Meldungen aus Nicaragua vom 12.11.2007

  1. Ortega und Chavez verärgern den spanischen Monarchen auf dem 17. ibero-amerikanischen Gipfeltreffen
  2. Trivelli suggests there is "a dark shadow" passing over democracy in Nicaragua
  3. Sechs Plantagearbeiter gewinnen Prozess gegen Dole, während in Managua 3 000 über einen außergerichtlichen gütlichen Vergleich verhandeln
  4. Attempts to unite the right continue to fail
  5. Preisspirale für Grundprodukte demoralisiert die Bevölkerung weiterhin
  6. Pan American Health Organization praises Minister Cuan but her resignation is confirmed
  7. Managua hosts Central American congress on HIV/AIDS

Ortega und Chavez verärgern den spanischen Monarchen auf dem 17. ibero-amerikanischen Gipfeltreffen

König Juan Carlos von Spanien rief Präsident Hugo Chavez "Halt den Mund!" zu und verließ dann während der Rede des Präsidenten von Nicaragua Daniel Ortega auf der Schlusssitzung des 17. ibero-amerikanischen Gipfeltreffens, das in Santiago de Chile vom 8.-10. November stattfand, den Saal. Chavez verärgerte den König mit seinen Kommentaren über den früheren spanischen Ministerpräsidenten José María Aznar, einen emsigen Kritiker des Präsidenten von Venezuela: er nannte ihn einen Faschisten und Rassisten und beschuldigte ihn, den spanischen Botschafter in Venezuela angewiesen zu haben, den Staatsstreich gegen die Regierung Chavez im Jahre 2002 zu unterstützen.

Der spanische Ministerpräsident José Rodriguez Zapatero reagierte auf Chavez' Kommentare, in dem er forderte, er möge gegenüber Aznar mehr Respekt bekunden, der vom spanischen Volk demokratisch gewählt worden sei. Chavez jedoch fuhr mit seiner Kritik an dem früheren Ministerpräsidenten fort und veranlasste dadurch König Juan Carlos zu seinem Zwischenruf: " Warum hältst du nicht den Mund?" In Erwiderung auf des Königs Verbalattacke antwortete Chavez:" Mit der Wahrheit kann ich nicht beleidigen, noch fürchte ich sie zu sagen."

Nach der Rede von Chavez brachte es dann auch noch der Präsident von Nicaragua Daniel Ortega fertig, den spanischen Monarchen mit seiner wütenden Kritik an dem spanischen multinationalen Konzern Union Fenosa, der das Monopol auf den Elektrizitätsvertrieb in Nicaragua besitzt, in Rage zu bringen. Nicht genug damit zu sagen, dass 90% der Bevölkerung in Nicaragua sich gegen die weitere Anwesenheit des Konzerns in ihrem Lande ausgesprochen hätten, klagte Ortega den Konzern an, nicht nur die Kunden in Nicaragua schlecht zu beliefern, sondern darüber hinaus noch an Korruptionshandlungen innerhalb des Landes beteiligt gewesen zu sein. Ortega sagte, dass Union Fenosa " dank einer Regierung von Frontmännern nach Nicaragua gekommen ist" und dass seine Regierung die Privatisierung der Elektrizitätsbranche nicht erlaubt hätte. Er fuhr fort, dass geplante Investitionen im Bereich der Elektrizitätserzeugung auf Grund der Schulden von 35 Millionen Dollar aufgeschoben worden seien, die Union Fenosa bei den nationalen Energiegesellschaften habe. Union Fenosa, sagte er weiterhin, sei ein Teil "einer Mafiastruktur, einer Gangsterpolitik innerhalb der globalen Wirtschaft, deren Opfer unsere Länder dank der Tradition von Regierungen von Frontmännern sind."

Während Ortegas Angriffen auf den spanischen multinationalen Konzern stand König Juan Carlos auf und verließ den Saal. Laut offiziellen spanischen Quellen sei der König "verärgert durch die Kritik an Aznar, an Spanien und an den spanischen Auslandsdiensten." Der spanische Ministerpräsident Rodriguez Zapatero sagte, der König sei hinausgegangen " um das Missfallen der spanischen Delegation zum Ausdruck zu bringen." Unter den anderen lateinamerikanischen Präsidenten, die das Verhalten spanischer Konzerne in der Gegend kritisiert hatten, waren Evo Morales aus Bolivien, Nestor Kirchner aus Argentinien und Rafael Correa aus Ecuador.

