Meldungen aus Nicaragua vom 31.07.2006

  1. Wahlrat bestreitet Versagen bei der Ausgabe der Wähler-Ausweise
  2. Acht Menschen erblinden auf einem oder beiden Augen nach Operation durch US-Medizin-Brigade
  3. Regierung unterstützt Öl-Vereinbarung. Bedingung: Schulden-Streichung
  4. Halleslevens: Foreign Ministry must look into Honduran military base
  5. Bolaños proposes budget supplemental bill for "unforeseen expenditures"
  6. WTO: Government should improve infrastructure to make country more "competitive" 7. Government claims 5.5% reduction in child labor
  7. Nicaragua is seriously considering "friendly solution" in human rights case

Wahlrat bestreitet Versagen bei der Ausgabe der Wähler-Ausweise

Am 25. Juli protestierten Hunderte junger Leute vor dem zentralen Büro des Obersten Wahlrats (CSE) gegen das, wie sie es nannten, Versagen des Wahlrats, der nicht in der Lage sei, in dieser entscheidenden Zeit vor den Wahlen Wähler-Ausweise dem Bedarf entsprechend zu drucken und auszugeben. Nicaraguanische StaatsbürgerInnen, die älter als 16 sind, haben das Recht zu wählen, aber ohne Wähler-Ausweis können sie dieses Recht nicht wahrnehmen. Das Wahlgesetz legt fest, dass es nicht zulässig ist, dass Bürger innerhalb eines Zeitraums von 90 Tagen vor allgemeinen Wahlen noch einen Wähler-Ausweis beantragen. Damit soll eine Manipulation der Wahlergebnisse vermieden werden. Dementsprechend wird der CSE nach dem 6. August keine Anträge auf Wähler-Ausweise mehr annehmen.

Die Kundgebung wurde von der "Bewegung für Nicaragua" organisiert, einer Gruppe, die behauptet, dass über 800 000 nicaraguanische Staatsbürger, von denen die meisten junge Leute sind, keinen Wähler-Ausweis besitzen und deshalb nicht in der Lage sein werden zu wählen. Offensichtlich haben 500 000 von ihnen keinen Antrag auf einen Wähler-Ausweis gestellt, während die restlichen 300 000 ihren Antrag eingereicht haben und nun darauf warten, dass ihr Ausweis gedruckt wird.

Die "Bewegung für Nicaragua", ein Gruppe, die mit der so genannten "Anti-Pakt"-Allianz von Eduardo Montealegre (ALN-PC) und Edmundo Jarquín (MRS) sympathisiert, warf auch dem mehrheitlich sandinistisch und liberal-konstitutionalistisch (PLC) ausgerichteten CSE vor, Wähler-Ausweis-Anträge, deren Antragsteller der politischen Ausrichtung der CSE-Mitglieder entspricht, zügiger zu bearbeiten.

Zuvor, am 24. Juli, bot der Oberste Rat Privater Unternehmen (COSEP) dem Wahlrat an, ihm in einer Kampagne zu helfen, durch die junge Leute über 16 ermuntert werden sollen, einen Wähler-Ausweis zu beantragen.

Am 27. Juli nannte Enrique Bolanos die gleichen Zahlen, die die "Bewegung für Nicaragua" veröffentlicht hatte: Mindestens 800 000 vorwiegend Jugendliche hätten keinen Wähler-Ausweis; anschließend wiederholte er die Aufforderung von COSEP an den CSE, eine Kampagne zu initiieren, durch die junge Leute zur Beantragung eines Wähler-Ausweises ermuntert werden.

