Meldungen aus Nicaragua vom 29.12.2008

  1. Präsident ändert per Erlass Budget für 2008
  2. Liberals divided over National Assembly positions
  3. Neue Auseinandersetzungen über die Rolle der Bürgerräte
  4. Some allege fraud in upcoming elections in RAAN
  5. Inter-oceanic canal project once again on the table
  6. Estimate of Nicaragua’s forests at 7.5 million hectares
  7. Millions of dollars being used for repair of major highways
  8. Manifest „Zur Verteidigung Nicaraguas“ ruft weltweit zu Unterschriften auf

Präsident ändert per Erlass Budget für 2008

Per Präsidenten-Erlass beauftragte Präsident Daniel Ortega am 26. Dezember Finanzminister Alberto Guevara, bestimmte Geldbeträge im Haushalt des zu Ende gehenden Jahres zu erhöhen, zu reduzieren und neu zuzuweisen. Ortega rechtfertigte seine Anordnung mit dem Argument, angesichts der Lähmung der Nationalversammlung handle er „im nationalen Interesse“. Die Nationalversammlung wird seit vielen Wochen wegen politischer Konflikte, vor allem wegen der Gemeindewahlen am 9. November, von der Opposition lahmgelegt. Die nicaraguanische Verfassung bestimmt jedoch: „Alle Änderungen des nationalen Haushalts der Republik, dazu gehören Kredit-Erhöhungen oder –Reduzierungen, Einkommensreduzierungen oder die Übertragung von Geldern von einer Abteilung auf eine andere, benötigen die Zustimmung der Nationalversammlung.“

Am 27. Dezember, bei der Einweihung eines staatlichen Wasserprojekts, durch das jetzt Wasser aus dem Nicaragua-See nach Juigalpa gelangt, verteidigte Ortega seinen Erlass. Er sagte, bei den Budget-Änderungen handle es sich um die gleichen, die er bereits im Oktober bei der Nationalversammlung eingereicht habe. Unter anderem ginge es um Gelder, um Lehrer und Botschaftsangehörige im Ausland, die seit Wochen keine Gehälter ausgezahlt bekommen haben, zu bezahlen. Weitere Gelder würden an die Ministerien für Gesundheit, Transport und Landwirtschaft überwiesen.

Die Opposition reagierte empört. Sie warf Ortega vor, er begehe ein Verbrechen, das mit Gefängnis zwischen sechs Monaten und zwei Jahren bestraft werden könne. Der Fraktionsvorsitzende der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC) Maximino Rodriguez warf dem Präsidenten vor, er sei entweder schlecht beraten oder ignoriere seine Ratgeber. Der Abgeordnete der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) Victor Hugo Tinoco sagte, Grund für die Lähmung der Nationalversammlung sei die Tatsache, dass „Ortega den Parlamentsvorsitzenden und Sandinisten Rene Nunez dahingehend beeinflusst,“ dass dieser, laut Tinoco, eine Einberufung des Parlamentsvorstands zur Festlegung einer Sondersitzung des Parlaments vermeiden möchte, weil er weiß, dass er keine Mehrheit hat.

Carlos García von der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN) sagte, die Tatsache, dass die Nationalversammlung durch eine politische Krise gelähmt ist, gebe dem Präsidenten nicht das Recht, über Erlasse zu regieren. Er fügte hinzu, der Präsident habe sehr wohl die Macht, eine außerordentliche Sitzung der Nationalversammlung einzuberufen, um Budget-Änderungen zu beschließen, aber aufgrund „seiner Arroganz, seiner Machtbesessenheit, seines Dünkels und seines diktatorischen Systems“ weigere er sich, das zu tun. García sagte, wenn die anderen Fraktionen der Opposition nicht gerichtlich gegen Ortega vorgehen, werde die ALN es tun. (Radio La Primerísima, 26. Dez.; La Prensa, 27., 29. Dez.; El Nuevo diario, 28. Dez.)

Neue Auseinandersetzungen über die Rolle der Bürgerräte

Laut El Nuevo Diario erklärte der aus dem Amt scheidende Bürgermeister von Managua Dionisio Marenco am 24. Dezember, dass der neue Gemeinderat von Managua im Januar gleich nach seiner Vereidigung aufgefordert würde, einer Verfügung zuzustimmen, dass der Gemeinderat den Bürgerräten (CPS) untergeordnet wird. Die Bürgerräte sind umstrittene Bürgerbeteiligungs-Gruppen, denen oft vorgeworfen wird, dass die Sandinisten dort das Sagen hätten. Marenco, obwohl ein Sandinist, hatte eine Auseinandersetzung mit der nationalen Koordinatorin der Bürgerräte, der Präsidenten-Gattin Rosario Murillo, die gleichzeitig die Koordinatorin des Rates für Information und Bürgerschaft ist.

Marenco erklärte, wenn der Gemeinderat von Managua, der 19 Leute zählt, einem anderen Rat unterstellt werde, „der aus – ich weiß nicht wie viel – Hunderten von Leuten besteht, dann, davon bin ich überzeugt, sind wir nicht einmal mehr in der Lage, den Müll einzusammeln.“ Er fügte hinzu, dass das eine Verletzung der nicaraguanischen Verfassung wäre.

