Meldungen aus Nicaragua vom 09.06.2008

  1. Dora Maria Tellez im Hungerstreik
  2. D’Escoto zum Vorsitzenden der UNO-Vollversammlung gewählt
  3. CENIS agreement lowers interest rates on bonds
  4. Nicaragua rejects final declaration of World Food Summit
  5. Costa Rica rejects Nicaragua’s demand to cancel gold mining concession
  6. Besitz-Übernahmen in verschiedenen Teilen des Landes
  7. Classes still suspended for 7000 students after storm.
  8. Nicaragua and the food crisis

Dora Maria Tellez im Hungerstreik

Dora Maria Tellez, einstige sandinistische Guerilla-Kommandeurin und zur Zeit führendes Mitglied der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS), begann am 4. Juni in Managua einen Hungerstreik. Damit protestiert sie gegen die Entscheidung des Obersten Wahlrats (CSE), die Streichung der offiziellen Registrierung der MRS als politische Partei einzuleiten. Sie erklärte, sie protestiere auch gegen die Wirtschaftskrise im Land. Weitere führende MRS-Funktionäre, unter ihnen Enrique Saenz (MRS-Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von Managua), Victor Hugo Tinoco und Monica Baltodano begleiteten Tellez bei der Ankündigung ihres Protestes. Tellez sagte, sie werde ihren Hungerstreik fortsetzen, bis die Regierung von Präsident Daniel Ortega zu einem nationalen Dialog einlädt.

Am 6. Juni besuchten Henry Ruiz, Victor Tirado und Luis Carrion, alle drei Mitglieder des ersten neunköpfigen Nationalen Direktorats der FSLN, den Ort in der Nähe des Metrocentro, an dem Tellez im Hungerstreik ist. Sie erklärten: „Wir fordern die führenden Regierungsmitglieder auf, umgehend zu einem nationalen Dialog einzuladen, um nationale Richtlinien gegen Hunger und Arbeitslosigkeit und für eine Stärkung der Demokratie zu vereinbaren.“ Sie kritisierten die Versuche des CSE, vier politischen Parteien ihre rechtliche Anerkennung abzusprechen. Luis Carrion betonte, dass der Hungerstreik bereits „internationale Auswirkungen hat“ und dass Frauenorganisationen in Mexiko, Brasilien und Peru ihre Unterstützung zum Ausdruck gebracht haben. Er fügte hinzu, eine Gruppe Nicaraguaner habe vor der nicaraguanischen Botschaft in Madrid demonstriert, und er hoffe, dass sich Ähnliches in anderen Ländern ereigne. Er wies darauf hin, dass die MRS vor der Inter-Amerikanischen Menschenrechtskommission in Washington, DC, Klage eingereicht habe gegen die Absicht, der MRS, der Conservativen Partei (PC) und zwei politischen Organisationen an der Atlantikküste die rechtliche Anerkennung abzusprechen. Der Wahlrat muss bis 23. Juni endgültig über die Sache beschließen.

Am zweiten Tag schlossen sich zwei weitere Personen dem Hungerstreik von Dora Maria Tellez an: Roger Arias, MRS-Kandidat für den Stadtrat von Managua, und Fernando Lopez, MRS-Kandidat für das Amt des Bürgermeisters von Granada. Später beteiligte sich auch Efrain Payan, Kandidat der National-Liberalen Allianz (ALN) für das Amt des Bürgermeisters von Managua.

Allgemein bekannt ist, dass Tellez 1978 an der Einnahme des Nationalpalastes durch ein FSLN-Kommando beteiligt war. Unter der revolutionären Regierung der 1980er Jahre war sie Gesundheitsministerin.

José Figueroa, Schriftführer der sandinistischen Fraktion in der Nationalversammlung, sagte, seine Partei sei für die politische Zukunft der MRS oder der PC nicht verantwortlich. Er sagte: „Nach meiner Auffassung ist der Hungerstreik, in den die Kommandantin Dora Maria Tellez eingetreten ist, Sache des Obersten Wahlrats. Der Rat wird zu gegebener Zeit die Situation analysieren und über den Rechtsstatus der MRS und der PC beschließen.“ (Radio La Primerísima, 5. Juni; El Nuevo Diario, 6. Juni; La Prensa, 4., 7., 8., 9. Juni)

D’Escoto zum Vorsitzenden der UNO-Vollversammlung gewählt

Der frühere nicaraguanische Außenminister Miguel D’Escoto hat sich am 4. Juni öffentlich verpflichtet, während seiner Zeit als Vorsitzender der UNO-Vollversammlung die „Einheit“ und die „Demokratisierung“ der Vereinten Nationen voranzubringen. D’Escoto wurde im März gewählt aufgrund der Unterstützung durch die lateinamerikanische und karibische Staatengruppe (Grulac), die in diesem Jahr das Vorschlagsrecht hatte. Er wird vom 15. September an als Nachfolger des Mazedoniers Srjgan Kerim die Sitzungen leiten.

