Meldungen aus Nicaragua vom 10.12.2007

  1. Oppositionsparteien bilden "Block gegen die Diktatur", um gegen Regierungsvorhaben vorzugehen
  2. Government attempts to nationalize importation of oil
  3. Central Bank announces repurchase of foreign commercial debt
  4. Private electrical generators threaten to suspend operations
  5. Katholische Bischofskonferenz kritisiert Regierung in Weihnachtsbotschaft
  6. Ortega to demand US$1 billion US investment for fight against drugs in Central America
  7. Attorney General gives property titles to 16 Mayangna communities
  8. Caribbean and Central American Action warns of catastrophic effects of rising price of oil

Oppositionsparteien bilden "Block gegen die Diktatur", um gegen Regierungsvorhaben vorzugehen

Der Machtkampf zwischen der sandinistischen Regierung und den Oppositionsparteien um die Frage der Legalität der kürzlich eingerichteten Bürgerräte (CPS) nahm in dieser Woche neue Dimensionen an, als führende Mitglieder der vier in der Nationalversammlung vertretenen Oppositions-Fraktionen eine öffentliche Erklärung unterzeichneten, in der sie die Bildung eines "Blocks gegen die Diktatur" der Regierung Daniel Ortegas ankündigten. Laut Erklärung der Vertreter der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC), der Nicaraguanischen Liberalen Allianz-Konservative Partei (ALN-PC), der Fraktion für Einheit und der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) haben die vergangenen Wochen Ortegas "totalitäre Amtsauffassung" zu Tage gebracht. Die Oppositionsparteien fassten den Beschluss, sich zu einem Block gegen die Regierung zusammenzuschließen, nachdem sechs sandinistische Richter des Obersten Gerichtshofs am 5. Dezember ein Urteil veröffentlicht hatten, laut dem die CPSs legal sind.

Nach wiederholten Drohungen der Oppositionsparteien, Parlamentspräsident Rene Nunez (Sandinist) seines Postens zu entheben, kamen die sieben Mitglieder des Vorstands der Nationalversammlung überein, das kürzlich beschlossene Gesetz 630 zu veröffentlichen. Durch Gesetz 630 war die Satzung, unter der die CPSs gegründet worden waren, geändert worden, indem ihnen jegliche gesetzliche Verankerung genommen wurde. Die Nationalversammlung hatte Präsident Ortegas Veto gegen das Gesetz überstimmt. Der Beschluss, das Gesetz zu veröffentlichen, erfolgte, obwohl ein Berufungsgericht in Managua bestimmt hatte, dass es nicht veröffentlicht werden dürfe. Als Antwort auf den Beschluss, das Gesetz 630 zu veröffentlichen, berief Francissco Rosales (Sandinist), Präsident des Verfassungsausschusses des Obersten Gerichtshofs, eine Dringlichkeitssitzung des Gerichts ein, um die Rechtmäßigkeit der Entscheidung zu prüfen. Die drei liberalen Mitglieder des Gerichts (Damisis Sirias, Ivan Escobar und Guillermo Selva) weigerten sich jedoch, an der Sitzung teilzunehmen. Das veranlasste Rosales, drei andere Richter des Obersten Gerichtshofs (Juana Mendez, Armengol Cuadra und Ligia Molina, alles Sandinisten) zur Sitzung einzuladen, um damit ein gültiges Urteil herbeiführen zu können.

Für 21 Uhr luden die sechs sandinistischen Richter zu einer Pressekonferenz ein, auf der sie ihr Urteil bekannt gaben: Sie erklärten die Einrichtung der CPCs für gesetzeskonform und das Gesetz 630 für "verfassungswidrig". Laut Urteil des Obersten Gerichtshofs gibt die nicaraguanische Verfassung nicaraguanischen Bürgern das Recht, sich zu organisieren und sich unmittelbar an Beschlussfassungen über nationale Fragen zu beteiligen. Die Richter nannten Gesetz 630 verfassungswidrig, weil darin versucht wird, der Exekutive Möglichkeiten zu verweigern, die durch die Verfassung gedeckt sind.

