Meldungen aus Nicaragua vom 18.04.2005

  1. Gewaltige Protestaktion gegen DR-CAFTA in Managua
  2. Executive Branch Leaves National Dialogue
  3. Nemagon-Opfer setzen Hungerstreik fort
  4. Nationalversammlung erhöht eigene Gehälter und senkt die aller sonstigen hohen Funktionäre
  5. Violent Student Protests Against 3 Cordoba Bus Fare Continue
  6. Hospital Directors Desperate as Price of Oxygen Raises by 389%
  7. ENACAL; Only Torrential Rains Could Divert Water Rationing in Managua
  8. Illegal Wood Trafficking will be Investigated by Assembly Committee

Gewaltige Protestaktion gegen DR-CAFTA in Managua

Am 14. April nahmen mehr als tausend nicaraguanische Bürger an einer Demonstration gegen das Freihandelsabkommen für die Dominikanische Republik und Zentralamerika (DR-CAFTA) teil. Es war die bisher größte öffentliche Protestaktion. Der Demonstrationszug am 14. April führte vom Rubén-Darío-Kreis im Zentrum von Managua zur Nationalversammlung. Die Nicaraguanische Soziale Bewegung, das heißt, die Gruppe der Zivilgesellschaft, die das Ganze koordinierte, wollte der Nationalversammlung eine Erklärung übergeben. Aber niemand kam aus dem Gebäude heraus, um die Erklärung in Empfang zu nehmen, in der die Demonstrationsteilnehmer darlegten, worum es ihnen ging. Deshalb beschlossen die Organisatoren, vor das Präsidentschaftsgebäude zu ziehen.

Vor dem Präsidentschaftsgebäude trafen die Demonstranten auf Hunderte von Polizisten, die den Eingang blockierten. Nach dem, was berichtet wurde, wurde niemand verletzt oder festgenommen, aber Reporter meldeten, dass zwischen Demonstranten und Polizei eine gespannte Atmosphäre herrschte. Eine begrenzte Anzahl von Organisatoren bekam die Erlaubnis, das Gebäude zu betreten. Dort wurden sie zum Privatsekretär des Präsidenten vorgelassen, der eine Kopie der Erklärung entgegennahm und versprach, dafür zu sorgen, dass sie Präsident Bolanos vorgelegt wird.

Führende Mitglieder der Nicaraguanischen Sozialen Bewegung sagten, die Demonstration sei "nur der Anfang" einer Reihe von Demonstrationen und anderen Aktivitäten gegen DR-CAFTA, die für die nächsten Wochen überall im Land geplant seien. Die Demonstranten wenden sich, wie in der Erklärung ausgeführt, vor allem gegen die negativen Auswirkungen, die das DR-CAFTA-Freihandels-Abkommen für Kleinbauern, Arbeitsrecht und Umwelt haben wird. Auf dem großen Transparent, das Demonstranten am Kopf des Zugs trugen, stand: "Was bleibt uns? Für die Chinesen zu arbeiten, um von den Gringos zu kaufen?" (Anmerkung des Herausgebers: Die Nicaraguaner nennen alle Asiaten "Chinos", Chinesen. Derzeit sind in Nicaragua viele Kleinbetriebe in der Hand von Taiwanesen und Koreanern.)

Azucena Castillo, Ministerin für Industrie und Handel, sagte jedoch, diese und andere Protestaktionen würden die Entscheidung der Nationalversammlung im Hinblick auf die Freihandels-Vereinbarung nicht beeinflussen. Sie sagte: "Wir haben nun die Zusicherung, dass die Mehrheit der Parlamentsmitglieder für CAFTA stimmen wird."

