Meldungen aus Nicaragua vom 21.04.2008

  1. Central Bank deposits CENIS debt payment awaiting definitive judicial ruling
  2. Nicaraguanische Regierung garantiert einer Überlebenden des Angriffs auf FARC-Lager persönliche Sicherheit
  3. Studien weisen auf Anwachsen extremer Armut und große Gefahr von Hungersnöten hin
  4. Central American countries agree to work together to increase regional food security
  5. ENACAL puts lien on two Union Fenosa properties
  6. Nicaragua to join ALBA Bank
  7. Opposition fails to pass legislative decree to reverse postponement of RAAN elections
  8. Robert Callahan fordert Ortega auf, sich rhetorisch zurückzuhalten

Nicaraguanische Regierung garantiert einer Überlebenden des Angriffs auf FARC-Lager persönliche Sicherheit

Am 16. April kam die mexikanische Studentin Lucia Morett (26) in Nicaragua an. Sie ist eine der drei Überlebenden des kolumbianischen Angriffs auf ein Lager der Revolutionären Bewaffneten Kräfte Kolumbiens (FARC) in Ecuador. Laut Sergio Gaete, einem Vertreter der Lateinamerikanischen Vereinigung für Menschenrechte mit Basis in Ecuador, hat Morett beschlossen, aus Sicherheitsgründen Ecuador zu verlassen. Morett, die sich im Lazarett in Quito von schweren Verletzungen erholt hat, entschied sich laut Gaete für Nicaragua, weil die nicaraguanische Regierung versprochen hat, ihre persönliche Sicherheit zu garantieren. Bei ihrer Ankunft im Land wurde sie von Präsident Daniel Ortega empfangen.

Bei dem Angriff der kolumbianischen Armee auf ein Gebiet jenseits der kolumbianischen Grenze wurden mindestens 26 Menschen getötet, darunter der internationale Sprecher der FARC Raul Reyes und vier weitere mexikanische Studenten, die sich mit Morett nach Ecuador begeben hatten. Laut Auskunft von Familienangehörigen der Studenten besuchten sie das Lager im Zusammenhang mit Recherchen über Aufstandsbewegungen in Lateinamerika. Die fünf jungen Mexikaner waren am 1. Januar 2008 in Ecuador angekommen, um am II. Kongress des Kontinentalen Bolivarianischen Koordinators teilzunehmen. Während des Kongresses wurde ein Video von Paul Reyes gezeigt. In einem Interview, das sie am 17. April einem mexikanischen Radiosender gab, sagte Morett, sie könne aus Sicherheitsgründen nicht angeben, wie sie und die anderen Mexikaner in Kontakt zur FARC getreten seien, ehe sie zu dem Lager fuhren, in dem sich Raul Reyes befand. In dem gleichen Interview gab Morett an, sie habe für den Besuch im Lager keinerlei andere als akademische Gründe gehabt.

In Presse-Erklärungen kurz nach ihrer Ankunft sagte Morett: "Ich möchte möglichst bald nach Mexiko zurückkehren, aber es ist noch ungewiss, wann das möglich sein wird." Eine Gruppe mexikanischer Bürger klagte sie kürzlich vor der Mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft des "Terrorismus" an. Morett erklärt, erst wenn der Generalstaatsanwalt ihr zusichert, dass sie nicht strafrechtlich verfolgt wird, sehe sie sich in der Lage, in ihr Heimatland zurückzukehren. Morett gibt auch zu, dass sie fürchtet, "Killer könnten auf sie angesetzt werden", wenn sie nach Mexiko zurückkehrt.

Am 17. April erklärte Präsident Ortega, Morett sei "vorübergehend" in Nicaragua, ehe "sie es für möglich hält," nach Hause nach Mexiko zu fahren. "Wir haben eine mexikanische Schwester bei uns willkommen geheißen," um "unsere Solidarität" zu demonstrieren und "weil wir nicht vergessen, dass Mexiko Nicaraguanern oft Schutz geboten hat," sagte Ortega.

