Meldungen aus Nicaragua vom 28.07.2008
- Voter list verification carried out
- Eigentumsfragen immer noch ohne Antwort
- Colombia denounces Nicaragua at the OAS
- USA finanzieren NGOs für Wahlvorbereitung
- Bosawas Nature Reserve and Lake Nicaragua under threat
- Nicaragua receives no interest loan from World Bank
- Banana agreement called historic
- Gioconda Belli: „In Nicaragua gehen wir demnächst in Rhetorik unter“
Eigentumsfragen immer noch ohne Antwort
Über 1500 frühere Contras trafen sich mit Vertretern der Verifizierungs-, Versöhnungs- und Friedenskommission, die von Kardinal Miguel Obando y Bravo geleitet wird und von Präsident Daniel Ortega geschaffen wurde. Aufgabe der Kommission ist es, Eigentumsfragen für demobilisierte Kämpfer des Contra-Kriegs zu klären. Der frühere sandinistische Parlamentsabgeordnete Nelson Artola, derzeit Exekutivsekretär der Kommission, informierte sich in einer Anhörung über die bestehenden Probleme und über die Ungeduld, mit der die Demobilisierten fordern, dass ihr Land legalisiert und eine endgültige Lösung des Eigentums-Problems gefunden wird. Laut Artola ist die Achilles-Ferse des Problems die verantwortungslose Art und Weise, wie die Regierungen von Chamorro, Aleman und Bolanos verschiedenen Gruppen das gleiche Land übergeben haben. Damit haben sie „Konflikte zwischen Brüdern“ geschaffen, die in vielen Fällen zu blutigen Auseinandersetzungen geführt haben.
Kommissionsmitglied Yara Perez versprach den demobilisierten Contras, dass die Kommission die Besitz-Frage Fall für Fall behandeln werde, um zu einer endgültigen Antwort zu kommen. Sie wiederholte, was bereits früher zugesagt worden war, dass es keine Vertreibungen geben werde, aber dass die Kommission auch nicht zulassen werde, „dass ein einziger zusätzlicher Quadratmeter Land besetzt wird.“ Artola betonte, dass sich Präsident Ortega und Kardinal Obando das Ziel gesetzt haben, zu einer endgültigen Lösung des Eigentumsproblems zu kommen und dass sie die Macht haben, die Produktion finanziell zu unterstützen. Aber Artola forderte zu Geduld auf.
Die früheren Contra-Kommandeure versicherten, sie seien entschlossen, die Zusammenarbeit mit der Kommission fortzusetzen, weil sie „völliges Vertrauen“ zu Kardinal Obando haben. Am 31. Juli trifft sich die Kommission mit den Demobilisierten des Departamentos Madriz.
Auf der El-Timal-Farm in der Gemeinde Tipitapa ging es nicht so harmonisch zu. Dort kam es zu Auseinandersetzungen zwischen zwei Gruppen, die beide Anspruch auf das gleiche Land erhoben. Die Folge waren Denunziationen, Morddrohungen und Brandstiftung. Am Donnerstag wurden die Angehörigen der einen Gruppe unter Gewaltanwendung vertrieben. Sie zogen mit ihren Familien und ihrem Vieh vor das Büro des Generalstaatsanwalts in Managua. Sie beschwerten sich, dass die Behörden in Tipitapa ihre Notlage ignorierten und die nationalen Menschenrechtsgruppen an ihrem Fall kein Interesse zeigten. Die Gruppe, die auf dem Land verblieben war, bewachte die Zugänge mit Knüppeln und Macheten und weigerte sich, Reportern Auskunft zu geben.
Die Vertriebenen behaupteten, die Angreifer seien Sandinisten, eine Beschuldigung, der der Vorsitzende der Nicaraguanischen Widerstandspartei Julio Caesar Blandón, „Kaliman“, beipflichtete. Sie gaben der Regierung und der Friedenskommission eine Frist bis zum 29. Juli, um etwas zu unternehmen. Sie kündigen an, andernfalls eine Reihe von Protestmaßnahmen zu ergreifen. (El Nuevo Diario, 23. Juli; Radio La Primerísima, 25. Juli; La Prensa, 26, Juli)
USA finanzieren NGOs für Wahlvorbereitung
Am Donnerstag fand ein Treffen der Botschaft der Vereinigten Staaten in Managua mit Organisationen der Zivilgesellschaft aus 31 Gemeinden statt, auf dem die Organisationen ihre Pläne vorstellen konnten, wie sie die Vorbereitung und Durchführung der Wahlen im November fördern und kontrollieren wollten. Im Laufe der Monate bis zu den Wahlen steuert die Botschaft „kleine Beiträge“ zwischen 2 000 und 40 000 US-Dollar bei.
Die Beiträge der USA sind Teil des „Transparenz-Programms“ der US-Agentur für Internationale Entwicklung (USAID), die laut Radio La Primerísima „die gleiche Organisation ist, die im Geheimen versucht, die Regierung von Präsident Evo Morales in Bolivien zu destabilisieren.“
Laut US-Botschaft müssen die NGOs gegenüber USAID ihre Pläne vorlegen und nachweisen, wie sie mit kleinen Projekten Demokratie fördern und festigen wollen. Die Projekte müssen in folgenden Städten durchgeführt werden: Boaco, Bluefields, Condega, Ciudad Sandino, Chichigalpa, Chinandega, Granada, Diriamba, Estelí, Jinotega, Jinotepe, Juigalpa, León, Managua, Masatepe, Masaya, Matagalpa, Nagarote, Nandaime, Nueva Guinea, Ocotal, Camoapa, Puerto Cabezas, Rivas, San Carlos, San Marco, Sébaco, Somoto, Matiguas, Wiwilí und Siuna.