Am 26. Juli verteidigte der Präsident des Wahlrats Roberto Rivas sein Büro. Er warf der "Bewegung für Nicaragua", COSEP und der Zentralregierung vor, sie veranstalte eine Kampagne, durch die der CSE in der entscheidenden Vorwahlperiode diskreditiert werden soll. Laut Rivas ist die Behauptung, 800 000 nicaraguanische Bürger seien ohne Wähler-Ausweis, falsch. Diese Zahl stimme nicht mit den Angaben des Nationalen Zensus überein, der im Jahr 2005 erhoben worden ist. Er wies außerdem darauf hin, dass die von der "Bewegung für Nicaragua" dem CSE übergebene Liste derjenigen Staatsbürger, die angeblich keine Ausweise haben, sowohl Namen von Bürgern enthält, die unter 16 sind, als auch die Namen einiger Leute, die bereits Ausweise haben. Weiter wies Rivas darauf hin, dass zwei Leute, die am 25. Juli an der Kundgebung gegen den CSE teilgenommen haben, gegenüber einem Mitarbeiter des CSE zugegeben hätten, dass sie für die Teilnahme bezahlt worden seien.

Laut CSE-Mitarbeitern, die in lokalen Wahlbüros in den verschiedenen Teilen des Landes tätig sind, sind die Büros sowohl in den Abendstunden als auch an Wochenenden zusätzlich geöffnet, um BürgerInnen die Möglichkeit zu geben, noch in letzter Minute einen Leser-Ausweis zu beantragen. (El Nuevo Diario, 25. 7., 26.7., 27. 7.; La Prensa, 25. 7., 29. 7., Radio Liberación, 26. 7.)

Acht Menschen erblinden auf einem oder beiden Augen nach Operation durch US-Medizin-Brigade

Mindestens acht von 35 älteren Bewohnern aus Armenvierteln von Estelí und von Dörfern im Umkreis werden auf einem oder beiden Augen erblinden, nachdem sie von der US-Medizin-Brigade "Helfende Hände" am Grauen Star operiert worden sind. Das tragische Geschehen wurde am 27. Juli bekannt und von Dr. Norman Jiron, dem Leiter des Gesundheits-Regulierungs-Zentrums im Gesundheitsministerium (MINSA), bestätigt.

Mehrere Tage nach den Operationen, die zwischen dem 10. und dem 14. Juli stattfanden, kam es bei mehreren Patienten in einem oder beiden Augen zu Infektionen. Die Patienten wurden in das Nationale Ophthalmologische Zentrum in Managua gebracht, aber tragischerweise war es zu spät, um ihr Augenlicht zu retten. Das Schicksal weiterer sieben Menschen, die von der Brigade operiert wurden und bei denen sich Anzeichen einer Infektion in einem oder beiden Augen zeigen, ist noch ungewiss.

Dr. Jiron verweigerte eine Antwort auf Fragen im Hinblick auf ein neun-Monate-altes Baby, das starb, nachdem es einige Tage zuvor von der gleichen Brigade wegen einer Hasenscharte operiert worden war. "Alles, was ich sagen kann, ist, dass wir hinsichtlich beider Fälle Erkundigungen einziehen."

Am 28. Juli wurde bekannt, dass bei einigen der Medikamente, die von der Brigade benutzt wurden, die Verwendbarkeits-Daten überschritten waren, was möglicherweise zu den tragischen Folgen der Operationen beigetragen hat. Das wurde auch von Dr. Jiron bestätigt, obwohl er sagte, dass die Gründe für die Infektionen, die bei den Patienten auftraten, noch untersucht werden. Dr. Jorge Lopez, Delegierter des Gesundheitsministeriums für Estelí, sagte, dass sich die US-Medizin-Brigade nur eine Woche in Estelí aufgehalten hat. In dieser Zeit führten die Ärzte 179 Operationen auf den Gebieten plastische, allgemeine, orthopädische und Augen-Chirurgie durch. Laut Aussage von Ärzten im Regional-Krankenhaus in Estelí führen örtliche Spezialisten pro Woche etwa vier Graue-Star-Operationen durch, während die US-Ärzte täglich zwölf durchführten. Vielleicht waren die chirurgischen Geräte nicht gründlich genug sterilisiert, überlegten Ärzte; dadurch könnte es zu bakteriellen Infektionen bei den Patienten gekommen sein.