Moretts Eltern, Jorge Morett und Maria de Jesus Alvarez, die mit ihrer Tochter aus Ecuador nach Nicaragua gekommen sind, haben in den 80er Jahren während Ortegas erster Regierung in Nicaragua gelebt und gearbeitet.

Am 21. April nahm Morett an einer öffentlichen Veranstaltung in der "Casa de los Pueblos" (früher der Regierungssitz des Präsidenten) teil. Anwesend waren Ortega, First Lady Rosario Murillo sowie Pamela Davila Falcon, Koordinatorin der Lateinamerikanischen Vereinigung für Menschenrechte. Auf der Veranstaltung dankte Morett Präsident Ortega und dem nicaraguanischen Volk "für die freundliche Aufnahme, die sie bei ihnen gefunden hat." Des Weiteren sagte sie, sie wolle auch künftig den "Staatsterrorismus", dessen Opfer sie am 1. März wurde, in aller Schärfe ablehnen, den "Terrorismus, den die kolumbianische Regierung, die Regierung Präsident Alvaro Uribe Velez’, systematisch praktiziert."

Auf der gleichen Veranstaltung sagte Ortega, wenn Morett in Nicaragua bleiben wolle, seien die Behörden gern bereit, ihr das Aufenthaltsrecht in Nicaragua, ja sogar die nicaraguanische Nationalität zu gewähren. Weiterhin gab er bekannt, dass die beiden anderen Überlebenden des 1.-März-Angriffs, zwei kolumbianische Guerilleras, um Asyl in Nicaragua gebeten haben, weil sie vor einer "Rückkehr nach Kolumbien Angst haben". Ortega sagte, er habe bereits mit der Behörde für Auswärtige Angelegenheiten gesprochen; sie sei über die Maßnahmen informiert, die ergriffen werden müssen, damit die beiden Kolumbianerinnen aus Ecuador, wo sie derzeit zur ärztlichen Behandlung ihrer Verletzungen sind, nach Nicaragua kommen können.

Seit dem 1. März hat der kolumbianische Präsident Alvaro Uribe bei mehreren Gelegenheiten den Angriff, der von den meisten lateinamerikanische Regierungschefs verurteilt wird, gerechtfertigt. Am 16. April, während seiner Teilnahme am Lateinamerikanischen Wirtschaftsforum in Cancun, Mexiko, bezeichnete Uribe die fünf mexikanischen Studenten, die sich während des Angriffs in dem Lager befanden, als "Terroristen, Guerilleros und Drogenhändler". Die FARC ist für Kolumbien, die USA, die Europäische Union und Kanada eine terroristische Organisation.

Vertreter rechts-gerichteter politischer Gruppen in Nicaragua pflichteten Uribes Beschuldigungen bei und übten wegen des Schutzes, der Morett angeboten wurde, heftige Kritik an der Regierung. Enrique Quinonez, unter Somoza Nationalgardist und danach Contra-Führer, bezeichnete Morett als "Terroristin". Leonel Teller, Sprecher der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) sagte: "Wir sind alarmiert; das bedeutet, dass Nicaragua von Neuem zu einem Asyl für internationale Terroristen geworden ist." Javier Vallejos, Abgeordneter der "Wir sind mit Eduardo"-Bewegung (früher die Nicaraguanische Liberale Allianz, ALN) stimmt Teller zu. Er sagte, in den 80er Jahren sei Nicaragua "ein Nährboden für internationale Terroristen und Guerilleros gewesen, die hierher gekommen sind, um Atem zu holen, an militärischen Übungen teilzunehmen und dann in ihre Länder zurückzukehren, um dort destabilisierende Aktionen durchzuführen."

Am 18. April hat der kolumbianische Außenminister Juan Manuel Santos unterdessen angekündigt, dass die kolumbianischen Justizbehörden dabei sind, zu untersuchen, ob gegen Morett strafrechtlich vorgegangen und eine Auslieferung nach Kolumbien beantragt werden kann. (El Nuevo Diario, 17.4., 21.4.; Channel 4, 16.4., 18.4., 21.4.; Radio La Primerísima, 17.4.)