Richter Rosales sagte, mit dem Urteil wolle der Verfassungsausschuss erreichen, dass der Konflikt zwischen Legislative und Exekutive in Nicaragua beigelegt wird. Er begründete die Entscheidung des Gerichts mit dem Hinweis, dass in allen Teilen der Welt Gesetze, die der Gesellschaft ihr Recht, sich zu organisieren, absprechen, als verfassungswidrig angesehen werden. Des Weiteren sagte Rosales, dass unter Enrique Bolanos durch Präsidentschafts-Dekrete eine Reihe Räte geschaffen wurden und die Legislative damit keine Probleme hatte.

Der Vorsitzende des Obersten Gerichtshofs Manuel Martinez (Liberaler) sah die Dinge jedoch völlig anders. "Ich bin über den Coup, den sie im Obersten Gerichtshof landen wollen, alarmiert," sagte Martínez und fügte hinzu: "Die FSLN ist dabei, auf den Obersten Gerichtshof einen Anschlag auszuüben." Laut Martínez hat Rosales die liberalen Mitglieder des Verfassungsausschusses nicht zur Sitzung einberufen, sondern sie einfach durch drei sandinistische Richter ersetzt, und deshalb ist der Beschluss des Gerichts ungültig.

Führende Vertreter der Oppositionsparteien waren empört über den Beschluss des Obersten Gerichtshofs und trafen sich am 6. Dezember, um ihr weiteres Vorgehen zu diskutieren. Am 7. Dezember wurde in einer öffentlichen Erklärung die Gründung des "Blocks gegen die Diktatur" bekanntgegeben. Die Erklärung ist unterzeichnet von Maximino Rodriguez, Fraktionsvorsitzender der PLC, Eduardo Montealegre, Vorsitzender der ALN-PC, Maria Eugenia Sequeira, Fraktionsvorsitzende der ALN-PC, Yamiletz Bonilla, Vorsitzender der kürzlich gegründeten Fraktion für Einheit, Enrique Saenz, Fraktionsvorsitzender der MRS, und Victor Hugo Tinoco, MRS-Abgeordneter. Ziel des Blocks ist es, Nationalversammlung und Obersten Gerichtshof in ihrer verfassungsmäßig festgelegten Form zu verteidigen, indem sie Präsident Ortega zwingen, die Nationalversammlung als Gesetzgebungsorgan und den Obersten Gerichtshof in seiner Unabhängigkeit wieder anzuerkennen.

Der Block sagte, die institutionelle Krise werde verschärft durch Drohungen seitens "sandinistischer Funktionäre gegen demokratische Kräfte, soziale Bereiche, den Handel, das private Unternehmertum und die Zivilgesellschaft." In der öffentlichen Erklärung hieß es, FSLN-Funktionäre hätten sogar gedroht, "das Land zu militarisieren, Eigentum privater Firmen zu konfiszieren und Oppositionsführer zu verhaften." Der ‚Block gegen die Diktatur' "verurteilt Präsident Ortegas totalitäres Auftreten" und weist darauf hin, dass "Ortega alles tut, die sogenannte Volksdemokratie zu festigen, dabei jedoch "die demokratischen Einrichtungen des Landes zerstört."

Des Weiteren werden die CPSs in der Erklärung als "illegal, unerlaubt und nicht-existent" bezeichnet. Die Bevölkerung wird aufgerufen, sich zusammenzuschließen, um die öffentlichen Einrichtungen und die Errungenschaften der vergangenen Jahre der Demokratie zu verteidigen, und wegen des "institutionellen Verstoßes", den Ortegas Regierung begeht, die internationale Gemeinschaft zu alarmieren. Der Anti-Regierungs-Block erklärte, er werde in ständiger Alarmbereitschaft sein, bis die volle Kompetenz von Legislative und Jurisdiktion wieder hergestellt ist.

Zu den Maßnahmen, mit denen der Anti-Regierungsblock droht, um Druck auf Ortega auszuüben, gehören: 1) Debatte und Beschlussfassung über den Haushalt 2008 zu suspendieren, 2) den Haushalt für 2008 drastisch zu verändern, so dass wichtige Regierungsprogramme wie das Null-Hunger-Programm und das Null-Wucher-Programm wenig oder keine Mittel erhalten, 3) jedem Staatsangestellten den Prozess zu machen, der mit den CPSs zusammenarbeitet oder zulässt, dass die CPSs mit öffentlichen Mitteln arbeiten (angefangen bei Roger Ali Romero, dem Leiter des Staatlichen Unternehmens für Grundnahrungsmittel, ENABAS), und 4) die Demokratische Charta der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) anzuwenden.

