Meldungen aus Nicaragua vom 09.03.2010

  1. Kontroverse um Ergebnisse der Wahlen an der Atlantikküste
  2. Frauen-Demonstration gegen die Gewalt beim internationalen Frauentag
  3. Salvador Cardenal Presente!
  4. Europäische Union will für landwirtschaftliche Erzeugnisse den Zugang zu zentralamerikanischen Märkten
  5. Daniel Ortega nimmt nicht am Zentralamerika-Gipfel mit Hilary Clinton teil
  6. Sewer and potable water systems inaugurated in Diria and Diriomo
  7. Ergebnisse des nationalen Behinderten-Zensus vorgestellt

Kontroverse um Ergebnisse der Wahlen an der Atlantikküste

Am frühen Dienstag, 9. März, gab den Obersten Wahlrat (CSE) nach der Auszählung von 87% der Stimmen der Wahlen vom Sonntag an der Atlantikküste Nicaraguas bekannt, dass die Sandinistische Partei in der Autonomen Region Nordatlantik (RAAN) bei der Auszählung vorn läge und die Liberal-Konstitutionalistische Partei einen kleinen Vorsprung in der Autonomen Region Südatlantik (RAAS) habe. Nach dieser Ankündigung wurden vom CSE keine weiteren Informationen veröffentlicht. Trotz dieser Meldung erklärten Sandinistische Führer ihre Partei zum Sieger in der RAAS und in der RAAN und sagten, dass sie 24 der 45 Sitze im regionalen Rat der RAAS übernehmen würden.

Der aktuelle PLC-Präsident Wilfredo Navarro sagte, dass die PLC ihre Verhandlungen mit der Partei von Eduardo Montealegre aussetzen werde und beschuldigt ihn und seine Partei (die Lasst uns mit Eduardo gehen-Bewegung, die mit einem Flügel der Unabhängigen Liberalen Partei verbundenen ist) dass sie offensichtlich einen Deal mit den Sandinisten habe, um der PLC durch einen 'technischen Betrug' den Sieg an der Küste zu rauben. Navarro sagte, dass die Leiter der kommunalen Wahlräte dort, wo es Beschuldigungen wegen der Veränderungen von Stimmen gäbe, diese der Partei von Montealegre als gesetzlichem Vertreter der von ihm geführten National-Liberalen Allianz (ALN) zuschlagen würden. Montealegre sagte, dass Navarros Beschuldigung auf einem Missverständnis beruhten, da die PLC in der RAAS einen leichten Vorsprung erreicht habe.

Beide, Sandinisten und die Mitglieder der PLC-geführten Allianz feierten in den Straßen von Bluefields ihren Sieg und jede Seite behauptete, in der RAAS gewonnen zu haben. Es gab Musik und Feuerwerk von beiden Seiten und friedliche Kundgebungen.

Das Zentrum für Menschen-, Bürger- und die Autonomierechte an der Atlantikküste (CEDEHCA), die als einzige nationale Gruppe offiziell akkreditiert war, um die Wahlen zu beobachten, stellte fest, dass es in einigen Wahllokalen Kampagnen gegeben habe, die unter dem nicaraguanischen Wahlgesetz nicht erlaubt seien. Das Institut für Demokratie und Entwicklung (IPADE), das die die Wahlen inoffiziell beobachtet hatte, beklagte, dass die Tinte, mit der die Finger von Wählern markiert wurden, von schlechter Qualität gewesen sei, so dass sie eventuell ihre Abstimmung wiederholen konnten. Mauricia Zuniga von IPADE sagte auch, dass die Listen der registrierten Wähler, die außen an den Wahllokalen angebracht waren, häufig nicht genau den Listen im Inneren entsprachen, so dass manche Wähler die Lokale wieder verlassen hätten, um woanders ihre Stimmen abzugeben. Die Gruppe Ethik und Transparenz, ein weiterer inoffizieller Beobachter der Wahlen, sagte, dass die Wahlbeteiligung gering gewesen sei.

Dante Caputo, der Generalsekretär für politische Angelegenheiten der Organisation der Amerikanischen Staaten (OAS), eine technische Mission der Europäischen Union und mehrere Vertreter des Lateinamerikanischen Rates der Wahlexperten besuchten Wahllokale in der Region mit Mitgliedern des CSE. Diese Organisationen nannten ihre kleinen Gruppen Begleitungs- statt Beobachtungs-Delegationen. Caputo sagte, dass die OAS an einer Zusammenarbeit mit Nicaragua bei der Beobachtung der Wahlen, auch der Beobachtung der Präsidentschaftswahlen von 2011, interessiert sei. Er wies darauf hin, dass die OAS vor und während der Wahlen von 2006, bei denen Daniel Ortega zum Präsidenten gewählt worden war, 200 Beobachter nach Nicaragua entsandt habe.

