Meldungen aus Nicaragua vom 30.07.2013
1. Ortega gives long interview to Russia Today television
2. Oberste Wahlbehörde entfernt Agustin Jarquin vom Sitz in der Nationalversammlung
3. Land-Verzichtserklärung erwartet und andere Nachrichten zu US-nicaraguanischen Beziehungen
4. Bewaffnete Guerilla-Banden oder kriminelle Viehdiebe?
5. Neue Umfrage zeigt wachsende Unterstützung für Schifffahrtskanal
6. Organization founded to help migrant workers in Costa Rica
7. Economic growth of 5% expected for 2013
8. New pre-Colombian structure discovered
2. Oberste Wahlbehörde entfernt Agustin Jarquin vom Sitz in der Nationalversammlung
Am 26. Juli hat die Oberste Wahlbehörde (CSE) einen neuen Präzedenzfall geschaffen, indem sie die Position vertrat, dass die Sitze in der Nationalversammlung nicht den als Abgeordnete gewählten Individuen, sondern eher der politische Partei zustünden, unter deren Banner sie gewählt wurden. Die CSE verwendet dieses Argument, um Agustin Jarquin Anaya von seinem Sitz in der Nationalversammlung zu entfernen. Jarquin war als Mitglied der Christlich-Demokratischen Union (UDC) im Bündnis mit der sandinistischen Partei gewählt worden, aber im vergangenen Monat vereinbarte er ein politisches Bündnis mit der Unabhängigen Liberalen Partei (und trat in die nicaraguanische Demokratische Fraktion – BDN ein) und versprach, eine starke, kritische Opposition zu der sandinistischen Regierung. Die CSE erklärte, dass Jarquin durch seinen Stellvertreter, einen Sandinisten, ersetzt werden müsse.
Als Oberster Rechnungsprüfer war Jarquin in den 1990er Jahren vom damaligen Präsidenten Arnoldo Aleman ins Gefängnis gesperrt worden, als er den Präsidenten der Korruption bezichtigte. Er war bei den Wahlen 2001 der Vize-Präsidentschaftskandidat von Präsident Daniel Ortega, die sie damals verloren hatten. Er saß weiter als Abgeordneter in der Nationalversammlung und wurde 2006 und 2011 wiedergewählt. Jarquin wollte 2011 als sandinistischer Kandidat für das Bürgermeisteramt in Managua antreten und als er nicht zum Kandidaten ernannt wurde, brach er die Allianz, die die UDC mit den Sandinisten seit 2000 gepflegt hatte.
Kommentatoren erklärten, in der Theorie könne die Entscheidung zum Vorteil der Unabhängigen Liberalen Partei (PLI) und der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) führen, die beide von Abtrünnigen geplagt werden. Wilfredo Navarro, seit 2001 gewählt und wiedergewählt als Vertreter der SPS, hat sich inzwischen für Unabhängig erklärt. Und Mauricio Montealegre und Santiago Aburto haben sich vor kurzem selbst von der PLI getrennt und damit gedroht, eine neue rechte Fraktion zu bilden. Allerdings wiesen andere Beobachter darauf hin, dass in der Vergangenheit viele Abgeordnete von einer Partei oder einem Bündnis zu einem anderen gewechselt hätten ohne Reaktion des CSE.