ALN-PC-Sprecher Eliseo Nunez sagte, Präsident Ortega habe zwei Möglichkeiten, "entweder er gibt der Nationalversammlung ihre Kompetenz zurück und stellt damit das Kräftegleichgewicht unter den staatlichen Organen wieder her, oder er macht so weiter und löst damit die Nationalversammlung auf."

In einer Ansprache während einer politischen Veranstaltung am 8. Dezember bezeichnete Präsident Ortega die Mitglieder des "Blocks gegen die Diktatur" als "Senatoren des Empire". "Was für eine Kampagne sie jetzt angezettelt haben," sagte er, "sie, die sich die demokratischen Kräfte nennen …aber in Wirklichkeit Somozisten sind, sie tun sich alle zusammen, die PLC, die ALN und die MRS, um zu bekämpfen, was sie die sandinistische Diktatur nennen. Aber der Grund von all dem ist nur, dass wir nicht regieren, um die Reichen reicher zu machen, uns geht es darum, im Interesse der Armen zu regieren.

"Sie schlagen die Kriegstrommel," fuhr Ortega fort, "was für ein Weihnachten bieten sie, wenn sie die Kriegstrommel schlagen. Aber was für ein Krieg ist das? … Sie sind verrückt, total verrückt … sie haben noch nicht gemerkt, dass wir in einem friedlichen Nicaragua leben." (El Nuevo Diario, 7.12, 8.12., 9.12.; Radio La Primerísima, 5.12., 7.12., 10.12.; La Prensa, 8.12., Channel 2, 7.12., Channel 4, 8.12., 10.12.)

Katholische Bischofskonferenz kritisiert Regierung in Weihnachtsbotschaft

Die neun Mitglieder der Katholischen Bischofskonferenz Nicaraguas übten in ihrer Weihnachts- und Neujahrsbotschaft heftige Kritik an der sandinistischen Regierung. Zwar bewerteten die Bischöfe die Entscheidung der Regierung, der Bevölkerung das Recht auf freie Gesundheitsversorgung und freie Schulbildung zurückzugeben, positiv, aber die Gesamteinschätzung der Lage des Landes war sehr kritisch.

Die Bischöfe brachten ihre "Sorge" über die "institutionelle Krise, die aus der Einrichtung der Bürgerräte entstanden ist und die Bevölkerung beunruhigt," zum Ausdruck. Sie zeigten sich auch besorgt über "die möglichen wirtschaftlichen Folgen der politischen Linie der Regierung auf dem internationalen Sektor, …die Instabilität aufgrund häufigen Personalwechsels beim Staat, den Mangel an Toleranz, wie er sich in manchen staatlichen Einrichtungen und politischen Parteien zeigt, wenn sie kritisiert werden … und die Besorgnis in der Bevölkerung, weil die Regierung noch längst nicht alle Wahlversprechen erfüllt hat."

"Wir danken Gott," hieß es weiter in der Botschaft, dass die therapeutische Abtreibung unter Strafe gestellt wurde, "aber wir halten es für unabdingbar," dass Frauen, die während ihrer Schwangerschaft ernsthafte Komplikationen erleiden, vom Staat und ganz allgemein von der Gesellschaft mehr Hilfe erhalten.

Unterdessen hat Kardinal Miguel Obando y Bravo (inzwischen im Ruhestand und nicht mehr Mitglied der Bischofskonferenz) am 6. Dezember während eines Aufenthalts in Costa Rica, wo er in San José mit nicaraguanischen MigrantInnen die Purissima (das Fest der Unbefleckten Empfängnis Mariä) feierte, die Regierung verteidigt. Er war von Harold Rivas, dem nicaraguanischen Botschafter in San Jose, nach Costa Rica eingeladen worden. Dort sagte er, er begrüße es, dass die Regierung beschlossen hat, das Fest der Unbefleckten Empfängnis in Regierungseinrichtungen öffentlich zu begehen. (Radio La Primerísima, 6.12.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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