Meldungen aus Nicaragua vom 08.09.2008

  1. Nicaragua erkennt Südossetien und Abchasien an
  2. Zentralbank veröffentlicht im Internet Zahlen über Wirtschaftshilfe; Kritik an Venezuelas Unterstützung hält an
  3. Ministry of Government announces review of NGOs legal status
  4. Pope notes “political radicalization” in Nicaragua
  5. Judge rules against Ernesto Cardenal
  6. Wahlbeobachtung unsicher
  7. IRI called to defend itself against charges filed by Electoral Council
  8. Ortega government social programs advance with IDB and Venezuela funding
  9. Gang members sign peace accord

Nicaragua erkennt Südossetien und Abchasien an

Am 2. September, während einer Feierstunde anlässlich des 29. Jahrestags der Gründung der nicaraguanischen Armee, erkannte Präsident Daniel Ortega die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens an. Ortega lobte, dass Russland die Bürger dieser zwei Regionen und ihren Wunsch, ihren Status als unabhängige Republiken zu bewahren, unterstützte. Ortega sagte, er begrüße „Russlands Einstellung, dass über den Dialog mit den europäischen Ländern dieser Konflikt zu einem Ende gebracht werden kann“. Er griff sowohl die „hegemoniale Politik“ und den globalen Kapitalismus an, weil sie „versuchten, Russland auszugrenzen, als auch die Investition von Millionen von Dollars durch die NATO, um „Russland mit einem militärischen Zaun zu umgeben“. In der offiziellen Verlautbarung des Außenministeriums vom 5. September heißt es, die Regierung erkenne durch offiziellen Erlass „die Schwester-Republiken“ Südossetien und Abchasien „als Mitglieder der unabhängigen Nationen der Welt“ an.

Der russische Botschafter in Nicaragua Igor Kondrashev traf sich mit dem Auswärtigen Ausschuss der Nationalversammlung und sagte, er sei gekommen, „um dem Präsidenten Nicaraguas für seine Anerkennung dieser beiden Regionen zu danken“ und um „über die Haltung Russlands im Konflikt mit Georgien und über unsere Suche nach einer endgültigen Lösung des Konflikts zur Wiederherstellung des Friedens in der Region aufzuklären.“

Jamileth Bonilla, sandinistische Abgeordnete und Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, begrüßte die Anerkennung der beiden Regionen, während Leonel Teller, Sprecher der Liberal-Konstitutionalistischen Partei, es bedauerte, dass Ortega „weiterhin seine Bündnispartner bei Ländern sucht, die Nicaragua keinen Nutzen bringen, wie es bei diesen von Russland protegierten Ländern der Fall ist.“

Der Präsident Abchasiens Serguei Bagapsh dankte Nicaragua für die diplomatische Anerkennung und sagte, Ortega sei einer der wichtigen politischen Führer in Lateinamerika. Er sagte, er sei sicher, dass im Laufe der Zeit auch andere Nationen die Unabhängigkeit seines Landes anerkennen werden. Nicaragua ist, neben Russland, zur Zeit das einzige Land, das Südossetien und Abchasien anerkannt hat.

Viele Kommentatoren waren der Meinung, dass diese diplomatische Anerkennung Nicaragua Probleme bringen könnte, vor allem mit den Vereinigten Staaten. Sie wiesen darauf hin, dass die Nachrichten dieser Woche neue Zahlen gebracht hätten, aus denen hervorging, dass die Exporte in die USA in diesem Jahr um 60 % höher liegen als im vergangenen Jahr, weitgehend aufgrund der Kaffee-Exporte. Es wurde ebenfalls festgestellt, dass Nicaragua oft gemeinsam mit Venezuela und Cuba politisches Neuland betritt, diesmal aber seinen beiden politischen Verbündeten vorangeht. Der frühere Außenminister Emilio Alvarez Montalban prophezeite, dass Ortegas Regierung als Folge der Entscheidung, die beiden Republiken anzuerkennen, Probleme mit der Europäischen Union bekommen könnte. Er sagte, Nicaragua mische sich „in Kämpfe zwischen großen Hunden ein, wo wir doch nur ein Chihuahua sind.“ Jacinto Suarez, innerhalb der sandinistischen Partei verantwortlich für internationale Beziehungen, kritisierte die Kommentare, die davon ausgehen, dass Nicaragua immer die gleiche Position einnehmen müsste wie die Vereinigten Staaten und die Europäische Union. Er fügte hinzu: „Wir müssen in Erinnerung behalten, dass die Europäische Union die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt hat. In gleicher Weise erkennt Nicaragua Südossetien und Abchasien an.“ (El Nuevo Diario, 3., 4., 5., 6., 7. September; Radio La Primerísima, 6. September)

Zentralbank veröffentlicht im Internet Zahlen über Wirtschaftshilfe; Kritik an Venezuelas Unterstützung hält an

Am 1. September veröffentliche die Zentralbank Nicaraguas auf ihrer home page Angaben über die Auslandshilfe, die Nicaragua von den verschiedenen Ländern und Institutionen erhält. (vgl. http: //www.bcn.gob.ni/publicaciones/nicaragua/cooperacion2007.pdf) Aber nur Radio La Primerísima hat auf seiner home page praktisch den ganzen Bericht veröffentlicht, einschließlich Informationen über die Hilfe aus all den Ländern, die Nicaragua unterstützen; die meisten anderen Medien beschränkten sich im Wesentlichen auf die Auseinandersetzungen um die Unterstützung aus Venezuela.

