Meldungen aus Nicaragua vom 06.12.2004

  1. Further constitutional reforms seen as a threat to the freedom of speech in Nicaragua
  2. Aleman goes home
  3. Täglich neuer AIDS-Fall in Nicaragua gemeldet
  4. Studenten "protestieren weiter", bis Regierung in 6% einwilligt
  5. Campaign to reduce number of children working at Managua traffic lights
  6. Militärexperte kritisiert Vernichtung der SAM-7-Raketen
  7. Executive indicates that 2005 budget will be limited as internal debt must be paid
  8. Dairy farmers speak out against government's (lack of an) agricultural policy

Täglich neuer AIDS-Fall in Nicaragua gemeldet

Bei der offiziellen Gedenkfeier zum Internationalen HIV- und AIDS-Aktionstag am Mittwoch, 1. Dezember, in Managua wiederholte die nicaraguanische Regierung die selben Versprechungen wie in den vergangenen Jahren: Sie werde die Information über AIDS in der Öffentlichkeit verbessern, sie werde mehr Geld zur Verfügung stellen, um ein Um-sich-greifen der Krankheit zu verhindern, und sie werde allen Nicaraguanern kostenlose AIDS-Tests ermöglichen.

Gesundheitsminister José Antonio Alvarado gab bekannt, dass in diesem Jahr bisher offiziell 266 neue AIDS-Fälle gemeldet geworden seien, wobei laut Recherchen des Gesundheitsministeriums die Gesamtzahl durch die vielen Fälle, die unbekannt bleiben, weit höher liegt. "Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass sich in Nicaragua täglich mindestens eine Person ansteckt, möglicherweise aber sind es zwei oder sogar drei." Laut offiziellen Angaben haben sich in Nicaragua 1 497 Menschen mit dem HIV-Virus angesteckt oder sind AIDS-krank; allerdings nimmt man an, dass die Anzahl in Wirklichkeit mehr als 6000 beträgt.

Alvarado gab außerdem bekannt, dass das Gesundheitsministerium derzeit an 350 mit dem HIV-Virus infizierte Personen unentgeltlich anti-retrovirale Medikamente ausgibt; hingegen sagte Arely Cano, Präsidentin von ASONVIHSIDA, einer Gruppe, die weitgehend aus HIV-Infizierten besteht und die die Zivilgesellschaft sensibilisieren will, in ihren Ausführungen am Aktionstag, dass diese Behauptung nicht stimme und dass die Anzahl der Nicaraguaner, die sich mit dem HIV-Virus infiziert haben und kostenlose medizinische Behandlung dieser Art vom Staat erhalten, kaum mehr als 80 beträgt.

Cano nutzte die Anwesenheit von Präsident Bolanos und anderen Regierungsmitgliedern, um zu fordern, dass die nicaraguanische Regierung offiziell verspricht, dass alle Nicaraguaner, die HIV-infiziert sind und in extremer Armut leben, kostenlos mit anti-retroviralen Medikamenten versorgt werden. Sie brachte auch zum Ausdruck, dass sie besorgt sei über die mangelhafte ärztliche Versorgung derer, die an der Krankheit leiden.

In seiner Rede sagte Bolanos, die Regierung "werde alles ihr Mögliche tun, um mehr Geld für den Kampf gegen AIDS zur Verfügung zu stellen", aber dafür "sei internationale Zusammenarbeit in weit stärkerem Maße nötig".

Später gab Alvarado bekannt, die Regierung plane eine neue Aufklärungskampagne über AIDS und über die Möglichkeiten, sich vor einer Infektion durch die Krankheit zu schützen. Diese Kampagne werde sich vor allem an junge Mädchen und junge Frauen wenden, für die die Gefahr, sich zu infizieren, am größten ist. Die Regierung arbeitet auch mit dem luxemburgischen Roten Kreuz zusammen, um in Armut lebenden Nicaraguanern kostenlose HIV-Tests zu ermöglichen.