In der Ansprache, die D’Escoto, nachdem er die Wahl angenommen hatte, hielt, sagte er: Die UN „müssen wirklich ihrem Namen gerecht werden und Vereinte Nationen sein, nicht gespaltene oder ungleiche Nationen.“ Außerdem verpflichtete er sich, sich für die Demokratisierung der UN einzusetzen, „aggressiven Vorgängen wie denen, die sich derzeit im Irak und in Afghanistan abspielen,“ vorzubeugen und Hunger und Armut in der Welt zu beseitigen. Er erklärte, Hunger und Armut seien zwei nicht zu entschuldigende Probleme, weil „zur gleichen Zeit ungeheure Summen für Luxusgüter und überflüssige Dinge ausgegeben werden und Billionen für Kriege.“

D’Escoto, ein katholischer Priester des Maryknoll-Ordens, war vor kurzem Präsident Daniel Ortegas Berater für die Bereiche internationales Recht und Fragen der maritimen Grenzen.

Auf einer Pressekonferenz bestätigte D’Escoto seine Ablehnung bestimmter politischer Maßnahmen der Vereinigten Staaten, die er 2007 als „terroristischer als jeder Wilde“ bezeichnet hatte, aber er betonte, er sei nicht „anti-amerikanisch.“ „Ich habe nicht vor, aus dem Vorsitz einen Angriff gegen die USA zu machen, vor allem jetzt nicht, wo es hier viel Unterstützung für einen Wechsel gibt,“ sagte er.

Der Botschafter der USA bei der UNO Zalmay Khalilzad sagte, die Aussagen, die D’Escoto in der Vergangenheit gemacht hat, seien für ihn „unannehmbar“ gewesen, aber er betonte, dass der sandinistische Politiker jetzt ein Amt übernimmt, das „Einheit unter den Ländern der Vollversammlung“ beinhaltet.

Victor Hugo Tinoco, Abgeordneter der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) in der Nationalversammlung, hat indessen die Wahl D’Escotos als „irrelevant“ bezeichnet. Tinoco sagte: „Für mich und für die meisten Nicaraguaner ist dieses Thema belanglos. Hier ist wichtig, dass der Preis für Lebensmittel nicht weiter steigt, dass es Arbeit gibt und dass die Löhne heraufgesetzt werden.“ Des Weiteren erklärte Tinoco: „Gleich dahinter kommt, dass es wichtig ist, dass wir keine Diktatur haben und dass wir nicht verpflichtet werden, uns im November nur zwischen den Kandidaten Daniel Ortegas und Arnoldo Alemans zu entscheiden.“ Er fügte hinzu: „Durch die Wahl D’Escotos wird nicht ein Sack Mais mehr noch ein Sack Mais weniger nach Nicaragua kommen. … Was die Regierung Nicaraguas tun muss, ist, sich um internationale Zusammenarbeit zu kümmern, um das Hungerproblem in Angriff zu nehmen.“ (Radio La Primerísima, 4. Juni; La Prensa, 4. Juni)

Besitz-Übernahmen in verschiedenen Teilen des Landes

Am 7. Juni wies Präsident Daniel Ortega Behauptungen Betroffener zurück, dass Regierungsbeamte die Besetzung von Fincas in mehreren Teilen des Landes gutheißen. Er sagte, die Polizei habe Befehl, nicht zuzulassen, dass Bauern, die Land wollen, um es zu bestellen, es sich einfach nehmen. Aber gleichzeitig sagte er, dass die Polizei Order habe, keine Räumungen vorzunehmen, wenn Landbesetzer das Land seit Jahren in Besitz haben, Eigentumsfragen ungeklärt sind und noch keine Besitz-Titel vorliegen.

Am 6. Juni erklärte Leonel Agurcia vom Nicaraguanischen Produzentenverband, er stelle gerade eine Liste von Immobilien zusammen, die von Leuten besetzt worden sind, die behaupten, die Regierung unterstütze sie. Ortega sagte, die Regierung sei dabei, Besitztitel für einige Ländereien auszugeben, für die die dafür notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen bestehen. Auf einem Treffen mit Bauern gab er auch bekannt, dass die Regierung einem US-Bürger, dessen Namen er nicht nannte, Entschädigung dafür zahlt, dass er mit seinem Besitz rechtliche Probleme hat. Ortega fügte hinzu, die Regierung werde sich bemühen, Nicaraguanern, die kein Farmland haben, solches zu beschaffen.

Die 170-Morgen-große San Cayetano-Finca 72 Meilen nördlich von Jinotega, die ein Bauer aus Matiguas im Departamento Matagalpa nach eigenen Angaben gekauft hat, um dort mit 25 Mitgliedern seiner Großfamilie zu leben, wurde vollständig von demobilisierten Soldaten der Contra in Besitz genommen. In Rivas konzentriert sich der Konflikt auf Tola an der Küste, wo ausländische Investoren Land gekauft haben, um den Tourismus zu entwickeln; diese Ländereien wurden von Einheimischen besetzt und in Besitz genommen. Die Insel La Calabaza im Nicaragua/Cocibolka-See wurde von Leuten besetzt, die, laut Aussage des „Eigentümers“ des Gebiets, Mitglieder der Frente Sandinista sind und behaupten, die Bürgermeisterin von Granada unterstütze sie. Auf einer Sitzung des Gemeinderats von Granada hat Bürgermeisterin Rosalia Castrillo angeblich erklärt, dass alle Inseln dem nicaraguanischen Staat gehören sollten. (La Prensa, 8. Juni; Radio La Primerísima, 9. Juni)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Übersetzungen: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
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