Die Bank berichtet, dass die Zahlen, die sie nennt, von multilateralen und bilateralen Gebern und Empfängern der Unterstützung stammen, sowohl von öffentlichen als auch von privaten. Im Bericht heißt es, neben der Auslandshilfe habe Nicaragua substantiell profitiert vom Schuldenerlass im Rahmen der Initiative Hochverschuldeter Armer Länder (HIPC) und der Multilateralen-Schuldenerlass-Initiative (MDRI), was insgesamt innerhalb der letzten 17 Jahre einen Betrag von 12 Milliarden US-Dollar ausmachte. Außerdem hat das Land Katastrophenhilfe in beachtlicher Höhe erhalten, zum Beispiel nach den Hurricanes Mitch und Felix in den Jahren 1998 und 2007.

Im Jahr 2007 erhielt Nicaragua insgesamt 1,02 Milliarden US-Dollar, was etwa 18% des Brutto-Inlandsprodukts entspricht. Davon erhielt der öffentliche Sektor 683 Millionen US-Dollar und der private Sektor 337,3 Millionen US-Dollar. 565,1 Millionen US-Dollar der Unterstützung waren Spenden, 455,2 Millionen US-Dollar Kredite. Die Hälfte der Unterstützung kam von multilateralen Finanzinstitutionen, die andere Hälfte von einzelnen Ländern. Bilaterale Hilfe kam meistens in Form von Spenden, multilaterale Hilfe dagegen hauptsächlich in Form von Krediten. Der öffentliche Sektor erhielt zwar wesentlich mehr Unterstützung als der private, aber die Summe ist geringer als in der Vergangenheit, da die Unterstützung seitens mehrerer Quellen dem privaten Sektor zugute kommt, so zum Beispiel die Hilfe seitens des US Millennium Challenge Account (ein von der US-Regierung gegründeter Entwicklungsfonds, d.Übers.) oder seitens der Hilfe aus Venezuela, die im Rahmen von ALBA (lateinamerikanische Wirtschaftsgemeinschaft, d.Übers.) erfolgte.

Im Jahr 2007 war die Unterstützung im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren deutlich höher, vor allem aufgrund einer beachtlichen Steigerung der Hilfe aus Venezuela. Laut Bericht werden die venezolanischen Öllieferungen in folgender Weise aufgeteilt: 50% werden bar bezahlt, 25% werden von einem Fonds übernommen, der unter dem Namen der venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA läuft und von einer privaten Einrichtung verwaltet wird, die restlichen 25% gehen an eine private nicaraguanische Einrichtung, die zu einem Zinssatz von 2% innerhalb von 25 Jahren die Schulden tilgen muss mit der Möglichkeit eines zweijährigen Zahlungsaufschubs. Im Jahr 2007 erhielt Nicaragua im Rahmen der Öl-Finanzierung 69,3 Millionen US-Dollar. Davon waren 33,8 Millionen US-Dollar Spenden aus dem ALBA-Fonds und 35,5 Millionen US-Dollar Kredite für den privaten Sektor. Die gespendeten Öl-Gelder wurden für die Energie-Erzeugung, die Subventionierung des öffentlichen Verkehrs, das Null-Hunger-Programm, das Programm ‚Straßen für die Menschen’ und andere Projekte verwendet. Die Kredite wurden, laut Bericht, für den Anbau von Grundnahrungsmitteln und für die Subventionierung sozialer Projekte verwendet.

Zu den weiteren Unterstützungsmaßnahmen seitens Venezuelas gehörten Spenden in der Zeit des Hurricanes Felix, technische Unterstützung für landwirtschaftliche Kooperativen sowie Geräte, mit denen 60 Megawatt Elektrizität erzeugt werden können. Die venezolanische Unterstützung im Jahr 2007 betrug laut Bericht insgesamt 184,9 Millionen US-Dollar.