Die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet überredete schließlich König Juan Carlos, nach der Rede von Ortega in das Plenum zurückzukehren, um an der Abschlusszeremonie des Gipfels teilzunehmen.

In einer früheren Rede hatte Ortega auf dem Gipfel vorgeschlagen, dass dieses Treffen in eine regionale Organisation umgeformt werden sollte, um die Organisation Amerikanischer Staaten ( OAS ) zu ersetzen. Ortega beschrieb die OAS als " ein (politisches) Instrument der USA" und sagte, Lateinamerika und die Karibik seien " verpflichtet, unsere eigene Organisation zu schaffen, eine Organisation der Menschen und Staaten von Lateinamerika und der Karibik… Richten wir ein solides Forum ein, auf dem wir beginnen können, vom Süden aus Politik zu gestalten, unter der Mithilfe von Spanien und Portugal…, so dass wir besser unsere Interessen…gegenüber den USA, Europa und China verteidigen und verhandeln können."

Das ibero-amerikanische Gipfeltreffen findet jährlich mit dem Ziel statt, Lateinamerika, die Karibik, Spanien und Portugal zu vereinen, um gemeinsame Belange und Probleme zu diskutieren. In diesem Jahr war "sozialer Zusammenhalt" das zentrale Thema des Gipfels. (El Nuevo Diario 11.+12.11., Radio La Primerísima, 09.+10.11., TV-Kanal 4, 12.11.)

Sechs Plantagearbeiter gewinnen Prozess gegen Dole, während in Managua 3 000 über einen außergerichtlichen gütlichen Vergleich verhandeln

Der einen Meilenstein bedeutende Sieg, den sechs nicaraguanische Plantagearbeiter vor Gericht gegen die mächtigen US-amerikanischen multinationalen Konzerne Dole Food Company und Dow Chemical Company errungen haben, wurde von Hunderten früherer Bananenpflücker, ihren Familien und Freunden in den Straßen von Chinandega am 5.November gefeiert. Eine Jury von 12 Mitgliedern verkündete ihr Urteil am Oberlandesgericht von Los Angeles am Nachmittag des 5.November. Dow und Dole wurden für schuldig befunden, die ernsthaften Gesundheitsprobleme verursacht zu haben, die die sechs Arbeiter als Ergebnis der Tatsache erlitten haben, dass sie dem tödlichen Pestizid Nemagon auf den Bananenplantagen in Nicaragua während der1970er und 1980er Jahre ausgesetzte waren. Den beiden multinationalen Konzernen wurde auferlegt, als Entschädigung 3,3 Millionen Dollar an die sechs Nicaraguaner zu zahlen. Die Jury befand, dass die anderen sechs nicaraguanischen Plantagearbeiter keine ernsthaften Gesundheitsprobleme als Folge ihrer Arbeit auf den Bananenplantagen erlitten hätten.

Nur ein paar Stunden, nachdem das Urteil verkündet wurde, gab Dole eine Presseverlautbarung heraus, in der angekündigt wurde, die Entscheidung anzufechten. Die Verlautbarung begann mit den Worten, Dole sei " glücklich über die Feststellungen der Jury, die sich auf sechs der zwölf handverlesenen Kläger beziehen ( über die befunden worden war, keine Gesundheitsprobleme durch den Kontakt mit Nemagon erlitten zu haben)…Diese Urteile senden eine starke Botschaft aus, dass Falschaussagen vor Gericht keinen Bestand haben…Aber die sechs Urteile gegen Dole sind eindeutig falsch und das Ergebnis unseriöser Wissenschaft, grober gefühlsmäßiger Appelle und Falschaussagen."