Luis Callejas, der Führer der BDN, rief eine Dringlichkeitssitzung der Fraktion ein und sagte, dass die CSE-Entscheidung eine Verletzung der Gewaltenteilung sei und er werde den Präsidenten der Nationalversammlung, Rene Nuñez, einen Sandinisten, fragen, wie „eine Bande von Kriminellen Entscheidungen treffen könne, die ausschließlich in die Zuständigkeit der Nationalversammlung fielen.“ Am 29. Juli erklärte Jarquin, dass er dem Urteil nicht nachkommen werde und erklärte, dass das Wahlgesetz „eindeutig festlegt“, dass ein Abgeordneter seine Fraktion wechseln kann. Francisco Mayorga, ein Mitglied der UDC und Nicaraguas Vertreter bei der Inter-Amerikanischen Entwicklungsbank, sagte, dass er nicht mit Jarquins Entscheidung übereinstimme, das Bündnis mit der sandinistischen Partei zu brechen. Er sagte: „Das war eine Regierung, die das Gemeinwohl und die Solidarität mit den Ärmsten priorisiert hat, [genau] die Ideen der christlichen Demokratie“, und fügte hinzu, dass Jarquin seine unterschiedlichen Positionen aus dem Inneren des Bündnisses heraus zum Ausdruck bringen könne. (Informe Pastran, 27., 29. Juli,; Radio La Primerisima, 28. Juli, La Prensa, 28. Juli)
3. Land-Verzichtserklärung erwartet und andere Nachrichten zu US-nicaraguanischen Beziehungen
Jose Adan Aguerri, der Präsident des Unternehmerverbandes (COSEP), sagte gegenüber der Presse, dass er die Ankündigung der „Landbesitz - Verzichtserklärung“ des US-State Department für ein weiteres Jahr für Nicaragua erwarte. Jedes Jahr im Juli müssen die USA Nicaragua einen Verzicht auf die Anwendung eines US-Gesetzes gewähren, das die Kürzung der Beihilfen für das Land verlangt, in dem Eigentum von US-Bürgern enteignet wurde. In den 1980er Jahren hatte die revolutionäre sandinistischen Regierung Landbesitz von hochrangigen Vertretern der Somoza-Diktatur und der Nationalgarde enteignet sowie das Land von Nicaraguanern gepfändet, die das Land mit ihrem Geld verlassen und in die USA gezogen waren. Viele dieser Nicaraguaner wurden später US-Bürger und fallen somit unter das Gesetz. Aguerri sagte, dass die nicaraguanische Regierung in diesem Jahr an der Lösung von 66 Fällen gearbeitet habe. Er und der Präsident der Nicaraguanisch-Amerikanischen Handelskammer (AMCHAM), Diego Vargas, äußerte die Hoffnung, dass die sog. „wavier“ gewährt werde.
Die nicaraguanische Navy akzeptiert militärische Hilfe aus den Vereinigten Staaten in Höhe von von 7,4 Mio. US-$ als Teil des „Wall of Containment“-Programms gegen die international organisierte Kriminalität und die Bekämpfung des Drogenhandels. Die Schenkung wird für den Bau eines Überwachungszentrums in El Bluff in der Nähe von Bluefields an der karibischen Küste verwendet und soll über ein Lager, eine Boot-Rampe und eine Straße verfügen, die zum Flottenstützpunkt in El Bluff führt. Die Spende umfasst auch den Kauf von zwei Schnellbooten für die Überwachung des Meeres.
Laut einer anderen Meldung hat der US-republikanische Senator Lindsay Graham eine Änderung der Diplomatie und der internationalen Hilfe gefordert mit Sanktionen gegen jedes Land, das dem NSA Whistleblower Edward Snowden Asyl bietet. Nicaragua, Ecuador und Venezuela hatten gesagt, sie würden Snowden Asyl anbieten. Der Haushaltsausschuss des Senats billigte die Graham-Änderung einstimmig. Der vollständige Senat hat noch nicht über die Gesetzesvorlage abgestimmt. Die US-Botschafterin in Nicaragua, Phyllis Powers, bezeichnete Snowden als einen „Verräter“ und sagte, er sollte „in seinem Land vor Gericht gestellt werden.“ Wenn das Gesetz mit den Graham-Änderungen die beiden Häuser des Kongresses passiert und von Präsident Obama unterzeichnet wird, würde es in Kraft treten, wenn Snowden nach Nicaragua kommt und das Angebot auf Asyl annimmt. (Informe Pastran, 26., 29. Juli; La Prensa, 26., 28. Juli)
