Meldungen aus Nicaragua vom 26.01.2004

  1. IWF und Weltbank gewähren Schuldenerlass aufgrund HIPC
  2. Nicaraguan Sovereignty at Risk over Missiles
  3. Confusion Grows Over Second Iraq Contingent
  4. Höhenflug der Preise kaum kontrolliert
  5. National Workers' Front Demands Raise in Basic Wage
  6. Universitäten schockiert wegen niedrigem Bildungsstand der Bewerber
  7. "Super-corrupt" Aleman Demonstrates His Power
  8. Titanium Discovered in RAAN

IWF und Weltbank gewähren Schuldenerlass aufgrund HIPC

Unter Hinweis auf das, was er "Nicaraguas beste Wirtschaftsmeldung seit 25 Jahren" nennt, gab Präsident Enrique Bolanos bekannt, dass der Internationale Währungsfonds und die Weltbank darin übereinstimmen, dass Nicaragua die notwendigen Schritte unternommen hat, um in die Liste der Initiative der Hochverschuldeten Armen Länder (HIPC) aufgenommen zu werden. Er sagte, er erwarte, dass Nicaraguas Gläubiger 84% von Nicaraguas Auslandsschulden streichen. In einer wohlgemuten Rede pries er "die heroische Bevölkerung Nicaraguas, die während vieler Jahre zu enormen Opfern bereit war, indem sie ihre berechtigten Forderungen beiseite schob und nur an das Wohl des ganzen Landes dachte." Der Präsident sprach optimistisch darüber, "dass damit die Bedingungen für einen wirtschaftlichen Neuanfang und für den Beginn von Wohlstand gelegt seien." Aber noch während er sprach, wiesen Beamte von Weltbank und IWF nachdrücklich darauf hin, dass die Strukturanpassungspolitik, die Nicaragua seit so langer Zeit erträgt, fortgesetzt werden müsse. Sie wiesen warnend auf das Beispiel Bolivien hin, das einzige andere lateinamerikanische Land, dem der HIPC-Status zugebilligt worden ist und das "aufgrund der Tatsache, dass es den Weg strikter wirtschaftlicher Disziplin verlassen hat," schon wieder ernsthaft verschuldet ist. Auf jeden Fall wird Nicaraguas verbleibende Auslandsschuld auch nach dem Schuldenerlass noch etwa 2,5 Milliarden US-Dollar betragen.

Laut eines im Finanzjargon verfassten Weltbank-Bulletins "wird der HIPC-Schuldenerlass seitens aller entsprechenden Gläubiger Nicaraguas insgesamt und über längere Zeit etwa 4,5 Milliarden US-Dollar betragen … Der Internationale Entwicklungsverband (IDA) der Weltbank beteiligt sich daran mit 382,6 Millionen US-Dollar, und zwar in Form einer 90%igen Reduzierung des in den Jahren 2001 bis 2023 fällig werdenden Schuldendienstes auf IDA-Kredite. Der IWF wird einen Schuldenerlass von etwa 106,5 Millionen US-Dollar gewähren … auf Zahlungen, die in den Jahren 2002 bis 2009 fällig werden. Die übrigen bilateralen und multilateralen Gläubiger werden vermutlich ebenfalls ihren Anteil zu dem von der überarbeiteten HIPC-Initiative geforderten Schuldenerlass beitragen. In Anerkennung der befriedigenden Fortschritte, die die Regierung erzielt hat im Hinblick auf die makroökonomischen und strukturellen Maßnahmen, die sie im Rahmen der Forderungen der HIPC-Initiative ergriff, sollen Nicaraguas Außenschulden um etwa 73% verringert werden." Es bleibt unklar, wie diese Zahl mit den von Präsident Bolanos genannten 84% zusammenzubringen ist.