Am 16. April besuchten fünf Mitglieder des US-Kongresses, unter ihnen Jim Kolbe (Republikaner aus Arizona) und Nita Lowey (Demokrat aus New York), Präsident Enrique Bolanos. Sie sprachen über DR-CAFTA und den Millennium-Fonds. Laut Meldungen in den nicaraguanischen Medien sagten die Kongressmitglieder Bolanos zu, "alles ihnen Mögliche zu tun", um sicher zu stellen, dass die Freihandelsvereinbarung vom US-Kongress möglichst bald ratifiziert wird. Kolbe sagte, er sei "zuversichtlich, dass CAFTA dazu beitragen wird, die wirtschaftlichen Beziehungen in der Region zu harmonisieren". Weiterhin gratulierte er Bolanos zu seinen Führungsqualitäten und sagte, der nicaraguanische Präsident bemühe sich nach Kräften, das Wohl des nicaraguanischen Volkes zu beschützen und voranzubringen. Er erwähnte auch, dass derzeit Hunderttausende nicaraguanischer Bürger in den USA lebten und arbeiteten und regelmäßig Geld zurück an ihre Familien in Nicaragua überwiesen; daraus, meinte er, entstünde eine "besondere Beziehung" zwischen den beiden Ländern, und das fördere auch die Entwicklung in Nicaragua.

Bolanos betonte noch einmal mit Nachdruck, dass CAFTA "zur Verbesserung der Lebensverhältnisse in Nicaragua beitragen wird, so dass wir endlich ein menschenwürdiges Leben in diesem Land führen können."

Ein paar Stunden später am gleichen Tag hielt Daniel Ortega, Generalsekretär der FSLN bei einer Veranstaltung in Ticuantepe eine Rede, in der er über DR-CAFTA ein vernichtendes Urteil fällte. Er beschrieb die Vereinbarung als "Todesurteil für Tausende und Abertausende nicaraguanischer Klein- und Großbauern." Wenn DR-CAFTA in Nicaragua ratifiziert wird, "würde das ein soziales Unglück, eine soziale Katastrophe darstellen, weil Tausende und Abertausende Bauern in unserem Land automatisch arbeitslos würden." Er wiederholte, dass die sandinistische Fraktion in der Nationalversammlung gegen CAFTA stimmen werde.

Ortega fuhr fort, seine Partei sei nicht grundsätzlich gegen Freihandelsabkommen, aber sie sei gegen ungerechte Freihandelsabkommen. Er forderte die US-Behörden auf, die Grenzen für Nicaraguaner, die in den USA arbeiten oder dort Urlaub machen wollten, ebenso zu öffnen, wie sie gewillt sind, Nicaraguas Grenzen zu öffnen. (La Prensa, El Nuevo Diario, Radio Ya, Radio Liberación Estelí, 13.-18. 4.)

Nemagon-Opfer setzen Hungerstreik fort

In der Region Chinandega starben in den vergangenen zwei Monaten 82 einstige Landarbeiter; das teilte Victorino Espinales mit, Koordinator der einstigen Bananen- und Zuckerrohrarbeiter, die Opfer der international verbotenen, unter den Namen Nemagon und Fumazone verkauften Chemikalien geworden sind und seit 2. März vor dem Parlamentsgebäude protestieren. Die genannten Landarbeiter starben an Krankheiten, die auf die Zeit, als sie in den 1960er, -70er und -80er Jahren auf Zuckerrohr- und Bananenplantagen arbeiteten, zurückgehen. "Am 13. April um 11 Uhr vormittags starb der 54 Jahre alte Bernardo Melesio Rios Rocha in seinem Haus an einem tödlichen Krebs (die Folge seiner Arbeit auf einer Bananenplantage, wo er dem Einsatz von Nemagon ausgesetzt war); er ist nicht in der Lage gewesen, die weit überhöhten Kosten, die für eine Milderung seiner Leiden nötig gewesen wären, aufzubringen," sagte Espinales.

Ríos Tod fällt in die Zeit des derzeitigen Hungerstreiks, an dem 100 Nemagon-Opfer teilnehmen; 30 von ihnen beteiligen sich bereits seit dem 6. April an dem Hungerstreik vor der Nationalversammlung.