4. Bewaffnete Guerilla-Banden oder kriminelle Viehdiebe?
Am 23. Juli sagt der Armeechef Julio César Avilés, dass ein Soldat getötet und ein weiterer verwundet wurde bei einem Zusammenstoß mit bewaffneten Männern in der Gemeinde Pantasma im Departamento Jinotega. Er sagte, dass die Truppen nach Beschwerden von Viehzüchtern über gestohlenes Vieh und entführte Menschen in das Gebiet gesendet wurden. Er erklärte weiter, dass es bewaffnete Banden in Jinotega seien, meinte aber, dass sie kriminelle Gruppen seien. Er fügte hinzu: „Es gibt keine [politisch]-militärische Organisationen, wie einige behauptet hatten, im Gegenteil, es sind kriminelle Elemente, die da draußen sind. Die meiste Zeit leben sie ein scheinbar normales Leben, sind aber auf der Suche nach Informationen und wenn sie mögliche Opfer gefunden haben, greifen sie diese an, stehlen und erpressen Geld.“
Allerdings sagte der Bauer Guillermo Davila dem nicaraguanischen Zentrum für Menschenrechte (CENIDH), dass die Armee und Polizei seine Familie verfolgten, vor allem seinen Bruder Jose Luis Davila, der in der Gemeinde von Santa Teresa de Kilambé lebt. Ihnen werde die Beteiligung an Banden vorgeworfen. Er behauptete, dass es mehrere bewaffnete Gruppen mit politischen Motiven gäbe, die sich durch die Gegend bewegten. Er sagte weiter, dass sie irreguläre Kräfte und keine Verbrecher seien und bat die Menschenrechtsgruppen und Medien, sie in dem Gebiet zu besuchen. Ana Carolina Pineda sagte, dass ihr Mann Miguel Angel Peralta nach einem Zusammenstoß mit Kräften von Polizei und Armee in Tamalaque, Jinotega, bei dem er eine Kugel in den Kopf bekam, festgenommen wurde. Sie gab zu, dass er zwei Wochen zuvor einer bewaffneten Gruppe beigetreten sei, um gegen die Regierung zu kämpfen.
Fernsehzuschauer der Sendung „Buenos Dias“ von Kanal 12 erschraken am Morgen des 25. Juli, als der Gast Roberto Petray, Direktor der Pro-Menschenrechts-Vereinigung Nicaraguas (ANPDH), einen „Comandante Nicaragua“ einer 25. Juni - Brigade im Norden des Landes per Handy anrief. Dieser sagte, dass er ein Mitglied von verschiedenen liberalen Parteien gewesen sei, aber vor vier Jahren die Waffen gegen die Regierung von Präsident Daniel Ortega ergriffen habe. Er behauptete, dass er bewaffnete Gruppe und Unterstützer in der Gegend organisiere. Und er erklärte, dass es insgesamt 22 verschiedene Banden gäbe, die er koordiniere.
Unterdessen sagte Aminta Granera, die Chefin der Nationalen Polizei, dass die Polizei in der ersten Hälfte des Jahres 104 Gruppen von Viehdiebe aufgelöst habe, dabei 1.288 Stück Vieh, 15 Fahrzeuge und 46 Waffen beschlagnahmte und 367 Menschen verhaftet habe. Allerdings, sagte sie, dass die Diebe schwer aufzuspüren seien und die Polizei nur 42 von 100 Fällen des Viehdiebstahls klären konnte, der von Viehzüchtern gemeldet wurde. (Informe Pastran, 23., 24., 25. Juli; La Prensa, 24. Juli; Radio La Primerisima, 23., 26. Juli)
5. Neue Umfrage zeigt wachsende Unterstützung für Schifffahrtskanal
Das Meinungsforschungsinstitut M & R Consultores veröffentlichte in der letzten Woche eine weitere Umfrage, die wieder einmal eine starke Unterstützung für die Regierung von Präsident Daniel Ortega zeigte. Die Ergebnisse zeigen, dass 66,3% seine Regierung anerkennen, während 14,4% diese ablehnten und 18,5% sie weder billigen noch missbilligen. Siebzig Prozent sind mit seiner Wirtschaftspolitik einverstanden, während 25% diese ablehnen. Siebzig Prozent glauben, dass der Schifffahrtskanal, dessen Machbarkeit derzeit untersucht wird, die Nation aus der Armut bringen könne; 9,35% sagten, dass dies nur Werbung sei und 4,1% gaben an, dass sie dies nicht wissen würden. Dies zeigt einen Anstieg der Unterstützung für den Kanal um über 10 Punkten gegenüber der Umfrage im letzten Monat. (Informe Pastran, 26. Juli; El Nuevo Diario, 27. Juli)
Diese wöchentliche Nachrichtensendung ist der Nachfolger des Nicaragua News Service und der Nicaragua Network Hotline. Diese Veröffentlichung kann vollständig oder teilweise reproduziert werden. Bitte wenden Sie sich an das Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet (at) afgj.org
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Rudi Kurz.
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