Meldungen aus Nicaragua vom 04.02.2008

  1. Diskussion über Amnestiegesetz führt zu offensichtlichen Differenzen innerhalb der Opposition
  2. Ortega criticized for support of ALBA Defense Council
  3. Medien befragten möglichen US-Botschafters Callahan
  4. Labor unions denounce Free Trade Zone companies' threat to leave Nicaragua
  5. Schuljahr beginnt mit "außergewöhnlich hoher" Zahl von angemeldeten Schülern
  6. Regierung vergibt Eigentumsurkunden an verarmte Familien
  7. Venezuelan aid to Nicaragua in 2007 worth over US$385 million
  8. US mission to analyze Ortega government's missiles for medicine proposal

Diskussion über Amnestiegesetz führt zu offensichtlichen Differenzen innerhalb der Opposition

Ein Informant aus der Nationalversammlungs berichtete, dass das vorgeschlagene Amnestiegesetz, das alle aktuellen und früheren öffentlichen Amtsträger (der Letzten 3 Regierungen - 1990-2006) amnestieren würde, die auf Grund des Verstoßes gegen die Gesetze zur Korruption verdächtigt oder verurteilt wurden, demnächst von der Versammlung erörtert und beschlossen werden soll. Laut der anonymen Quelle hat der Justizausschuss schon das Gesetz verabschiedet, das gegenwärtig von den juristischen Beratern des früheren Präsidenten Arnoldo Aleman, einem der führender Politiker des Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) und dem Parteiführer des nicaraguanischen liberalen Bündnisses (ALN), Eduardo Montealegre, derzeit überprüft wird.

Seit die Oppositionsparteien die Schaffung des "Blocks gegen die Diktatur" im Dezember (2007) angekündigt hatten, haben unterschiedliche Sektoren der nicaraguanischen liberalen Parteien auf den Erlass eines Amnestiegesetzes gedrungen, das unter anderem Aleman, Montealegre und dem früherem Präsidenten Enrique Bolaños nützen würde. Nach Ansicht der Förderer eines Amnestiegesetzes würde es solch ein Gesetz ermöglichen, dass Montealegre (von dem behauptet wird, dass er am Entstehen von 500 Millionen US-$ verbotener Staatsverschuldung beteiligt war und davon profitiert hat) bei den bevorstehenden Kommunalwahlen für das Amt des Bürgermeisters von Managua kandidieren kann. Das Gesetz würde auch den Ehrenpräsidenten der PLC, Arnoldo Aleman, (der wegen massiven Betrugs bei den Staatsfinanzen verurteilt wurde) die Freiheit schenken und die Basis seiner Verhandlungen mit Präsidenten Daniel Ortega beseitigen. Die Führsprecher für das Gesetz argumentieren, dass dies die einzige Möglichkeit sei, die nicaraguanischen liberalen Parteien zu vereinigen und eine wirksame Opposition und Wahlalternative gegen die FSLN zu schaffen.

Die vorgeschlagene Amnestie hat viel Unterstützung innerhalb des ALN und der PLC, aber es ist immer noch unsicher, ob genug Abgeordnete dafür stimmen würden, das Gesetz zu verabschieden. Mit den Stimmen der 38 FSLN - Abgeordneten dagegen würde das Gesetz für eine Mehrheit die Unterstützung aus beiden der anderen Parteien benötigen, was bisher nicht garantiert ist. Es hat im Laufe dieser Woche mehrere Zeichen gegeben, dass die Gruppen der nicaraguanischen Rechten weiterhin die vorgeschlagene Amnestie und das zerbrechliche ALN-PLC Wahlbündnis in Frage stellen, das vor kurzem für die Kommunalwahlen im November angekündigt worden war.

Am 31. Januar kündigte die ALN Dissidentin Yamileth Bonilla ihre Pläne an, als ALN-PLC Kandidatin für den Bürgermeisterposten in Managua anzutreten, gegen den offiziellen ALN-PLC Kandidaten Eduardo Montealegre. Bonilla sagte, dass Montealegre jederzeit während des Wahlkampfs wegen Korruption (dies wird gegenwärtig vom Büro des Justizministers überprüft) angeklagt werden könnte und nicht riskieren sollte, in der letzten Minute auf seine Kandidatur verzichten zu müssen. Sie bat das ALN-PLC - Bündnis, innerparteiliche Vorwahlen abzuhalten, und sagte, dass sie zuversichtlich sei, mehr Stimmen als Montealegre zu erhalten. Bonilla sagte weiter, dass sie die vorgeschlagene Amnestie unterstützte, die sie als die einzige Möglichkeit sehe, um zu erreichen, dass Aleman nicht mehr gezwungen wird, mit der FSLN zu verhandeln.

Als Antwort auf Bonillas Herausforderung sagte die ALN-Koordinatorin in der Nationalversammlung, Maria Eugenia Sequeira, dass Montealegre seine Pläne immer noch nicht bestätigt habe, in Managua für das ALN-PLC Bündnis als Bürgermeister zu kandidieren. Laut Sequeira glaubt Montealegre, dass innerparteiliche Vorwahlen eine weitere Aufspaltung unter den liberalen Parteien provozieren würde und dass er nur als Bürgermeister kandidieren würde, wenn er der einzige Kandidat wäre.