Mendel Goldstein, der Vertreter der Europäischen Union, sagte, dass die Fairness und Transparenz der Wahlen ein wichtiger Faktor bei ihrer Diskussion mit der Regierung über die erneute Finanzierung der Budgethilfe durch die EU sei. Diese Beihilfe war ausgesetzt worden, als es Betrugsvorwürfe nach den Kommunalwahlen von 2008 gegeben hatte. (La Prensa, 3., 7.+ 9. März; Radio La Primerisima, 3., 7., 8.+ 9. März, El Nuevo Diario, 8.+ 9. März)

Frauen-Demonstration gegen die Gewalt beim internationalen Frauentag

Im Jahr 2009 wurden in Nicaragua 11.000 Frauen Opfer von Gewalt. Diese Zahl wurden am 8. März, dem Internationalen Frauentag, bei einem vom Netzwerk von Frauen gegen Gewalt und dem Nicaraguanischen Zentrum für Menschenrechte (CENIDH) organisierten Protestmarsch vom Militär-Krankenhaus zur Universität für Ingenieurwesen in Managua genannt. Maria Rosa Renzi, eine Wirtschaftswissenschaftlerin des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) sagte, dass nicaraguanische Frauen einen Anteil von 60% am Bruttoinlandsprodukt produzierten, aber eine um 20% niedrigere Bezahlung als Männer erhielten. Sie sagte, dass Frauen 50% der erwerbstätigen Bevölkerung ausmachen, ohne dabei ihre Hausarbeit und Leistungen für die Gemeinschaft zu zählen. Sie beklagt, dass die Kultur des Machismo ihnen den Zugang zu Krediten, Immobilien, technischer Hilfe und Ausbildung in neuen Technologien verweigere. Sie machte auch einige Erscheinungsformen der Globalisierung, wie Ausbeutungsbetriebe und Drogenhandel für die Erhöhung der Gewalt gegen Frauen verantwortlich.

Bei dem Departamental-Kongress der sandinistischen Frauen feierten in Managua Tausende von Frauen die Sozialprogramme, die von der Regierung von Präsident Daniel Ortega initiiert wurden. Yara Perez, Beauftragte für Eigentum und zusätzlich politische Sekretärin der FSLN für Managua, sagte, dass die größten Nutznießer der Programme, die von der sandinistischen Regierung begonnen wurden, seien Frauen mit einem Anteil von 70% bei Programmen wie Null Hunger, Null Wucher und Eigentums-Titel für Frauen.

Der Kongress verabschiedete eine Erklärung, um Nicaragua zu der Einhaltung der von Bolivien initiierten Erklärung der Rechte von Mutter Erde aufzurufen. „Wir gehen davon aus, dass wir nach diesem Kongress jeden Tag weiter vorankommen durch die Beteiligung von Jungen, Mädchen, Männer, ältere Menschen in jedem Programm und Projekt zur Wiederaufforstung den Schutz unserer Wasserschutzgebiete zu stärken und das Recycling zu fördern“, erklärte Wendy Arauz Silva, die zusätzlich politische Sekretärin der FSLN von Tipitapa ist. Der Sandinistische Frauen-Kongress verlangte ferner von der Nationalversammlung eine Änderung des Wahlgesetzes für alle Beteiligten, um die Gleichstellung der Geschlechter bei den Listen der Kandidaten für politische Ämter zu erreichen. Derzeit hat sich nur die Sandinistische Partei auf eine 50/50 Aufteilung ihrer Kandidaten nach dem Geschlecht festgelegt.

La Prensa hatte darauf hingewiesen, dass in den 100 Jahren seit der Einrichtung des Internationalen Frauentag zwar viel erreicht worden sei, aber der Kampf gegen den Machismo weiter gehe. Im Jahr 2009 seien 69 nicaraguanische Frauen ermordet worden und viele, die häusliche und sexuelle Gewalt überlebt hätten, stünden einem korrupten Justizsystem gegenüber. Eine dieser Frauen, Fatima Hernandez, die vor acht Monaten vergewaltigt wurde, brachte ihren Protest an einem Kreisverkehr zum Ausdruck. Sie sagte, sie habe erfolglos Gerechtigkeit gefordert, weil ihr Angreifer ein hoher Regierungsbeamter sei. (Radio La Primerissima, 7.+ 8. März; "La Prensa", 7. März)

Europäische Union will für landwirtschaftliche Erzeugnisse den Zugang zu zentralamerikanischen Märkten

Die Europäische Union forderte die Länder Zentralamerikas auf, ihr Angebot über den Zugang zu ihren Märkten für europäische Produkte in Vorbereitung für die Handelsgespräche vom 22. bis 26. März in Brüssel zu verbessern und damit zu rechnen, dass die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommens voraussichtlich am 18. Mai in Madrid stattfinden werde. Mendel Goldstein, der Vertreter der EU für die Länder Zentralamerikas und Panama, sagte, dass die EU hoffe, dass Mittelamerika ein besseres Angebot für den Zugang zu dem mittelamerikanischen Markt für die [aus Sicht der EU] interessanten europäischen Agrarprodukte präsentieren könne, wie für Käse, Milchprodukte, Schweinefleisch sowie für Industrieprodukte [und] Dienstleistungen. Die zentralamerikanischen Länder selbst produzieren diese landwirtschaftlichen Rohstoffe selbst und mittelamerikanische Unterhändler sind besorgt über die EU-Agrarsubventionen, die den Erzeugnissen aus der EU einen unfairen Wettbewerbsvorteil verschaffen könnten. Goldstein sagte, dass die EU im Gegenzug die Öffnungen ihres Marktes für zentralamerikanische Bananen, Zucker und Garnelen angeboten habe.