Studien weisen auf Anwachsen extremer Armut und große Gefahr von Hungersnöten hin

Verschiedene Untersuchungen und Berichte nationaler und internationaler Organisationen über Armut in Nicaragua haben eine erhebliche Steigerung der Anzahl der Menschen ergeben, die in den vergangenen Jahren in extremer Armut lebten und weisen darauf hin, dass künftig ständig mit einer Hungersnot gerechnet werden müsse, wenn nicht durchgreifende Änderungen vorgenommen werden. Die Nicaraguanische Armutskarte von 2008, ein Bericht, der auf den Nationalen Census von 2005 zurückgeht und vom Nationalen Institut für Entwicklungsinformationen (einer staatlichen Einrichtung) erstellt worden ist, zeigt, dass von einer Gesamtbevölkerung von 5,4 Millionen Menschen 2 224 814 (etwa 40%) in extremer Armut leben. Der nicaraguanische Staat definiert extreme Armut als Situation, in der mindestens drei von fünf Grundbedürfnissen (Nahrung, Wasser, Wohnung, Bildung/Beschäftigung und medizinische Versorgung) nicht befriedigt werden können. Die Nicaraguanische Armutskarte von 2001, der der Nationale Census von 1995 zugrund lag, ergab, dass von einer Gesamtbevölkerung von 5,1 Millionen Menschen 909 571 in extremer Armut lebten. Das heißt: Laut diesen zwei Berichten hat die extreme Armut in Nicaragua in einem Zeitraum von zehn Jahren um 14% zugenommen.

Der von den Vereinten Nationen (UN) 2006 erstellte Milleniums-Ziele-Bericht für Nicaragua ergab, dass 46,2% der Bevölkerung in Armut leben. Die UN, ebenso wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF), definieren jemanden als arm, wenn er weniger als 2 US-Dollar am Tag verdient. Laut Weltbank hat die Zahl der Nicaraguaner, die in Armut leben, 2007 als Folge steigender Preise um 7,8% zugenommen. Aufgrund steigender Ölpreise und aufgrund der Naturkatastrophen, von denen das Land in der Regenzeit von 2007 betroffen war, stiegen, laut Angaben der Weltbank, im vergangenen Jahr die Preise für Grundnahrungsmittel in Nicaragua um durchschnittlich 48%.

Soziologen und Wirtschaftsexperten weisen darauf hin, dass noch Schlimmeres zu erwarten ist, wenn die Ölpreise weiter steigen, wenn es zu weiteren Naturkatastrophen kommt und wenn in den USA eine Rezession eintritt. Denn eine Rezession in den USA hat voraussichtlich zur Folge, dass Anzahl und Höhe der Überweisungen, die nicaraguanische Migranten, die in den USA arbeiten, tätigen, zurückgehen. (Radio La Primerisima, 16.4.)

Robert Callahan fordert Ortega auf, sich rhetorisch zurückzuhalten

Robert Callahan, der Paul Trivelli als US-Botschafter in Managua ablösen soll, sagte, die nicaraguanische Regierung habe an der USA in maßloser Weise Kritik geübt, und er äußerte, Präsident "Daniel Ortega und die anderen nationalen Führer sollten im Gebrauch ihrer Sprache besonnener und in ihrer Kritik maßvoller sein. Diese Art Rhetorik kann erzürnen und verletzen." Callahan machte diese Äußerungen in der vergangenen Woche vor der Senatskommission für Auslandsbeziehungen. Callahan erklärte außerdem, während seiner Zeit als US-Botschafter werde eine seiner ganz wichtigen Aufgaben sein, Ortegas Beziehung zur iranischen Regierung genau zu beobachten.

Callahan, der in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit dem früheren US-Botschafter in Honduras John Negroponte zusammengearbeitet hat, geriet in Verdacht, in die Iran-Contra Affaire verwickelt zu sein. (Radio La Primerísima, 16.4.)

Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzungen: Agnes Bennhold, Peter Schulz, Rudi Kurz.
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