Meldungen aus Nicaragua vom 08.11.2004
- FSLN erringt landesweit Siege
- Wiederwahl Bushs gibt CAFTA neuen Aufschwung
- Bolaños Seeks Injunction
- Government Party Accused of Misappropriating Resources for Elections
- Straßenverkäufer besorgt über Wechsel im Bürgermeisteramt
- Regional Attorney-General Asks for Case against Tsokos to be Re-opened
- Lobsters "Heading for Extinction"
FSLN erringt landesweit Siege
Von der Hauptstadt bis hin zu entlegenen Dörfern hat die sandinistische Front bei den Gemeindewahlen an diesem Wochenende in fast allen wichtigen Städten und Gemeinden den Sieg errungen. Nach den seit langem langweiligsten Wahlkämpfen haben die Ergebnisse der Liberal Konstitutionalistischen Partei (PLC) und vor allem ihrem Anführer Arnoldo Aleman einen empfindlichen Schlag versetzt. Landesweit verloren sie fast die Hälfte der Gemeinden. Die FSLN eroberte sogar El Crucero, die Stadt in den Hügeln über Managua, wo Aleman seine Hauptresidenz hat, womit dem Unrecht die Schande folgt.
Die Allianz für die Republik (APRE), eine neue politische Gruppierung, die von Anhängern Präsident Bolanos' gegründet wurde und seine frühere Konservative Partei umfasst, hat noch schlechter abgeschnitten als die PLC und steht in Managua an dritter Stelle hinter Dionysio Marenco von der FSLN und Joachim Chamorro von der PLC. APRE errang anderswo gerade einmal ein paar Überraschungssiege. Der Siegeszug der FSLN schloss auch eine andere bedeutsame Heimatstadt ein, Masaya, Geburtsort von Bolanos selbst, und sogar die traditionell konservative Hochburg Granada , (obwohl das Ergebnis von der PLC angezweifelt wird). Der einstige zum Contra gewandelte FSLN-Held Eden Pastora, der in Managua kandidierte, ist ins Abseits entschwunden, ohne Spuren zu hinterlassen.
Nach einer genauen Analyse hatten jedoch viele Menschen den Eindruck, dass der eigentliche Sieger die Wähler-Apathie war. Beobachter der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprechen von einer Wahlbeteiligung von etwa 54 %. Das bedeutet eine dramatische Abnahme des Wähler-Interesses seit den Präsidentschaftswahlen von 2001; damals beteiligten sich etwa 90 %. Die Beteiligung ist bei Gemeindewahlen üblicherweise niedriger als bei nationalen Wahlen. Im Jahr 2000 nahmen etwa 65% an den Wahlen teil. Paraktisch aber bedeutet das Ergebnis, dass die FSLN nun in etwa zwei Dritteln der Gemeinden des Landes das Sagen hat.
Aber schon unmittelbar nach den Wahlen, als die Begeisterungswogen hoch gingen und es schien, dass der Präsidentensessel für den ewigen FSLN-Kandidaten Daniel Ortega verlockend nah sei, wurden Stimmen laut, die zur Vorsicht mahnten. Denn während die "disziplinierten" Reihen des Sandinismus als solide Phalanx ihre Stimme abgegeben hatten, war klar, dass viele ihrer Kandidaten vor allem deshalb gesiegt hatten, weil die Stimmen der Rechten gespalten waren. Wenn die Präsidentschaftswahlen anstehen, werden, nach Meinung von Beobachtern, die Rechten und vor allem auch die Vereinigten Staaten eine innere Spaltung nicht zulassen, denn dann geht es darum, als einheitlicher Block die Fahne hochzuhalten mit dem gründlich eingeübten Slogan "Außer den Sandinisten ist uns jeder recht".
Ob Bolanos' APRE überlebt und nach dem kläglichen Abschneiden bei den Gemeindewahlen in der Lage sein wird, einen eigenen Kandidaten aufzustellen, muss sich noch herausstellen. Für Alejandro Fiallos, der bei den Wahlen für Nicaraguas Top-Gemeinde Managua nun zweimal von der FSLN besiegt wurde, gibt es kein Zurück. "Wir werden siegen," verkündete er. "Wir haben die neue Allianz als wahre dritte Option für das nicaraguanische Volk gegründet. Auf diesem guten Anfang können wir aufbauen. Wenn die Präsidentschaftswahlen anstehen, sind wir bereit." (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio, La Primerísima, Radio Ya, Channel 2, 4, 8, 12 TV, 8. November)
Wiederwahl Bushs gibt CAFTA neuen Aufschwung
Präsident Bolanos, einer der wenigen Staatschefs, die zu Bushs Unterstützung Truppen in den Irak schickten, sandte eine Sonderbotschaft an den US-Präsidenten, in der er ihm zu seiner Wiederwahl gratulierte. "Durch Ihre Wiederwahl hat Ihr Volk sein Vertrauen in Ihre Führung und seinen Wunsch, dass Sie die Geschicke Ihrer großen Nation lenken, zum Ausdruck gebracht," war Teil der Botschaft. Aber jenseits der Rhetorik wurde deutlich, dass Bolanos seine Erleichterung darüber ausdrücken wollte, dass nicht John Kerry gewählt worden war. Der Bush-Herausforderer hatte ständig wiederholt, er würde, wenn er gewählt wird, das Zentralamerikanische Freihandelsabkommen (CAFTA), das bereits von Bolanos und seinen Präsidenten-Kollegen in Zentralamerika unterzeichnet worden ist und dessen Ratifizierung im US-Kongress und in der Nicaraguanischen Nationalversammlung bevorsteht, einer Revision unterziehen.