"Diese sechs Männer wurden nicht durch DBCP (Nemagon) oder Dole verletzt," heißt es in der Pressemitteilung weiter," und es ist ungerecht, ihnen Geld von uns zuzusprechen…Dole ist bereit, Prozesse überall in der Welt zu führen, wo es ein faires und unabhängiges Gerichtsverfahren gibt…Dole lässt sich nicht durch hässliche Anklagen, arglistige Behauptungen, unseriöse Wissenschaft oder Drohungen von US Prozessanwälten einschüchtern und ist bereit, jedweden Fall durch alle Instanzen durchzufechten."

Dann, am 8.November, verkündete die Jury das Urteil über die zweite der drei Anklagen, die gegen die US Konzerne erhoben wurden: es wurde befunden, dass sich Dole und Dow voll bewusst gewesen wären, dass sich Nemagon auszusetzen bei den Arbeitern Gesundheitsschäden verursachen würde. Die Jury entschied, dass es die Konzerne trotz ihrer Kenntnis über die Konsequenzen für die Gesundheit der Arbeiter unterlassen hätten, die Arbeiter über die Gefahren zu informieren oder für Schutzkleidung zu sorgen, um das Risiko zu vermindern. Die Jury muss jetzt noch das Urteil über die letzte der drei Klagen über andere strafbare Schädigungen, die die Arbeiter erlitten haben, sprechen.

Der Anwalt der Kläger Duane Miller sagte, dass " wir im Namen unserer Klienten sehr erfreut sind, dass für Dole endlich vor Gericht die Stunde geschlagen hat, dass (Dole) endlich dazu gebracht worden ist, dem, was sie angerichtet haben, ins Auge schauen zu müssen."

Inzwischen verkündete in Managua der Führer der Vereinigung der Arbeiter und früheren Arbeiter, die von Nemagon betroffen sind, Victorino Espinales, dass die 3 000 Arbeiter, die diese Vereinigung vertritt, einen außergerichtlichen Vergleich mit Dole verhandeln. "Wir haben beschlossen, selbst eine Lösung zu suchen und nicht weiterhin von den Gnaden von Rechtsanwälten abhängig zu sein, die uns nur das Geld entreißen wollen, das wir vielleicht durch die Gerichte gewinnen.."

Die Mitglieder dieser Arbeiterorganisation, die von Nemagon betroffen sind, leben seit Mai in einem behelfsmäßigen Lager im Pedro Joaquin Chamorro Park in der Nähe der Nationalversammlung in Managua. Nach den Worten von Espinales hat die Organisation ein Absichts- und Vereinbarungsabkommen mit Dole unterzeichnet. Espinales sagte, dass er nicht glaube, dass der jüngste Sieg von sechs nicaraguanischen Plantagearbeitern vor Gericht in den USA von Bedeutung sei.
(El Nuevo Diario, 06.,07.,09.+12.11., Radio La Primerísima, 06.11., Presseverlautbarung von Dole in englischem Original)

Preisspirale für Grundprodukte demoralisiert die Bevölkerung weiterhin

Die ständig steigenden Preise für die allernotwendigsten Produkte als Ergebnis der Preissteigerungen für diese Produkte auf dem internationalen Markt zusammen mit der weiter steigenden Nachfrage nach von Öl abhängigen Produkten sind schnell das drängendste Problem für die Normalbevölkerung in Nicaragua geworden. Kreuz und quer im Land verzweifeln die kleinen und mittleren Produzenten von Grundnahrungsmitteln und Besitzer von kleinen Läden und Imbissen, da der Gewinnspielraum praktisch auf Null sinkt, und der Verkauf zurückgeht, da der Lohn der Arbeiter in einem solchen Maße entwertet wird, dass die Verbraucher gezwungen sind, weniger zu kaufen oder auf die notwendigsten Grundprodukte zu verzichten.

Der Dominoeffekt beginnt mit der fortgesetzten Preissteigerung für Benzin, Kerosin und Gas. Das Nicaraguanische Institut für Energie (NIE) bestätigte, dass die letzte Woche die vierte Woche in Folge war, in der die Preise für alle von Öl abhängigen Produkte gestiegen sind. Ein Liter (1,05 Quart) Superbenzin kostet in Nicaragua jetzt 1,07 Dollar. Die Benzinpreiserhöhung hat einen Dominoeffekt auf die Preise der öffentlichen Verkehrsmittel und den Transport von Gütern vom Produktionsstandort zu den örtlichen Lagern.