Der führende Soziologe Cirilo Otero forderte die Regierung auf, "der Bevölkerung ehrlich Auskunft zu geben." Er sagte, die verbleibenden Schulden seien sogar noch höher, "weil die reichen Länder die Gewohnheit haben, sich hin und her zu überlegen, wie hoch die Schuldensumme sein soll, die sie tatsächlich erlassen wollen. Das heißt: Wenn der Präsident davon spricht, dass Nicaraguas Schulden 6,5 Milliarden Dollar betragen, wird die tatsächliche Summe, die erlassen wird, vermutlich nur bei etwa 3,5 Milliarden US-Dollar liegen. Weiterhin muss er den Leuten erklären, dass das kein zusätzliches Geld ist, das neu gewährt wird; viele Leute rechnen so, als ob das Geld neu ins Land käme. Obendrein muss er den Leuten klarmachen, dass wir mit diesem Strukturanpassungsprogramm fortfahren müssen. Die Regierung muss ehrlich informieren. In gutem Nicaraguanisch sagen wir dazu: "Hier gibt es mehr Blätter als Mais."" Otero betonte, dass trotz der Anordnung des Präsidenten, die Nachricht mit Feuerwerk und Raketen vom Präsidentenpalast aus zu feiern, die Angelegenheit bisher weitgehend eine Sache von Regierung, Beamten und Akademikern gewesen ist. "Die Bevölkerung insgesamt war sehr wenig über all das informiert, vor allem darüber, was HIPC mit ihrem Alltag und mit all diesen ständigen Preiserhöhungen zu tun hat." (El Nuevo Diario, La Prensa, Radio Ya, Radio La Primerísima, Channel 2, 4, 8, 12 TV, 23.-25. Januar; Weltbank-Nachrichten, 23. Januar)

Höhenflug der Preise kaum kontrolliert

Im Hinblick auf die Mindest-Lebenshaltungskosten hat 2004 für den Durchschnitts-Nicaraguaner sehr schlecht angefangen. Unter Hinweis darauf, dass die gestiegenen Energiepreise zwangsweise zur Erhöhung ihrer eigenen Preise geführt haben, erhöhten die Verkäufer die Preise um manchmal mehr als 10% bei fast allen Waren, die im Alltagsleben gebraucht werden, von einfachen Brötchen über Kochgas bis zu Uniformen und Schulbüchern.

Dabei scheint der Unterschied zwischen den Dingen, die vermutlich von der Regierung kontrolliert werden, und denen, die dem Wechselspiel des freien Marktes ausgeliefert sind, gering zu sein. Das Ergebnis ist, dass die Kosten, die laut FIDEG, der Internationalen Stiftung für Globale Anforderungen, eine Familie aufbringen muss, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen, monatlich etwa 350 US-Dollar beträgt. Reis, Zucker, Bohnen, Öl, die Liste ist endlos und die Aufwärtstendenz scheint nicht zu bremsen zu sein.

Julio César Bendana, Generaldirektor der Transparenz- und Wettbewerbskommission des Industrieministeriums, gab "mit gewisser Trauer" zu, dass es im Land keine staatliche Behörde gebe, die den Preis für irgendein Produkt fixieren kann. "Alles ist auf Gnade und Ungnade der Ebbe und Flut des freien Marktes ausgeliefert," sagte er, "und abhängig von Angebot und Nachfrage."

Auf die Fragen von Reportern erklärte Bendana, dass sich Nicaragua in den 90er Jahren dem System des freien Marktes anschloss und dass damals in der Welt die Tendenz bestand, alles unterschiedslos zu liberalisieren und zu deregulieren und damit alles den Kräften des Marktes zu überlassen. "Wenn aber," fuhr er fort, "die Liberalisierung in so extremer Weise eingeführt wird, ist es entscheidend, auch eine gewisse Selbstregulierung einzuführen. Was Nicaragua betrifft, ist das nie geschehen, und deshalb haben wir derzeit so wenige Möglichkeiten, in den Markt einzugreifen." Er wies vor allem auf die übliche Praxis der Preisabsprachen hin, einem wesentlichen Punkt, den man sich vornehmen müsse. "In Nicaragua gibt es viele Praktiken, die in anderen Ländern für wettbewerbsfeindlich und illegal gehalten werden," fuhr er fort. "So gibt es gerade einmal drei Gesellschaften, die über Getreidemühlen verfügen; sie setzen sich zusammen und legen für alle drei Unternehmen einen bestimmten Preis fest. Das ist hierzulande völlig legal und allgemein üblich. Wer bezahlt dafür? Natürlich die armen Kunden."

Er kritisierte die allgemein übliche Haltung unter Geschäftsleuten, die im allgemeinen "an höheren Profiten aus niedrigeren Verkäufen interessiert sind." "Das ist eine total verkehrte Welt," betonte er. "Was wir brauchen, ist höheren Konsum bei niedrigeren Preisen. Davon würden alle profitieren, nicht nur die wenigen, wie es derzeit der Fall ist."