Der stellvertretende Vorsitzende der PLC, Wilfredo Navarro, bat Montealegre, zu zeigen, dass er ein wirklicher Demokrat sei und innerparteiliche Vorwahlen akzeptiere. Navarro behauptete weiter, dass Bonilla Montealegre die Kandidatur nur "auf Anweisung" von Aleman streitig mache.

Azalee Aviles, die Präsidentin der Konservativen Partei (die während des Präsidentenwahlkampfs 2006 eine Koalition mit dem ALN eingegangen war) sagte, dass die konservativen Abgeordneten und die Partei im Allgemeinen wegen der Bildung eines Wahlbündnisses mit der PLC verärgert über die ALN und Montealegre seien. Aviles sagte, dass ihre Partei eine Koalition mit dem ALN wegen seiner Anti-FSLN-PLC - Position eingegangen sei, aber dass mit der Ankündigung des ALN-PLC Bündnisses die Konservativen daran denken, alle Verbindungen mit dem ALN zu beenden. Sie sagte auch, dass die konservativen Abgeordneten die Absicht hätten, gegen das vorgeschlagene Amnestiegesetz zu stimmen.

Inzwischen trafen die Vertreter der PLC in Miami, USA, letzte Woche Vertreter des US-Außenministeriums, um die gegenwärtige politische Lage in Nicaragua zu erörtern. Der Präsident des PLC-Wahlkomitees in Miami, Roger Castaño (der Aleman offen kritisiert und ihn für das Debakel der PLC verantwortlich gemacht hat), sagte, dass er und seine Kollegen während der Sitzung "Unterstützung" vom Außenministerium eingefordert hätten, um ein Bündnis der liberalen Parteien in Nicaragua zu fördern, zu dem Aleman nicht mehr gehören könne. Castaño sagte weiter, dass er es sich wünschen würde, dass die "US-Botschaft [in Managua], aktiver würde [um sich gegen die FSLN Regierung zu stellen]. Wir sehen [US-Botschafter] Paul Trivelli bei Daniel Ortegas Partys und das ist eine negative Nachricht für die Demokratie."

Das Treffen zwischen Vertretern der PLC und dem Außenministerium fand nur wenige Wochen vor der Ankunft des neuen US-Botschafters in Managua, der Neo-konservative Robert Callahan, statt. Callahan ist ein glühender Antisandinist, der daran beteiligt war, die strategische Unterstützung der USA für die Contratruppen während der 80er-Jahre zu koordinieren.

Über das vorgeschlagene Amnestiegesetz sagte der Vizepräsident Jaime Morales Carazo am 1. Februar, dass er nicht denke, dass dieses Gesetz so leicht verabschiedet werden wird, wie einige Oppositionsabgeordnete dies denken. Er sagte, dass er überhaupt nicht sicher sei, dass eine auf diese Art vollzogene Amnestie Aleman wirklich nützen würde, da die Verbrechen, wegen der er verurteilt worden sei, nicht einfach politisch seien, sondern auch strafgesetzliche Verstöße beinhalten würden. "In [Alemans] Fall müssten Sie über einen Straferlass, nicht über eine Amnestie reden." Morales sagte weiter, dass Alemans anderes "großes Problem" die Tatsache sei, dass er von der panamaischen Justiz wegen Geldwäsche gesucht werde. (Radio La Primerisima, 30.+31.01., 01.02., El Nuevo Diario, 02.+04.02., La Prensa, 31.01., 02.02., TV-Kanal 2, 30.01.)

Medien befragten möglichen US-Botschafters Callahan

Die Ernennung von Robert Callahan zum neuen US-Botschafter in Managua wurde diese Woche von der nicaraguanischen Presse bezweifelt. Callahan war der Sprecher der US-Botschaft in Honduras während der 80er-Jahre, als Washington dort die Contra finanziert und trainiert hatte, und soll in diesem Monat den gegenwärtigem US-Botschafter Paul Trivelli ablösen.

Am 29. Januar veröffentlichte die den Sozialdemokraten nahestehende Wochenzeitschrift Confidencial die Übersetzung eines Artikels des US-Journalisten Stephen Kinzer, in der dieser fragte, warum die US-Regierung "Salz in Nicaraguas Wunde reibe, indem sie jemanden als Botschafter benennt, der an einem der blutigsten Kriege der Geschichte des Landes beteiligt war?" Kinzer argumentierte, dass in Nicaragua Sandinisten und Contras "vor lager Zeit" in der Lage gewesen seien, ihre Differenzen beiseite zu legen, was durch die Vizepräsidentschaft von Jaime Morales Carazo neben dem Präsidenten Daniel Ortegas dokumentiert sei. Carazo war früher ein früherer Contra-Politiker.