NIE genehmigte in dieser Woche die neunte Preiserhöhung für Haushaltsgas. Am 11.November stieg der Preis für Gas zum Kochen um 3,32%. Während der letzten 12 Monate hat das Haushaltsgas eine Preissteigerung von 42,3% erfahren. Letzte Woche stellte NIE fest, dass mehr als 40% der Gasflaschen, die in Managua an die Leute verkauft worden sind, nicht voll waren.Gonzalo Salgado, Koordinator des Netzwerkes für Verbraucherschutz, sagte, dass NIE unverantwortlich gehandelt habe, die Preiserhöhung zu genehmigen, nachdem es festgestellt habe, dass die Firmen die Gasflaschen nicht vollständig gefüllt hätten.

Viele Familien sind jetzt nicht in der Lage, Haushaltsgas zu kaufen und müssen stattdessen Holz, Holzkohle und Kerosin zum Kochen verwenden. Als Ergebnis der gestiegenen Nachfrage nach Holz jedoch wird dieses knapp und verursachte so in den letzten beiden Monaten eine Verdoppelung des Preises in der Umgebung von Managua . Dies bedeutet, dass viele Familien, die sich keinerlei Material zum Kochen leisten können, sich nun bereits zubereitetes Essen kaufen. Die meisten örtlichen Läden verkaufen jetzt gekochte Bohnen in Plastikbeuteln.

Der Preisanstieg für Haushaltsgas und in der Folge von Holz ist auch ein Schlag für jene Nicaraguaner, die Essen verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Jene, die Tortillas herstellen und verkaufen, sind gezwungen, die Größe ihres Produkts zu reduzieren, was Verstimmung bei ihren Kunden hervorruft. Auch Besitzer von kleinen Imbissen und Restaurants sind schwer betroffen. Rebeca Lopez, Besitzerin eines kleinen Imbisses in Managua, sagte, dass "wir alle wirklich schlimm dran sind, (Haushalts)Gas wird immer teurer und deswegen auch das Essen, und wegen der Stromsperren können wir das Essen nicht unverkauft lassen, weil es (ohne Kühlung) verdirbt." Die meisten Verkäufer von Essen sind gezwungen, den Preis für ihr Produkt zu erhöhen. Aber als Konsequenz daraus geht der Verkauf zurück.

Am 11.November verkündeten 70 Bäcker in Managua ihren Plan, als Protest gegen den Druck von Seiten der Regierung, den Preis für Brot bei 0,65$ pro Pfund stabil zu halten, zu streiken. Die Bäcker fassten auch den einstimmigen Beschluss, die vorgeschlagene Preissteigerung auf 0,81% pro Pfund durchzusetzen trotz der Versuche des Ministeriums für Handel und Gewerbe, die Preissteigerung zu verhindern. Die Bäcker warnten auch, dass während der kommenden Monate der Preis für Brot wahrscheinlich auf 1,08$ steigen würde als Konsequenz der Preissteigerung bei Elektrizität, Haushaltsgas und Mehl.

Mittlerweile gibt die Nikaraguanische Zentralbank ihre Schätzung bekannt, dass die Inflation in diesem Jahr nicht über 10% steigen würde. Für die bodenständige Bevölkerung aber hat diese Schätzung nichts mit der Realität zu tun. Die Inflation, wie sie von den Normalverbrauchern erfahren wird, liegt bei 40%. Die einzige Erklärung für die Schätzung der Zentralbank ist die Notwendigkeit, die Bedingungen einzuhalten, die der Regierung vom Internationalen Währungsfond (IWF) auferlegt worden sind, wirtschaftliche Stabilität zu wahren und die Inflationsrate im einstelligen Bereich zu halten.
(El Nuevo Diario, 06.,10.+12.11., la Prensa, 12.11., La Nueva Radio Ya, 12.11., TV-Kanal 2, 06.+12.11.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Peter Schulz. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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