Meldungen aus Nicaragua vom 26.12.2006
- Ortega trifft sich mit Vertretern internationaler Finanzinstitutionen
- Nationalversammlung lehnt Bolanos' Veto gegen das Organisationsgesetz ab
- Chinese government condemns ratification of Nicaraguan-Taiwanese trade agreement
- Trivelli: we will insist on destruction of SAM-7 missiles
- US Judge confiscates US$700,000 in Alemán family accounts
- FSLN-Regierung will innerhalb von fünf Jahren Analphabetismus beseitigen
- New Agricultural Minister promises to prioritise small farmers
- Two Nicaraguans lost on way to USA
Ortega trifft sich mit Vertretern internationaler Finanzinstitutionen
Am 19. Dezember traf sich der künftige Präsident Daniel Ortega mit Vertretern der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Das Treffen fand in der Zentrale der Sandinistischen Partei (FSLN) in Managua statt. Der FSLN-Abgeordnete Bayardo Arce beschrieb die Treffen als "vorläufige" und "informelle" Diskussion über die Wirtschaftspolitik, die Ortega während seiner fünfjährigen Regierungszeit realisieren will.
Vormittags traf sich Ortega mit einer Abordnung der IDB unter Führung des Präsidenten der Institution Luis Moreno. Moreno, der das Treffen als "sehr gut" bezeichnete, sagte, er könne bestätigen, dass "Ortegas daran interessiert sei, dass Nicaragua seine makroökonomische Stabilität aufrecht erhalte, aber er sei auch bereit zu hören, welche Bereiche Ortega besondere Sorgen bereiten und welche Aufgaben er in allernächster Zukunft schwerpunktmäßig in Angriff nehmen will." Moreno listete Wasser, Hygiene, die Energie-Krise, die Gründung einer nicaraguanischen Entwicklungsbank und den Agrarsektor als die Bereiche auf, die Ortega als besonders dringlich genannt hatte.
Über die Möglichkeit einer Wirtschaftsförderung für 2007 durch die IDB, darunter unter Umständen ein Kredit von bis zu 100 Millionen US-Dollar, soll im Januar nach der Amtseinführung der künftigen Regierung weiter nachgedacht werden. Die IDB hat Nicaragua im Laufe der vergangenen fünf Jahre Kredite von über 520 Millionen US-Dollar gewährt, Geld, das, laut Moreno, verwendet wurde, um im Hinblick auf die Grundbedürfnisse der Menschen nach Wasser, Hygiene und Elektrizität infrastrukturelle Verbesserungen vorzunehmen.
Später am Tag traf sich Ortega mit einer IWF-Delegation unter Leitung von Anoop Singh, IWF-Vertreter für die Westliche Hemisphäre. Laut Singh brachte der künftige Präsident zum Ausdruck, dass er einerseits die makroökonomische Stabilität des Landes sowie eine niedrige Inflationsrate aufrecht erhalten will; andererseits wolle er Armut und Arbeitslosigkeit reduzieren und erreichen, dass alle Regionen Nicaraguas vom Wirtschaftswachstum des Landes profitieren. "Ich sagte Ortega, dass ich mit seinen Plänen einverstanden bin," sagte Singh.
Der IWF-Vertreter sagte, es gebe keine feste Tagesordnung für das Treffen, es ginge ihm nur darum, Ortegas Meinung und seine Pläne für die Wirtschaft des Landes zu erfahren. Weitere Treffen mit der künftigen Regierung seien für Januar angesetzt, sagte Singh, und wenn die neue Regierung eine Vereinbarung mit dem IWF treffen wolle, "werden wir uns ihre Vorstellungen anhören und uns damit befassen."
Nicaraguas jüngstes IWF-Programm endete am 12. Dezember. Seit 1990 wird auf Nicaragua ein striktes IWF-Programm angewandt. Während der IWF und die bisherige Regierung behaupten, die nicaraguanische Wirtschaft sei stabil und entwickle sich, macht eine wachsende Mehrheit nicaraguanischer Familien die Erfahrung, dass die finanzielle Notlage und das wirtschaftliche Elend seit Einführung des IWF-Programms ständig zunehmen. (El Nuevo Diario, 19. 12.; La Prensa, 19. 12.)
Nationalversammlung lehnt Bolanos' Veto gegen das Organisationsgesetz ab
Anfang der Woche legte Präsident Enrique Bolanos sein Veto ein gegen das kürzlich beschlossene Organisationsgesetz. Er erklärte, der Beschluss "verletzt die in der Verfassung festgelegten Bürgerrechte", weil darin festgelegt wird, dass jemand sich strafbar macht, wenn er einer Aufforderung, vor der Nationalversammlung zu erscheinen, nicht nachkommt. Bolanos kritisierte mehrere Punkte, die die Nationalversammlung betreffen, darunter einen Artikel, der den Delegierten das Recht abspricht, beim Vorstand der Nationalversammlung Anträge einzureichen. Der Noch-Präsident erklärte, dass ein solches Gesetz "keinen Sinn mache"; er nannte es undemokratisch und diktatorisch.
