nicaragua ein landesweites Analphabetenniveau von 4,73% erreicht habe, was das Land als analphabetenfrei einstufe. (Fünf Prozent Analphabetismus ist der globale Standard für Lese- und Schreibfähigkeit.)
In einer Pressekonferenz im Bildungsministerium verkündeten Mitglieder der Kommission, dass Nicaragua die volle Alphabetisierung am 12. Juni erreicht habe. Juan Bautista Arrien, der Vertreter der UNESCO in Nicaragua, sagte, dass sich die Kommission aus Mitgliedern der Ibero-Amerikanischen Organisation für Bildung, von Universitäten und anderen Akademie- und Forschungszentren zusammensetze.
Die Bewertung erfolgte durch Begutachtung von zufällig ausgewählten 12 538 Personen in 22 Gemeinden. Die Fehlerquote lag bei 3%. Arrien sagte, dass der Montag ein bedeutsamer Tag gewesen sei, weil die unabhängige Kommission der Regierung von Präsident Daniel Ortega und dem Bildungsministerium Erfolg bei ihren Anstrengungen attestiert hätte.
Bildungsminister Miguel de Castillo sagte, dass die Alphabetisierungskampagne für weitere 30 Tage fortgesetzt werde; danach würden die Ergebnisse, einschließlich der Berichte über die Hilfe aus Kuba und Venezuela, Präsident Ortega unterbreitet werden. De Castillo fügte hinzu, dass das nächste Ziel für 2015 sei, dafür zu sorgen, dass alle SchülerInnen in Nicaragua mindestens die sechste Klasse vollenden.
Castillo sagte, dass Präsident Ortega das Land schon jetzt als analphabetenfrei erklären könne, obwohl 18 Gemeinden noch eine Analphabetenrate von über 5% hätten. Im letzten Monat der Kampagne werde man sich auf jene 18 Gemeinden konzentrieren, so dass auch sie ein Niveau von unter 5% erreichen könnten. (Radio La Primerísima, 22.Juni)
Ureinwohner erhalten Besitzrechte
Am 19.Juni verlieh die Regierung von Daniel Ortega kommunale Eigentumsrechte auf die Gebiete der Urbevölkerung in Wangki Li Aubra und Mayangnina Sauni Bas (Sikilta) in der Nordatlantischen Autonomen Region (RAAN). Die Rechte wurden als Antwort auf Forderungen der Gemeinden der Urbevölkerung nach legalem Besitzrecht auf ihren Grund und Boden erteilt, um sicher zu stellen, dass sie ihn zum Nutzen ihrer Gemeinden bearbeiten können. Wangki Li Aubra liegt im Verwaltungsbezirk von Waspan und Mayangnina Sauni Bas liegt in Siuna. Insgesamt 19 Gemeinden haben Besitzrechte in diesen beiden Gebieten erhalten. Insgesamt sind 1 307,89 km2 begrenzt und mit Besitzrecht zum Nutzen von 8 470 Einwohnern versehen worden.
Der Oberste Staatsanwalt Hernán Estrada, der die Urkunden über die Besitzrechte übergab, sagte: „Dies bedeutet Gerechtigkeit für die Urbevölkerung und diejenigen afrikanischen Ursprungs. Sie forderten die Respektierung ihrer Prinzipien und ihrer Organisationsformen; sie machten ihre Besitzrechte geltend, und heute haben wir dem entsprochen.“ Francisco Caceres Fidencio, der Vertreter der Gemeinden, dankte der Regierung für „diese wertvolle urkundliche Übertragung, die uns zu legalen Besitzern des Landes macht, das wir jetzt mit größerem Eifer verteidigen werden, so dass wir den daraus erwachsenen Ertrag genießen können.“ Die Abgrenzung und Berechtung des Gebietes fand unter der Oberaufsicht der Direktion der Nationalen Kommission für Eigentumsrechte und Abgrenzung von Gebieten der Urbevölkerung (CONADETI) statt. (Radio La Primerísima, 19.Juni)
Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Peter Schulz.
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