Meldungen aus Nicaragua vom 11.06.2013
1. Inter-oceanic canal bill reported out of National Assembly committee
2. Kanalkonzession wird unterschiedlich beurteilt
3. Regierung kündigt Plan für die Landwirtschaft an
4. Regenfälle verursachen Schäden und Todesfälle
5. San Cristóbal and Cerro Negro Volcanoes active again
2. Kanalkonzession wird unterschiedlich beurteilt
Das Gesetz, das der Nationalversammlung vorliegt und einer Chinesischen Gesellschaft die Konzession zum Bau eines schiffbaren Kanals durch Nicaragua erlaubt, hat in der nicaraguanischen Bevölkerung gemischte Reaktionen hervorgerufen. Der indigene Führer und Parlamentsabgeordnete Brooklyn Rivera erklärte vor dem Infrastruktur-Komitee der Nationalversammlung, dass indigene Führer, durch deren Land das Projekt geführt werden soll, nicht zum Projekt konsultiert wurden. Die Vorsitzende des Komitees, Jenny Martinez, behauptete, dass der Regionale Rat der Südatlantischen Autonomen Region (RAAS) konsultiert worden sei und das Projekt gut geheißen habe. Rivera sagte hingegen, der Rat habe die indigenen Gemeinschaften nicht vor der Entscheidung konsultiert, wozu er nach nicaraguanischem Recht und der Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) über die Rechte der indigenen Völker verpflichtet gewesen wäre. Rivera, der zur YATAMA Partei gehört, die mit den regierenden Sandinisten verbündet ist, fügte hinzu “Die Gemeinschaften akzeptieren das Projekt, aber sie können nicht auf ihre legalen Rechte verzichten.”
Die politische Opposition war unnachgiebig in ihrer Ablehnung des Plans. Edmundo Jarquin, der Ökonom und 2011 Kandidat für das Amt des Vizepräsidenten des Wahlverlierers von der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI) sagte, der Vorschlag sei nicht ernst zu nehmen. Er stellte fest, “der Vorschlag ist nicht ernst zu nehmen und ich glaube, er hat finstere Ziele: erstens die Bereicherung von wenigen durch den Kauf und Verkauf der Konzessionen für die Kanalrechte, zweitens den Aufbau von Illusionen in der Bevölkerung über die Überwindung der Armut von einem Tag auf den anderen und schließlich das Verbreiten der Idee, dass [Präsident Daniel] Ortega unersetzlich sei und endlos an der Macht bleiben müsse.” Er stellte die Frage, wie eine Machbarkeitsstudie für ein Riesenprojekt wie dieser Kanal innerhalb eines Jahres erstellt werden könne, wenn allein der Plan für den Bau einer Autobahn länger dauern kann. Die oppositionellen nicaraguanischen Demokraten (FND) in der Nationalversammlung kündigten an, sie würden im Parlament gegen die Maßnahmen stimmen.
Der frühere Außenminister Francisco Aguirre Sacasa betonte, die Idee für den Kanal gehe schon zurück auf Philip II. von Spanien [1556-1598] und sei mehrmals im Verlauf der Geschichte wieder aufgenommen worden. Er sagte zum Projekt: “Nicaragua verzichtet auf seine Immunität als Souverän im Fall eines Konflikts mit der (Betreiber-)Gesellschaft und unterwirft sich einem Schiedsspruch. Und was bekommt Nicaragua zum Ausgleich? Gerade einmal 1% Beteiligung (jedes Jahr) während der ersten 10 Jahre und schließlich 50% nach einem halben Jahrhundert.” Er fügte hinzu: “Ortega versucht, der Bevölkerung Hoffnung zu verkaufen und welches Vehikel wäre besser dazu geeignet als unser alter kollektiver Traum vom transozeanischen Kanal? Das Bild ist machtvoll.”