Nachdem Mitglieder der Nationalversammlung sich geweigert hatten, eine Gruppe von Nemagon-Opfern zu empfangen, die ihre Forderungen vor die Nationalversammlung bringen wollten, kündigte Espinales am 14. April an, die einstigen Bananenarbeiter würden zu neuen Protest-Formen greifen. Er sagte, die Demonstranten würden in den kommenden Tagen in Managua auf die Straße gehen, Straßen blockieren und Benzin-Flaschen mit sich führen. "Wenn die Polizei versucht, die Straßenblockade aufzuheben, werden wir uns bei lebendigem Leib anzünden," sagte er.

Anschließend wandte sich Espinales in einem öffentlichen Aufruf an Beamte und andere politische Persönlichkeiten, unter anderem an Herty Lewites, Eduardo Montealegre sowie an PLC- und FSLN-Abgeordnete der Nationalversammlung. Er forderte sie auf, sie sollten versprechen, dass sie die früheren Bananen- und Zuckerrohrarbeiter unterstützen würden, wenn diese sich bemühen, von der Regierung einerseits finanzielle Hilfe für Medizin und ärztliche Behandlung zu erhalten andererseits Hilfe in der Durchsetzung ihrer Rechtsansprüche auf Entschädigung seitens der multinationalen Gesellschaften, die die Chemikalien, durch die die Arbeiter vergiftet wurden, produzierten und verwendeten. (El Nuevo Diario, 14.4., La Prensa, 15.4.)

Nationalversammlung erhöht eigene Gehälter und senkt die aller sonstigen hohen Funktionäre

Mit 73 Ja-Stimmen und ohne Gegenstimme verabschiedete die Nationalversammlung am 12. April in erster Lesung das Gehalts-Regulierungsgesetz. Verabschiedung in erster Lesung ist Voraussetzung dafür, dass ein Antrag an die Kommission weitergeleitet wird. Die Kommission wird daraufhin den Antrag veröffentlichen, der nach der Verabschiedung in zweiter Lesung zum Gesetz wird. Dieser Antrag, der von der FSLN-Abgeordneten Alba Palacios der Nationalversammlung vorgelegt wurde, schlägt vor, die Gehälter aller hohen öffentlichen Beamten zu reduzieren, und er verbietet, dass ein Regierungsmitglied zwei Gehälter oder Pensionen erhält.

Wenn die Gesetzesvorlage in zweiter Lesung verabschiedet wird, wird das Präsidenten-Gehalt auf monatlich 5 103,90 US-Dollar reduziert. Aufgrund der Tatsache, dass Bolanos neben seinem Präsidenten-Gehalt eine Vize-Präsidenten-Pension erhält, verdient er derzeit über 10 000 US-Dollar. Das Vize-Präsidenten-Gehalt würde auf monatlich 4 403 US-Dollar reduziert werden. Alle anderen Gehälter öffentlich bediensteter Funktionäre, wie zum Beispiel die der Richter des Obersten Gerichtshof, der Bürgermeister, der Minister u.s.w., würden gesenkt werden, ausgenommen die der Mitglieder der Nationalversammlung, deren Gehälter aufgrund der Gesetzgebung möglicherweise sogar erhöht werden.

Zwar bestreiten viele Abgeordnete, dass sie mit der Verabschiedung des Gehalts-Regulierungs-Gesetzes ihre eigenen Gehälter erhöhen, aber Palacios gibt zu, dass die Möglichkeit besteht, dass die Abgeordneten ihre Gehälter von knapp 3 200 US-Dollar pro Monat auf 3 500 US-Dollar erhöhen.

Palacios erklärt, dass als Folge des Gesetzes jedes Jahr mehr als 200 Millionen Córdobas (US$ 12.1 Millionen) eingespart werden. Der größte Teil des Geldes werde dazu benutzt, das derzeitige Defizit an Steuer-Einnahmen zu reduzieren. Der Rest des Gelds werde, laut Palacios, den Bereichen Gesundheit und Bildung zugute kommen. (La Prensa,13.4., 15.4.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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