Der Fall hat in den Medien zu großer Empörung geführt mit einzelnen Vermutungen, die Organisation "Helfende Hände" würde unerfahrene Ärzte oder Medizinstudenten schicken, um bei Nicaraguanern praktische Erfahrungen zu sammeln; von pro-sandinistischen Medien dagegen wird vermutet, dass das eigentliche Ziel der Brigade war, einen Gegenpol zu setzen gegenüber den positiven Ergebnissen, die die sandinistische Partei erzielt, indem sie sich für "Mission Miracle" einsetzt und deren Arbeit koordiniert, durch die bereits Hunderte von NicaraguanerInnen nach Cuba und Venezuela geschickt worden sind, wo sie unentgeltlich und erfolgreich am Grauen Star operiert wurden.

Sixto Ulloa, Sonder-Ombudsmann für Bürgerbeteiligung, gab am 29. Juli bekannt, sein Büro werde den von der Tragödie betroffenen Familien Rechtsberatung anbieten und sich dafür einsetzen, dass der Bericht des Gesundheitsministeriums über den Fall keine wichtigen Informationen unter den Tisch kehrt. "Viele der Betroffenen werden künftig nicht mehr arbeiten können," erklärte Ulloa. Eine Anzahl von Familienmitgliedern von Betroffenen sowie Betroffene selbst haben bereits betont, sie planten juristische Schritte gegenüber dem Gesundheitsministerium, um Entschädigung zu erhalten. (El Nuevo Diario, 26. 7., 27. 7., 29. 7.; Canal 4 Estelí, 27. 7., 28. 7.; Radio Ya!, 27. 7.)

Regierung unterstützt Öl-Vereinbarung. Bedingung: Schulden-Streichung

David Castillo, Präsident des Nicaraguanischen Energie-Instituts, schickte am 24. Juli ein Schreiben an Präsident Enrique Bolanos und an den Bürgermeister von Managua Dionisio Marenco, in dem er beide Männer dringend aufforderte, gemeinsam die Voraussetzungen zu schaffen, dass venezolanisches Öl zu Sonderkonditionen importiert werden kann. Das ist Teil einer Vereinbarung zwischen der venezolanischen staatlichen Öl-Gesellschaft PDVSA und der Vereinigung nicaraguanischer örtlicher Verwaltungen AMUNIC. In seinem Schreiben erklärte Castillo, dass die Vereinbarung "der Bevölkerung von Nicaragua große Vorteile" bringe; dazu gehöre die "sofortige Senkung der Elektrizitätsgebühren um 15%". Castillo wies darauf hin, dass der Ölpreis auf dem internationalen Markt dabei ist, eine weitere "beträchtliche Steigerung" zu erfahren, was wieder zu einem Chaos in der internationalen Wirtschaft und zu neuem Elend in der Bevölkerung führen wird.

Bisher hat Präsident Bolanos sich geweigert, die Vorratsbehälter der staatlichen Gesellschaft Petronic zur Verfügung zu stellen, damit das Öl direkt nach Nicaragua importiert werden kann. Am 26. Juli jedoch erklärte Mario Arana, der Präsident der Nicaraguanischen Zentralbank (BCN), die Regierung ist "bereit die Öl-Vereinbarung, die zwischen PDVSA und AMUNIC getroffen worden ist, zu unterstützen;" und erfügte hinzu: "Die Behauptung, dass die Regierung die Benutzung der Vorratsbehälter von Petronic verbietet, ist völlig falsch." Mehrere Radio-Sender verkündeten draufhin, die Regierung habe den direkten Import des venezolanischen Öls beschlossen. Was viele Radio-Reporter dabei nicht erwähnten, war die Tatsache, dass die Regierung ihre Unterstützung der Vereinbarung von der Streichung der 31,3 Millionen Schulden abhängig macht, die Nicaragua bei der südamerikanischen Nation hat. (El Nuevo Diario, 25. 7., Radio AC, 26. 7.; TV Kanal 4, 26. 7.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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