Unter den Mitgliedern beider Gremien gibt es eine beträchtliche Opposition gegen CAFTA, aber nachdem Bush nun im Weißen Haus seine Position gefestigt hat, hat der Druck, das Abkommen zu beschließen, beachtlich zugenommen. Nicaraguas Außenministerin Norma Caldera, zur Zeit in Brasilien unterwegs, unterstützte die Stellungnahme des Präsidenten: "Wir sind zuversichtlich, dass die höchst erfreuliche Tatsache, dass Präsident Bush und seine Partei die Wahlen gewonnen haben, die Ratifizierung von CAFTA durch den Kongresss beschleunigt," erklärte sie. Der nicaraguanische Botschafter in den USA Salvador Stadthagen sagte: "Nachdem die Wahlen nun vorüber sind, bin ich sicher, dass eine große Anzahl der Kongressabgeordneten die Verpflichtung fühlen, für ein Abkommen zu stimmen, das allen, die damit zu tun haben, Vorteile bringt."
In der Nationalversammlung betonte unterdessen der FSLN-Abgeordnete Agustín Jarquín Anaya nachdrücklich, dass es unbedingt nötig sei, vor der Verabschiedung von CAFTA die Diskussionen darüber mit den verschiedenen Wirtschafts-Sektoren des Landes zu intensivieren, um zu einer klaren Position über die Inhalte des Abkommens und über die Art und Weise seiner Umsetzung zu kommen. Aber Carlos Noguera, PLC-Mitglied und Vorsitzender der Nationalversammlung bemerkte zuversichtlich: "Nachdem Mr Bush nun sowohl im Weißen Haus als auch im Kongress gewonnen hat, ist es sicher, dass CAFTA ratifiziert wird. Wir sollten nicht auf die USA warten. Wir sollten voran machen und das Abkommen nun ratifizieren. Wir wollen die ersten in Zentralamerika sein, die das tun." (La Prensa, 4.November)
Straßenverkäufer besorgt über Wechsel im Bürgermeisteramt
In den meisten Städten Nicaraguas wird in mehr oder weniger großem Umfang Straßenverkauf praktiziert. In der Hauptstadt Managua jedoch gibt es kaum eine Straßenkreuzung oder eine Verkehrsampel, wo nicht scharenweise Frauen und Männer aller Altersgruppen alles Mögliche anbieten von Zigaretten über Scheibenwischer bis zu exotischen Pflanzen und besonderen Jungle-Tieren. "Als Don Herty, (Lewites - der bisherige FSLN-Bürgermeister) seine Kampagne für breitere Straßen und die Konstruktion von Rundverkehrs-Anlagen startete, erreichten wir," so berichtete Adrian Martinez, "eine Vereinbarung, dass all das nur nach Rücksprache mit uns, mit unserem Verband durchgeführt werden soll." Als die Wahlen näher rückten, forderte Martinez, der der nationale Koordinator des Verbands informell Arbeitender ist, alle Kandidaten auf, die Vereinbarung anzuerkennen, die der Verband, wie er sagte, "nach langen Diskussionen und mit viel Schweiß und Tränen" erreicht hatte. Hauptinhalt der Vereinbarung war, dass das Bürgermeisteramt den Arbeitern eine Lebensweise zubilligt, die für einige während der längsten Zeit ihres Lebens die Hauptquelle ihres Einkommens für den Unterhalt ihrer Familie gewesen ist. "Für uns ist das Brot und Butter," sagte er. "So ernähren wir unsere Familien."
"Auf diese Weise," fuhr Martinez fort, "haben wir zusammengearbeitet, um soziale Unruhen und unnötige Leiden zu vermeiden. Wir haben den Eindruck, dass die potentiellen Bürgermeister anders denken. Wir hatten eine harte Zeit mit all den derzeitigen Kandidaten. Immer wieder haben wir versucht, mit dem einen oder anderen zu sprechen, und jedes Mal haben die Leute um sie herum behauptet, für ein Gespräch mit uns seien sie einfach zu beschäftigt. Das macht uns wütend; wir fühlen uns diskriminiert; wir haben den Eindruck, sie wollen von uns nichts wissen."
Bei der Nachricht, dass Dionysio Marenco von der FSLN sich mit einem glänzenden Sieg in Managua durchgesetzt hat, warnte Martinez, dass ein über die ganze Stadt sich erstreckendes hartes Vorgehen gegen "informelle" Arbeiter dazu führen würde, "dass weitere Tausende von Menschen ohne Einkommen bleiben, dass die Anzahl der Kinder im schulpflichtigen Alter, die nicht zur Schule gehen, beträchtlich ansteigt, weil die Familien das Bisschen Einkommen verlieren, das sie derzeit haben, verlieren, und dass Diebstahl und Gewalt zunehmen, wenn in die Verzweiflung getriebene Leute ums Überleben kämpfen." (La Prensa, 4. November)
Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz.
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