Am Freitag, 3. Dezember, zwei Tage nach der Veranstaltung, wurde bekannt, dass das Gesundheitsministerium (MINSA) der Aval-Card-Gesellschaft die Zahlung einer Summe zwischen 20 000 und 60 000 Córdobas ( US-$ 1 235 - 3 704) auferlegt hat, weil sie an ihren Arbeitern ohne deren Einwilligung AIDS-Tests durchgeführt hat und anschließend einen Arbeiter, bei dem die Infektion festgestellt wurde, entlassen wollte. Auch dem medizinischen Labor, das die Tests durchführte, ohne vorher die Unterschrift der Arbeiter eingeholt zu haben, werden vom MINSA Strafgelder auferlegt. (El Nuevo Diario, La Prensa 2./3. Dezember)

Studenten "protestieren weiter", bis Regierung in 6% einwilligt

Nicaraguanische StudentInnen und Universitätsangestellte gingen am Donnerstag, 2. Dezember, auf die Straße; das ist Teil einer verstärkten Protestserie, die in diesen Tagen, in denen der Staatshaushalt für 2005 abschließend behandelt wird, durchgeführt wird und bereits zum Abbruch einer Sitzung der Nationalversammlung geführt hat. Seitdem die Sandinistische Partei 1990 die allgemeinen Wahlen verloren hat und der Anteil des Staatshaushalts, der für die Universitäten bestimmt war, unter die 6%-Marke fiel, den in der Verfassung festgeschriebenen Anteil, führen die UniversitätsstudentInnen und Angestellten fast ständig Proteste durch, die zu Beginn des Jahres 2004 in gewalttätige Konflikte mit der Polizei ausarteten und bei denen ein Polizist getötet, drei Studenten schwer verletzt und viele andere leicht verletzt wurden. Seit Juni gab es jedoch wenig Aufsehen um die "berüchtigten" 6%, da eine Vereinbarung zwischen den Universitäten und dem Finanzministerium vorsieht, dass das Ministerium vom Januar 2005 an die Verfassung respektiert und den Hochschulen in Nicaragua 6% des Staatseinkommens einräumt.

Laut Yasser Martínez, dem Vorsitzenden des Nationalen Verbands Nicaraguanischer Studenten, ist, trotz der Vereinbarung, die der Finanzminister und die Präsidenten aller nicaraguanischen Universitäten im Juni getroffen haben, "der Haushalt für 2005 ungültig. Die Politiker versuchen, uns, die Studenten, dazu zu bringen, dass wir glauben, sie gäben uns die 6%, die wir fordern, aber was sie getan haben, ist, dass sie bei der Nennung der Summe, die sie offiziell als Staatseinkommen angeben, beachtliche Summen öffentlicher Gelder auslassen." Martínez bezieht sich dabei auf eine Spende von 1 380 Millionen Córdobas (US-$ 85,2 Millionen), die Spanien der nicaraguanischen Regierung zukommen ließ. Politiker behaupten, dass diese Spende nicht als Teil des staatlichen Einkommens angesehen werden dürfe, aber die Studenten sind anderer Meinung. Wenn diese Spende nicht zum nationalen Einkommen gerechnet wird, bedeutet das, dass die nicaraguanischen Universitäten 82,8 Millionen Córdobas (US-$ 5,1 Millionen) weniger erhalten.