In einer Veröffentlichung vergleicht die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS) die Bedingungen der Konzession mit dem Vertrag Chamorro Bryan von 1914, welcher den USA eine unbegrenzte Konzession für einen Kanalbau durch Nicaragua zugestand. Das Dokument sage aus: “Ortega raubt dem Volk von Nicaragua die Möglichkeit, über den Bau eines interozeanischen Kanals zu entscheiden, der, wenn das Gesetz verabschiedet ist, in den Händen von falschen chinesischen Geschäftsleuten und ihren lokalen Partnern liegen wird.”
Jaime Morales Carazo, der kein Sandinist ist, aber unter Daniel Ortega von 2007-2012 Vizepräsident war, erklärte, er mache seine Entscheidung über das Kanalprojekt abhängig vom Inhalt der Machbarkeits- und Umweltstudien. Allerdings sei für ihn der wichtigste Punkt, fügte er hinzu, „dass er (der Kanal) den Lake Nicaragua so wenig wie nur irgend möglich schädige.”
Die Wirtschaft sagte im Allgemeinen qualifizierte Unterstützung zu. Bei einer Pressekonferenz am 5. Juni erklärte Jose Adan Aguerri, der Präsident des Obersten Rats der Privatwirtschaft (COSEP), dass COSEP das Gesetz unterstütze mit den Einschränkungen, die er bei den Hearings des Komitees darlegen wolle, unter Anderem gehe es um saubere Umweltstudien und die Einbeziehung von Nicaraguanischen Unternehmen und Arbeitern beim Bau des Kanals. Bei der Anhörung zum Gesetz, die vom Infrastruktur-Komitee der Nationalversammlung durchgeführt wurde, fügte Aguerri hinzu, dass die Regelungen für die Enteignungen entlang der Kanalroute veröffentlicht werden und die Entschädigung für die Eigentümer garantiert sein müssten. Er forderte, die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen sollten zum Projekt gehört werden.
Diego Vargas, der Präsident der Nicaraguanisch-Amerikanischen Handelskammer (AMCHAM), erklärte die Unterstützung seiner Organisation für den Kanal und bat um Platz in der Übersicht der Projekte für die Nicaraguanische Wirtschaft. Er sagte: “Tatsächlich hatten wir bei einem so wichtigen Vorhaben wie diesem sehr wenig Zeit, um es zu analysieren und einige technische Fragen untersuchen wir noch. Nichtsdestotrotz glauben wir, dass jeder Vorschlag zum Nicaragua-Kanal willkommen ist.“ Er bat um Klarheit und Transparenz beim Management des Kanals und legte Wert darauf, dass, wo immer möglich, Nicaraguanische Unternehmen und Arbeitskräfte beteiligt werden sollten. Schließlich sagte Vargas auch: “Wir glauben, dass wir uns im Falle eines Umweltrisikos jederzeit sehr gut überlegen müssen, ob wir das Projekt fortführen.”
Der sandinistische Abgeordnete der Nationalversammlung und Chef des nationalen Gewerkschaftsbund (FNT) Gustavo Porras sagte, dass die Zahl der direkten und indirekten Arbeitsplätze, die geschaffen werden, dem Land erlauben werden, den wichtigsten Bedarf der Bevölkerung zu befriedigen, nämlich Beschäftigung. Er sagte voraus, dass zwischen 300.000 und 400.000 Menschen eingestellt würden mit der Möglichkeit für vier weitere indirekte Jobs pro Person der im Projekt Beschäftigten. Er fügte hinzu: „Wie können uns nicht gegen die Möglichkeit stellen, dieses Land aus der Armut zu führen.“ (Informe Pastran, 5., 6., 7. Juni; Radio La Primerisima, 1. Juni; Confidencial, 10., 11. Juni; La Prensa, 7., 9. Juni; El Nuevo Diario, 8. Juni)
3. Die Regierung kündigt einen Plan an für die neue landwirtschaftliche Saison
Präsident Daniel Ortega startete am 7. Juni offiziell einen neuen landwirtschaftlichen Zyklus und gab an, es werde erwartet, dass die Landwirte 700.000 Morgen Land mit kleinen roten Bohnen bepflanzten mit einem zu erwartenden Ertrag von 5,2 Millionen Zentnern, 900.000 Morgen Getreide mit Ertrag von 12,1 Millionen Zentnern und 250.000 Morgen Reis mit dem Ertrag von 6,1 Millionen Zentnern. Er erklärte, die Regierung wolle die Produktion von schwarzen Bohnen und Wurzelgemüse erhöhen für den Export nach den USA, Honduras und Puerto Rico. Die Produktion von Kakao werde in den Nördlichen und Südlichen Autonomen Regionen (RAAN und RAAS) gesteigert, es werde erwartet, dass 27 000 Morgen dort kultiviert würden. In den RAAS werden 46.000 Morgen mit Afrikanischen Palmen angebaut für die Produktion von Palmöl für den Export.