Zu den wichtigsten Unterstützern Nicaraguas gehörten die Europäische Union, die Niederlande, die Schweiz, Norwegen, Finnland und die Interamerikanische Entwicklungsbank (IDB). Zu denen, deren Unterstützung vor allem in Form von Spenden kam, gehörten die Vereinigten Staaten, Dänemark, Schweden und Japan. Hilfe in Form von Krediten kam vom Internationalen Entwicklungsverband (IDA) der Weltbank, vom Internationalen Währungsfonds (IWF), von der IDB, vom OPEC-Fonds für Internationale Entwicklung und aus Deutschland. Der Bericht gibt genau Auskunft über die Unterstützung (Kredite und Spenden) seitens aller beteiligten Institutionen und Länder, einschließlich des kleinen Luxemburg, das Nicaragua im Jahr 2007 7,5 Millionen US-Dollar gespendet hat.

Auf die Frage von El-Nuevo-Diario-Reportern zu Präsident Daniel Ortegas Aussage, die venezolanische Unterstützung betrage 520 Millionen US-Dollar, antwortete Rosales, er könne sich nur auf die Zahlen auf der home page beziehen, und dort sei eine Summe von 184,9 Millionen US-Dollar genannt. Er ergänzte, der Bericht beziehe sich nur auf das Jahr 2007, Ortega aber habe zweifellos Elektrizitätsanlagen einbezogen, die teilweise erst im Jahr 2009 geliefert werden. El Nuevo Diario schrieb, dass das Zentralbank-Dokument Berichte der Zeitung bestätigt, „dass die Regierung einen Mechanismus erfunden hat, um Geschäfte mit Ölgeldern über eine halb-offizielle Kooperative namens ALBA-Caruna abzuwickeln, die Projekte über Gesellschaften finanziert, die zu hochrangigen sandinistischen Regierungsbeamten Beziehungen haben.“

Jorge Alberto Martinez, der leitende Manager von ALBA-Caruna (der Name ist abgeleitete aus Caja Rural Nacional – Nationale Landwirtschaftsbank), verteidigte die Kooperative, indem er darauf hinwies, dass er bereit sei, vor der Nationalversammlung Fragen nach der Arbeit seiner Einrichtung zu beantworten. Er sagte, die Bank arbeite sei 15 Jahren; sie habe 20 000 Mitglieder, von den 53% Frauen und 47% Männer seien. „Wir haben rings im Land 20 Filialen,“ betonte er und fügte hinzu: „Wir sind die größte Spar- und Kreditbank-Kooperative im Land.“ „Was wir getan haben,“ erklärte er, „ist, dass wir mit ALBA zusammenarbeiten, um dem Land Mittel zu beschaffen, damit mit Hilfe des Volkes und der Regierung von Venezuela in den Landwirtschaftssektor investiert werden kann; es handelt sich um eine Investition zur Unterstützung der Armen.“

Andere Kommentatoren stellten fest, dass nirgends Hilfe aus dem Iran erwähnt wird. Manuel Coronel, stellvertretender Außenminister, erklärte. Die Regierung habe noch „nichts Konkretes“ mit dem Iran vereinbart. Laut einiger Berichte hatte der Iran ein 1,2-Milliarden-US-DollarEnergie-Projekt sowie 4000 Traktoren und 10 000 Hauseinheiten zugesagt. Außenminister Samuel Santos sagte, es gebe Entwürfe für den Bau eines Hafens an Nicaraguas Atlantikküste (in Monkey Point) mit iranischen Investitionen. (Radio La Primerísima, 2. September; El Nuevo diario, 3. September; La Prensa, 4. September)

Wahlbeobachtung unsicher

In seiner Ansprache anlässlich der Feier zum 29. Jahrestag der Gründung der nicaraguanischen Armee sagte Präsident Daniel Ortega, er halte nationale und internationale Beobachter bei den Gemeindewahlen im November für überflüssig. Er sagte, „nichts sei besser“ als die Wahlbeobachter der Parteien. Er fragte: „Was für ein Beobachter könnte qualifizierter sein als der, der seine Partei verteidigt?“ Er sagte: „Wir sprechen von 60 000 Wahlbeobachtern plus 72 000 Wahlbeamten, macht zusammen 132 Beobachter.“

Die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) bestand jedoch in einer Stellungnahme darauf, dass der Oberste Wahlrat internationale Wahlbeobachter zu den Wahlen einladen soll. In einer Verlautbarung der Partei heißt es: „Die PLC teilt nicht die Meinung der Regierung, dass die Wahlbeobachter der Parteien und die Wahlbeamten die einzigen Beobachter sein sollten; sie ist der Meinung, dass für die Stärkung der Demokratie Transparenz bei den Wahlen von elementarer Bedeutung ist.“

Gruppen wie ‚Ethik und Transparenz’ und das Institut für Entwicklung und Demokratie (IPADE) bestehen darauf, dass der Wahlrat sie als nationale Beobachter für die Wahlen am 9. November einberuft. Der Wahlrat hat die Frage noch nicht geklärt. Er weist darauf hin, dass der Wahlkampf offiziell erst am 16. September beginnt. (El Nuevo Diario, 3. September; Radio La Primerísima, 3. September)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Übersetzung: Agnes Bennhold.
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