Martínez sagte weiter: "Wenn am Ende auf den Straßen dieses Landes das Blut von Studenten und von Polizisten fließt, ist das Finanzministerium schuld." Aufgrund solcher Erklärungen und wegen der Gewalt, die von den studentischen Protesten ausging, haben Parteimitglieder der PLC ebenso wie einige internationale Fernseh-Kanäle die Studenten und Universitätsangestellten, die in die derzeitigen Auseinandersetzungen um die 6% verwickelt sind, als Terroristen bezeichnet. (Radio Ya!, El Nuevo Diario, 3. Dezember)

Militärexperte kritisiert Vernichtung der SAM-7-Raketen

Der Militärexperte Luis Humberto Guzman lehnte nachdrücklich sowohl die Art und Weise ab, wie der Präsident einsame Beschlüsse fasst, als auch den Mangel an finanzieller und strategischer Unterstützung seitens der USA im Kampf gegen Drogenhandel und Terrorismus, den sie immer als so existenziell wichtig für die Sicherheit des amerikanischen Kontinents darstellen. Damit reagierte er einerseits auf die kürzlich vorgenommene Zerstörung von 334 SAM-7-Rakten, eine einseitig von Bolanos vorgenommene Entscheidung, "seinem Freund zu Liebe", der US-Regierung, andererseits darauf, dass die Polizei in dieser Woche einen Lastwagen in Richtung Honduras und ein kleines Privatflugzeug entdeckte, beide voller Waffen und illegaler Drogen, die vermutlich für die USA bestimmt waren.

Guzman ist der Meinung, dass die Vorstellung, die Zerstörung der SAM-7-Raketen sei als ein Good-Will-Zeichen gegenüber den anderen zentralamerikanischen Staaten zu verstehen, höchst misstrauisch stimme. "Von diesen Staaten geht - weiß Gott - keine wirkliche Bedrohung gegenüber Nicaragua aus. Ironischer Weise kam in den vergangenen Jahrzehnten die ernsthafteste Bedrohung gegen Nicaragua aus den USA selbst. Und wenn dieses Verhalten in Wirklichkeit ein Good-Will-Zeichen gegenüber den USA ist, dann ist die Situation völlig ungleichgewichtig, da es absolut keine Anzeichen dafür gibt, dass die USA ihre enorme Militärmacht abbauen wollen, im Gegenteil." Guzman findet es sehr bedauerlich, dass die USA nicht mit der nicaraguanischen Armee zusammenarbeiten oder kundtun, dass sie derartige Pläne haben, dass aber trotzdem US-Beamte regelmäßig Nicaragua besuchen und verlangen, dass das Land größere Anstrengungen im Kampf gegen Drogenhandel und Terrorismus macht.

Die USA haben keine Anstrengungen unternommen, dass Honduras Waffen zerstört, obwohl das Land im Vergleich zu Nicaragua über viel größere militärische Kapazitäten verfügt, einschließlich F-5-Kampfflugzeugen, die, laut Guzman, Drogenhändler davon abhalten, mit Waffen und Drogen das Land zu überfliegen oder auf honduranischem Boden zu landen. Seit die USA ihre militärische Präsenz in Kolumbien verstärkt haben, sind die Drogenhändler gezwungen, nach anderen Routen in die USA Ausschau zu halten; das hat dazu geführt, dass die Anwesenheit von Drogenhändlern an der karibischen Küste Nicaraguas und auf karibischen Inseln in jüngster Zeit sprunghaft in die Höhe ging.

Kommentatoren weisen darauf hin, dass, wenn entsprechend dem Vorschlag von Bolanos, die noch verbliebenen 1 000 SAM-7-Raketen zerstört sind, Nicaragua eines der militärisch schwächsten Länder Lateinamerikas sein wird, was nach ihrer Meinung dem internationalen Drogenhandel Tür und Tor öffnet. Und trotzdem behaupten die USAS steif und fest, dass die Zerstörung der Raketen Teil des Kriegs gegen den Terrorismus sei. Es scheint fast, sagen Beobachter, dass man dabei unter Terroristen nicht die Drogenhändler versteht, sondern die Gründer von Demokratie und Freiheit der Rede in Nicaragua, die Sandinisten, die, wie man in Washington fürchtet, Aussicht haben, 2006 die allgemeinen Wahlen zu gewinnen und damit die Kontrolle über das Militär. (El Nuevo Diario, 4. Dezember)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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