Hinsichtlich der Kafferost-Plage, die über ein Drittel aller Kaffeepflanzen im Land befallen hat, kündigte Ortega einen “Nationalplan für die Umgestaltung und Entwicklung des Kaffee” an, der einen Fonds bereitstellen soll für die Neubepflanzung der zerstörten Pflanzungen. Er werde finanziert durch eine Steuer von 2 US$ pro exportiertem Zentner im ersten Jahr und wird danach fünf Jahre lang um einen Dollar pro Zentner pro Jahr anwachsen. Ortega erklärte auch den Plan der Regierung zur Wiederaufforstung von 37.000 Morgen Land, der lokale Regierungen, Jugendgruppen und Landwirte mobilisieren werde.
Insgesamt werde laut Ortega die Finanzhilfe für die Landwirte aus öffentlichen und privaten Töpfen in der kommenden Saison 616 Millionen US$ betragen. Er sagte weiterhin, dass umweltfreundliche Normen für die Produktion von Rohrzucker, Erdnüssen, Reis und Palmöl und Normen für den Schutz von Wasser und Erde entwickelt würden und in Arbeit seien. An Richtlinien zur Garantie des Zugangs zu Wasser in den trockenen Regionen werde ebenfalls gearbeitet, um die Produktion von Nahrungsmitteln zu verbessern. (El Nuevo Diario, 8. Juni; Radio La Primerisima, 8. Juni)
4. Regenfälle verursachen Schäden und Todesopfer
Regierungssprecherin Rosario Murillo berichtete am 5. Juni, dass die Regierung zwischen dem 26. Mai und dem 5. Juni Militär im Land eingesetzt habe zur Unterstützung der durch die schweren Regenfälle betroffenen Bevölkerung – betroffen seien 936 Familien mit insgesamt 4020 Personen. Sie gab an, dass 5 Todesfälle dem Regen geschuldet seien und fügte hinzu: „Wir haben diese Familien, die eine geliebte Person verloren haben unterstützt; für uns hat der Schutz von Leben höchste Priorität und deshalb haben wir mobilisiert und gehandelt.“ Murillo gab an, dass 833 Häuser in zehn Departements zerstört oder beschädigt wurden. Die Regenfälle ließen nicht nach. Am 10. Juni wurde aus Bluefields von 12 Stunden Dauerregen mit Überflutungen und Schäden in vier Stadtgebieten und anderen kritischen Stellen der Stadt berichtet.
Das Gesundheitsministerium kündigte an, es werde seine Kampagne gegen die Aedes aejypti – Fliege, die Träger des Dengue-Fieber-Erregers (im Englischen als Knochenbruch-Fieber bekannt) ist, verstärken. In Managua werden Gesundheitsbrigaden in 740 Wohngebieten eingerichtet und auf nationaler Ebene wird der Schwerpunkt auf den Gebieten liegen, in welchen 2012 das Fieber aufgetreten war und wo vier Menschen an der Krankheit starben. Von einem Todesfall, dem eines acht Monate alten Babies, wurde in diesem Jahr schon berichtet. (Informe Pastran, 5. Juni; Radio La Primerisima, 10. Juni; El Nuevo Diario, 6., 10. Juni)
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