Wichtige Vertreter der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) und deren früherer Präsidentschaftskandidat Edmundo Jarquin bezeichneten Washingtons Auswahl als "befremdlich" und "provozierend", während mehrere Journalisten schrieben, Callahans Namen sei "mit nicaraguanischem Blut befleckt". Der General im Ruhestand, Hugo Torres, glaubt, dass es Callahans Hauptauftrag in Nicaragua sein werde, den rechten Flügel der Parteien vor den Kommunalwahlen im November zu vereinigen, um eine Wahlniederlage der Sandinistischen Partei (FSLN) herbeizuführen. (Confidencial < http://www.confidencial.com.ni/ > , 29.01, Radio La Primerisima, 31.01., El Nuevo Diario, 30.01.)

Schuljahr beginnt mit "außergewöhnlich hoher" Zahl von angemeldeten Schülern

Das neue Schuljahr begann am 4. Februar mit, wie Erziehungsminister Miguel de Castilla sagte, einer "außergewöhnlich hohen" Anzahl von anmeldeten Schülern. Das Ministerium für Bildung (MINED) berichtete, dass dieses Jahr 1,3 Millionen Schüler im öffentlichen Bildungssystem unterrichtet werden sollen (in Vorschule, Primaria- und Sekundariaschule), 100.000 mehr als im letzten Jahr. Vorläufige Berichte, bei denen einige ländliche Gebiete noch nicht berücksichtigt seien, zeigten, dass schon 1,25 Millionen angemeldet wurden. De Castilla sagte, dass die Registrierung noch bis zum März möglich bleiben werde, um die Kinder von Kaffeepflückern die Möglichkeit zu geben, am Bildungssystem teilzunehmen.

Das Ziel des MINED für die Gesamtzahl der zu unterrichtenden Personen, die in Schulen nach dem MINED - Lehrplan unterrichtet werden, (öffentliche und private Vorschulen, Grundschulen und weiterführenden Schulen, technische Bildung, Lehrerausbildung, Erwachsenenbildung und die Alphabetisierungskampagne) und dafür amtlich eingetragen wurden, beträgt 2,05 Millionen. De Castilla sagte, dass es Ende der nächsten Woche genauere Zahlen geben werde, die den Erfolg der Registrierung dieses Jahres zeigten.

Einiges der Mittel, das MINED eingesetzt hat, um Eltern zu ermutigen, ihre Kinder dieses Jahr für die Schule anzumelden, war es, Kinder von armen Familien mit Schuluniformen, Rucksäcken und anderen Schulmaterialien zu versorgen, die Anmeldung von Kindern ohne Geburtsurkunden zu akzeptiert und in vielen Schulen pro Tag drei Schichten für den Schulbetrieb einzurichten (morgens, nachmittags und Abendschule). Außerdem hat das MINED es arrangiert, dass Polizeibeamte für die Sicherheit der Schüler in und um die Schulen herum garantieren, in denen in der Vergangenheit strafbare Vorfälle stattgefunden hatten.

Im Januar 2007 hatte MINED die Abschaffung des Schulautonomiegesetzes angekündigt und auf diese Weise verhindert, dass Öffentliche Schulen Registrierungsgebühren, Schulgeld oder andere Arten von Gebühren berechnen. Als Ergebnis konnten 87.000 Schüler mehr als im Jahr 2006 am öffentlichen Bildungssystem teilnehmen. Der Prozentsatz von Schülern, die im letzten Jahr aus Klassen ausschieden, sank von früher durchschnittlich 9% auf 5,7%. (El Nuevo Diario, 04.+05.02., Radio Liberacion Esteli, 30.01., Radio La Nueva Ya, 01.02.)

Regierung vergibt Eigentumsurkunden an verarmte Familien

Präsident Daniel Ortega kündigte an, dass die Regierung beabsichtige, in den nächsten Monaten 3.810 Besitzurkunden an verarmte Familien in verschiedenen ländlichen und städtischen Gemeinden zu vergeben. Ortega machte die Ankündigung bei einer Besprechung mit Bewohnern des Barrio Cristo del Rosario in Managua am 3. Februar. Die Familien, die von den Landtiteln profitieren werden, leben schon auf dem Land, waren aber bis jetzt auf Grund finanzieller Not oder legaler Komplikationen außer Stande, Landtitel zu erhalten. Ortega kündigte weiter an, dass die verantwortungsvollen Regierungsbehörden "angewiesen wurden, schnell zu arbeiten, um zu garantieren", dass alle Familien in Managua, die keine Urkunden für ihr Land haben, von dem Programm profitieren. (Radio La Primerisima, 03.02., Radio La Nueva Ya, 03.02.)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
Abo des News-Dienstes in englischer Sprache für 60 US-$ jährlich bei Nicaragua Network, 1247 E Street, SE, Washington, DC 20003, e-mail: nicanet(at)igc.apc.org.
Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzungen: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

Bankverbindung:
Nicaragua-Forum Heidelberg | Konto Nr. 1517732
Bezirkssparkasse Heidelberg | BLZ: 672 500 20
Stichwort: Information

Letzte Meldungen

Sie finden die Liste der zuletzt veröffentlichten Meldungen immer auf der Seite

Meldungen

ganz oben.