Am 23. Dezember stimmte die Nationalversammlung gegen das Veto des Präsidenten und ratifizierte das Gesetz mit einer Mehrheit von 64 Stimmen. In Abwesenheit von Eduardo Gómez, dem Präsidenten der Nationalversammlung, hatte der Vizepräsident des Parlaments René Nunez die Sondersitzung einberufen (das Legislativ-Jahr endete am 15. Dezember), um das Veto des Präsidenten zu diskutieren und darüber abzustimmen.
Die Reaktion von Bolanos auf die Abstimmung war, dass er die Sondersitzung für "illegal" erklärte, da die Verfassung vorsieht, dass, wenn die Regierungsgeschäfte ruhen, nur der Präsident der Republik das Recht hat, eine Sitzung einzuberufen. FSLN und PLC bestreiten seine Auslegung der Verfassung. Bolanos seinerseits nannte die Parlamentsabgeordneten eine "Gang korrupter Leute" und sagte, sobald das Gesetz in Kraft trete, seien die Nicaraguaner einer "zweiköpfigen Diktatur" auf Gnade und Recht ausgeliefert; damit bezog er sich auf den FSLN-PLC-Pakt.
Der PLC-Delegierte Wilfredo Navarro erklärte, das Parlament habe den Beschluss gefasst, das Veto des Präsidenten abzulehnen, weil die Begründung dafür "kindisch" sei. Der FSLN-Delegierte Edwin Castro meinte, vielleicht "hat Bolanos das Gesetz nicht sorgfältig genug gelesen," denn die Begründung seines Vetos sei "nicht stimmig". Castro betonte, das Gesetz sei notwendig, weil die Nationalversammlung die einzige Staatsgewalt sei, die nicht über ein Organisationsgesetz verfügt, und weil die Verfassungsreformen von 1995 und 2000 dazu geführt haben, dass das derzeit gültige Regelwerk, das Statut der Nationalversammlung, nicht mehr anwendbar sei. Das Gesetz tritt am 1. Januar in Kraft. (El Nuevo Diario, 19. 12., 21. 12., 22. 12., 23. 12., 24. 12.; La Prensa, 19. 12., 23. 12., 24. 12.)
FSLN-Regierung will innerhalb von fünf Jahren Analphabetismus beseitigen
Am 20. Dezember kündigte der künftige Minister für Erziehung, Kultur und Sport Miguel de Castillo an, dass der künftige Präsident Daniel Ortega plane, den Analphabetismus in Nicaragua mit Unterstützung der kubanischen Regierung und anderer ausländischer Organisationen innerhalb seiner fünfjährigen Regierungszeit zu beseitigen. Laut offiziellen Angaben können 1,2 Millionen NicaraguanerInnen nicht lesen und schreiben; allerdings liegt die tatsächliche Anzahl vermutlich beträchtlich höher. Die Bevölkerung in den ländlichen und halb-ländlichen Regionen dürfte vom Analphabetismus in besonderem Maße betroffen sein.
Seit 2005 gibt es in Regionen, die mehrheitlich sandinistisch sind, das Alphabetisierungsprogramm "Ja, ich kann", dem ein kubanisches Modell zugrunde liegt. Das hat dazu geführt, dass Zehntausende Nicaraguaner gebührenfrei lesen und schreiben gelernt haben. Nach der Inauguration von Ortegas Regierung am 10. Januar wird das Programm, laut Castilla, zusätzliche Mittel in beträchtlicher Höhe erhalten und auf nationaler Ebene durchgeführt werden.
Der erste Schritt wird darin bestehen, landesweit eine Erhebung durchzuführen, durch die festgestellt wird, in welchen Gebieten besonderer Bedarf besteht. Laut de Castillo "wird sich dabei auch herausstellen, dass dringender Bedarf am Bau zusätzlicher Schulen besteht." Er weist darauf hin, dass eine große Anzahl kubanischer LehrerInnen nach Nicaragua geschickt werden sollen, die Nicaragua helfen, das Programm durchzuführen. De Castillo erklärt, dass für die FSLN-Regierung Erziehung "eine Waffe im Kampf gegen Armut" ist.
Der künftige Erziehungsminister wies außerdem darauf hin, dass vom 11. Januar an Eltern "verpflichtet" sind, ihre Kinder in die Schule zu schicken. Das bedeutet, dass "wir garantieren müssen, dass Primarschulbildung vollkommen gebührenfrei ist" und dass wir "nach Wegen suchen müssen, Kinder mit Schuluniformen zu versorgen, damit Armut künftig nicht mehr eine Entschuldigung dafür ist, dass Kinder nicht in der Schule angemeldet werden."
Nach Angaben aus dem Erziehungsministerium gehen derzeit 800 000 Kinder und Jugendliche im Primar- und Sekundarschulalter nicht zur Schule, und ein Drittel von denen, die sich zu Beginn des Schuljahrs einschreiben, bleiben später aus finanziellen Gründen weg. (El Nuevo Diario, 20. 12.)
Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Paul Baker Hernández.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold.
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