Bendana forderte die Regierung auf, ein Gesetz für den Wettbewerb einzuführen, durch das Preisabsprachen ausgeschlossen würden, und er forderte, dass unabhängige Kommissionen, die den Markt kontrollieren, eingerichtet werden. "Das gibt es in erfolgreichen Ländern," sagte er, "unabhängige Agenturen mit eigenem, festen Etat. Ein solches Gesetz würde sich auf verschiedene Bereiche erstrecken. Zu seinen wichtigen Aufgaben würde zum Beispiel gehören, dass die gesamte Bevölkerung exakt informiert wird. Auch die Einsetzung von Gremien wäre damit verbunden, die den Rechtsschutz von Kunden übernehmen, und die ermächtigt sind, Missbrauch zu untersuchen und Strafen aufzuerlegen. Als Kunden haben wir beträchtliche Möglichkeiten, Firmen zu bestrafen, die kein faires Spiel treiben, vorausgesetzt, dass wir vollen Zugang zu den entsprechenden Informationen haben und über eine Einrichtung verfügen, die uns unterstützt. (El Nuevo Diario, 23. Januar)

Universitäten schockiert wegen niedrigem Bildungsstand der Bewerber

Der Beginn des neuen Schul- und Universitätsjahrs steht bevor, und da sich eine große Anzahl von Schulabsolventen bei den Universitäten bewirbt, verlangten die Universitäten, dass sie Aufnahmeprüfungen machen, damit übergroße Kurse vermieden werden. Die Ergebnisse waren äußerst eindrucksvoll. So hat die Hochschule für Ingenieure (UNI) bekannt gegeben, dass von den 2 832 neuen Studienbewerbern, die an der Aufnahmeprüfung teilnahmen, nur eine Handvoll, insgesamt 75, bestanden haben, das heißt eine erschütternd niedrige Rate von gerade mal 2,6%. Von derjenigen Sekundarschule, die am besten abgeschnitten hat, schafften es gerade mal fünf. Andere Universitäten veröffentlichten ähnlich deprimierende Zahlen. Carlos Walsh, ein Mitglied des Prüfungsausschusses, sagte, er und seine Kollegen seien über das jämmerliche Erscheinungsbild der Neuzugänge erstaunt. "Wir haben die Entwicklung dieser Tendenz im Laufe der vergangenen Jahre sehr wohl wahrgenommen," sagte er. "Aber das ist weit schlimmer als wir es uns vorgestellt hatten, vor allem, da die Bewerber sowohl von Privatschulen als auch von öffentlichen Schulen kommen, sowohl von kleinen als auch von großen.

UNI-Rektor Aldo Urbina stimmte dem zu. Er sagte: "Die Prüfungsaufgaben, die wir ihnen gaben, waren nicht schwierig, und es wurde nichts verlangt, was außerhalb des Lehrplans des Erziehungsministeriums lag. Aber wenn wir das Ganze genau analysieren, müssen wir uns sagen: Das sind die Studenten, die zu uns kommen. Wir müssen ihnen irgendwie bei ihrer Ausbildung helfen." Er betonte, dass Mathematik ein besonders wichtiger Bereich der Ingenieurswissenschaften ist, und erklärte, dass die Universität Förderkurse in Mathematik anbieten werde, um Studenten die Möglichkeit zu geben, Versäumtes nachzuholen.

Alle stimmen darin überein, dass das Hauptproblem bei den Primar- und Sekundarschulen liege, wo die Lehrer so unterbezahlt sind und unter Stress stehen. ""Wenn man sich die Statistiken anschaut," fuhr Urbina fort, "stellt man fest, dass praktisch jeder Mathematik- und Physiklehrer im allgemeinen Schulsystem nur die grundlegendsten Grundkenntnisse erworben hat. Sie verdienen weniger als 100 US-Dollar im Monat; wie können hoch qualifizierte Menschen damit zufrieden sein?"

Er forderte die Regierung auf, zusammen mit den Universitäten Förderprogramme auszuarbeiten, um das Problem anzugehen. Der Grund, warum wir diese Zahlen so freimütig veröffentlichen, ist, dass wir dem Ministerium sagen wollen: "Schau! Das ist ein nationales Problem. Jahr für Jahr wird es schlimmer. Wir müssen zusammen etwas tun!" (El Nuevo Diario, 20. Januar)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernandez.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold, Rudi Kurz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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