Goldstein bestätigt, dass die 27 Mitgliedsländer der EU die Schaffung eines Fonds genehmigt hätten für einen Ausgleich der Asymmetrien zwischen den beiden Regionen, einen Fonds, der ursprünglich von Nicaragua vorgeschlagen worden war und mit Geldern aus der EU zusammen mit Mitteln der zentralamerikanischen Bank für wirtschaftliche Integration und anderen Einrichtungen finanziert werden soll.

Roberto Henriquez, Panamas Minister für Handel und Industrie, äußerte seine Genugtuung über die Entscheidung der EU, Panama offiziell in das Abkommen aufzunehmen. Panama hatte an den Handelsgesprächen bisher als Beobachter teilgenommen. Henriquez sagte, dass die Wirtschaft seines Landes, die zu 80% aus Dienstleistungen bestehe, die anderen eher landwirtschaftlich und industriell geprägten Volkswirtschaften in Mittelamerika ergänzen könne.

In der Zwischenzeit veröffentlichten zwei Netzwerke von europäischen Organisationen eine Erklärung, in der sie die EU für die jüngste Entscheidung kritisierten, die Rückkehr der vor kurzem ins Amt eingeführten honduranischen Regierung von Präsident Porfirio Lobo an den Verhandlungstisch zu ermöglichen, die in Folge von Wahlen im Rahmen eines Militärputsches [an die Macht gekommen sei]. Das Netzwerk der Frauen für Entwicklung Europa (WIDE) und Via Campesina Europa schrieben in einer Erklärung, dass die Honduraner weiterhin unter einer gewaltsamen Repression einer illegitimen Regierung litten, die wie erwähnt, nicht von den Ländern der EU anerkannt worden sei. (Radio La Primerisima, 3.+5. März; El Nuevo Diario, 3. März, La Prensa, 3. März)

Daniel Ortega nimmt nicht am Zentralamerika-Gipfel mit Hilary Clinton teil

Nicaraguas Präsident Daniel Ortega war das einzige Mittelamerikanischen Präsident, der nicht am zentralamerikanischen Präsidentengipfel am 5. März teilnahm und auch keinen Vertreter entsandte. Der Gipfel fand in Guatemala statt und US-Außenministerin Hilary Clinton nahm daran teil. Die Präsidenten waren sich bei dem Gipfeltreffen einig über die sofortige Rückkehr von Honduras in das zentralamerikanische Integrationssystem (SICA) und beschlossen, auch die Rückkehr in die Organisation der Amerikanischen Staaten zu unterstützen. Ein Sprecher von Ortega sagte, dass in einer Nachrichtenmeldung behauptet wurde, dass Nicaragua diese Entscheidungen unterstützt haben, aber dies sei absolut falsch. Clinton kündigte in Costa Rica am 4. März an, dass ihre Regierung die wirtschaftliche Unterstützung für Honduras wieder aufnehmen werde und dass die Regierung von Präsident Porfirio Lobo wichtige notwendigen Schritte unternommen habe, die Anerkennung verdienten. (La Prensa, 5. März)

Ergebnisse des nationalen Behinderten-Zensus vorgestellt

Über zwei Tage lang berichteten Mitglieder einer kubanischen-nicaraguanischen Gesundheitsbrigade über die Ergebnisse einer vier Monate andauernden Erhebung der Zahl und der Bedürfnisse der behinderten Bevölkerung Nicaraguas. Die Erhabung trug den Titel „Jedem eine Stimme“ (Todos con Voz). Das Team berichtet, dass sie über einen Zeitraum von 129 Tagen 43 Gemeinden besucht hätten und 82.501 Konsultationen von behinderten Menschen und ihren Familien in 71.747 Wohnungen abgehalten hätten. Gentest-Spezialisten hätten 8.984 Untersuchungen durchgeführt.

Die häufigste Behinderung lag laut der Erhebung bei den motorischen Fähigkeiten, außer im Departamento von Matagalpa, wo die Behinderung der biologischen Entwicklung am weitesten verbreitet sei. In Chinandega stellte das Team viele Fälle von chronischer Niereninsuffizienz fest, die in Zuckerrohr-Anbaugebieten in Nicaragua und in anderen Ländern häufig vorkommen. Das Team bestätigte die Hilfe der Departamental-Krankenhäuser bei der Vorbereitung ihres Besuchs und dankte der sandinistischen Regierung für die Information der untersuchten Bevölkerung über die Aufgabe des Teams. (Radio La Primerísima, 8. März)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Zusammenstellung: Katherine Hoyt .
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Übersetzung: Rudi Kurz.
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