La Primerísima erklärt: „Die US-Botschaft macht keinen Hehl daraus, dass sie vorhat, sich in Angelegenheiten einzumischen, die ausschließlich Sache der Nicaraguaner sind.“ US-Vorschriften legen fest, dass die Projekte „in kreativer und innovativer Weise dazu beitragen müssen, die verschiedenen Stadien der Wahlvorbereitung, Transparenz, Buchführung über Ausgaben, Teilnahme an den Wahlen, Zugang zu öffentlichen Informationen und Beteiligung der Bürger an den bevorstehenden Wahlen weiterhin zu fördern.“
Die Botschaft fügt hinzu: „Um in das Programm aufgenommen zu werden, muss eine Organisation als nicht auf Gewinn ausgerichtet registriert sein und über klare Strukturen verfügen. Auch darf sie keine Parteibindung haben.“ La Primerísima ergänzt: „Natürlich wird keine NGO ihre politische Bindung offen ausbreiten.“
Damit hat die US-Botschaft zum zweiten Mal in diesem Jahr NGOs finanziell unterstützt. Vor wenigen Monaten erst erhielten fünfundzwanzig Gruppen finanzielle Unterstützung. (Radio La Primerísima, 24. Juli)
Gioconda Belli: „ In Nicaragua gehen wir demnächst in Rhetorik unter.“
Die nicaraguanische Dichterin und Schriftstellerin Gioconda Belli schrieb am 22. Juli in El Nuevo Diario: „In Nicaragua gehen wir demnächst in Rhetorik unter;“ und sie fügte hinzu: „Unser Land ist in zwei Teile gespalten; jede Seite glaubt, sie habe Recht, und jede fühlt sich schlecht behandelt.“ Aber, meinte sie, „es kann doch nicht so weitergehen, dass ein Wettbewerb besteht, wer am Lautesten schreien und wer mehr Leute zu Aktionen auf Straßen oder Plätzen versammeln kann.“ Präsident Daniel Ortega, so behauptet sie, möchte glauben, dass die Revolution von 1979 wieder an der Macht ist mit allen Träumen, die damals geträumt wurden. Und so oft andere auch wiederholen, dass das nicht stimmt, er und viele andere Sandinisten sind nicht in der Lage, die Stimmen zu vernehmen.
Die Demokratie, die die FSLN in die Wege leitete, sagte sie, führte zu einem System, in dem es weniger wirtschaftliche und politische Barrieren für die gab, die nicht der Regierungspartei angehörten, und das Ergebnis war, was sie als „ungleiche, unfertige, aber immerhin Demokratie“ bezeichnete. Die gegenwärtige Regierung sollte einsehen, dass die Bevölkerung in dieser Zeit Fortschritte gemacht hat, die es wert sind, bewahrt und nicht zunichte gemacht zu werden. Sie erklärte, dass diejenigen, die sich gegen Ortegas Art und Weise, Macht auszuüben, stellen, nicht gegen die Armen oder gegen ein gebührenfreies Bildungs- und Gesundheitswesen oder gegen Wohnungsbeschaffung und gepflasterte Straßen seien. „Wir sind gegen Diskriminierung, Einschüchterung, Verlust an Freiheit, Verlust an sozialen Einrichtungen, Verlust an Dialogmöglichkeiten; wir müssen befürchten, wirtschaftlich und politisch bestraft zu werden, wenn wir nicht der Regierungspartei angehören,“ schrieb sie. Sie forderte einen offenen nationalen Dialog und fügte hinzu: „Was wir wollen, ist ein Land für alle, vor allem für die Armen, aber mit Freiheit für alle, eine offene politische Arena und eine Regierung, die nicht ihre Version von Wahrheit als die einzig gültige Version allem überstülpt.“
„Wenn Daniel Ortega nur verstehen würde,“ fuhr Belli fort, „dass er es nicht nötig hat, sich Feinde zu schaffen, um als Führer respektiert zu werden; wenn er nur dem Dialog eine Chance gäbe; wenn er nur einsehen würde, dass Einheit nicht durch Ausschluss, sondern durch Einbeziehung erreicht wird; wenn er nur mehr Vertrauen in die Öffnung nach außen hätte und respektieren würde, was wir als Volk zustande gebracht haben … Ich denke, dass viele Leute dann bereit wären, zuzuhören und mitzumachen, um die schwierigen Zeiten, die vor uns liegen, zu meistern. Und ich bin sicher, dass dann auch die Medien, die in diesem Jahr die Massenzusammenkunft am 19. Juli mit Stillschweigen übergangen haben, im kommenden Jahr objektiver berichten und vielleicht Fotos vom Versammlungsplatz auf der Titelseite bringen würden.“ (El Nuevo Diario, 22. Juli)
Dies ist eine auszugweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Agnes Bennhold.
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