Am 29. November hielt Murillo vor neu gewählten sandinistischen Bürgermeistern, Vizebürgermeistern und Gemeinderatsmitgliedern eine Rede, die in einer Sondernummer von „El 19“, der Wochenzeitung der Regierung, veröffentlicht wurde. In der Einleitung der Rede sagt Murillo, in ihren Ausführungen ginge es sowohl um die „modellhafte Einrichtung maßgeblicher Bürgerbeteiligung in den Gemeinden, in denen die Leute ab Januar dann die Macht ausüben,“ als auch „um verschiedene Themen, die sich auf unseren Einsatz für die Konsolidierung des Modells direkter Demokratie in den Gemeinden beziehen.“ Aber sie sagt auch: „Es geht uns darum, dass wir lernen wollen zu koordinieren, den Bereich jedes Einzelnen zu respektieren, voller Achtung aufeinander zu hören und alle Meinungen zu berücksichtigen. Es geht uns um uns alle, Sandinisten und Nicht-Sandinisten, dass wir uns in einem Kabinett bürgerschaftlicher Macht zusammentun und darin mit der Gemeindeverwaltung eng zusammenarbeiten, in Koordination mit der Zentralregierung ...“

Die Rede und Marencos Interpretation führten zu heftigen Protesten. Leonel Teller, Sprecher der Liberal-Konstitutionalistischen Partei (PLC), sagte, die Gemeinderatsmitglieder seiner Partei würden aufgrund der Bedürfnisse der Menschen abstimmen und nicht aufgrund der Forderungen von Minderheitsgruppen, die politische Kriterien einführen wollen. Er fügte hinzu: „Die repräsentative Demokratie gegen ein längst gescheitertes und obsoletes Modell wie das einer sogenannten direkten Demokratie auszutauschen, steht bei uns nicht zur Diskussion.“

Inzwischen, am 26. Dezember, hat Edgardo Cuarezma, sandinistischer Parteisekretär für Managua und Gemeinderatsmitglied, erklärt, die Rolle der Bürgerräte sei falsch interpretiert worden. Er sagte: „Die sandinistische Partei hat sich eine politische Aufgabe gestellt. Sie besteht darin, der Bevölkerung über Bürgerbeteiligung mehr Mitsprache zu geben.“ Er fügte hinzu: „Bürgerbeteiligung besteht in normaler Lobby-Arbeit in der Form, dass die sandinistischen Gemeinderatsmitglieder diese Mitbürger repräsentieren. Die Mitglieder der Bürgerräte können zu Diskussionen hierher in den Gemeinderat kommen; das ist Teil der direkten Demokratie, die die FSLN vorschlägt.“ Er betonte: „Niemand will eine übergeordnete Organisation; das war meiner Meinung nach eine Fehlinterpretation.“ Des Weiteren sagte er: „Die sandinistischen Gemeinderatsmitglieder machen es sich zur Aufgabe, als Bürgerratsmitglieder die Vorschläge der Leute zu Haushaltsfragen, Investitionen und öffentlichen Projekten einzubringen. Ich denke, niemand sollte davor die geringste Angst haben; es ist vielmehr eine Möglichkeit, unmittelbar wahrzunehmen, was die FSLN den Menschen bietet.“ (El Nuevo Diario, 25. Dez.; Seminario El19, Vol. 1, Nr.15, Special; Radio La Primerísima, 24. Dez.; La Prensa, 24. Dez.)

Manifest „Zur Verteidigung Nicaraguas“ ruft weltweit zu Unterschriften auf

Hunderte von Menschen aus über 40 Nationen haben in der Weihnachtswoche ein Manifest „Zur Verteidigung Nicaraguas“ unterzeichnet. Zu den Unterzeichnern gehören die Tochter und der Enkel von Augusto Sandino und der Enkel von Chiles ermordetem Präsidenten Salvador Allende ebenso wie – laut Information von Radio La Primerísima – „Schwestern des Maryknoll-Ordens in den Vereinigten Staaten, Parlamentarier vieler Länder, Journalisten, Professoren, Künstler, führende Mitglieder der Frauenbewegung, Schriftsteller, Angehörige verschiedener Berufe, Historiker, Dichter und Aktivisten der Solidaritätsbewegung aus allen Teilen der Welt.

Auszug aus dem Manifest:

„Wir, Frauen und Männer, die wir in Freiheit leben und der Auffassung sind, ‚eine andere Welt ist möglich’, erklären:

1. unsere bedingungslose Unterstützung für das Recht des nicaraguanischen Volkes auf Selbstbestimmung und nationale Souveränität ohne ausländische Einmischung irgend einer Art;
2. unsere Unterstützung für den unabhängigen, souveränen, populären Kurs der FSLN-Regierung unter Präsident Daniel Ortega;
3. unsere Freude über den Sieg der Sandinisten in 105 der 146 Gemeinden bei den Gemeindewahlen dieses Jahres (2008, d.Übers.).

Wir weisen zurück und verurteilen:
1. ausländische Einmischung in Nicaraguas innere Angelegenheiten;
2. die Politik der Erpressung, wie sie von den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union ausgeübt wird;
3. die Lügenkampagne und (Des-)Information, die Medien-Verbände und internationale Medienkonzerne betreiben.

Wir ermutigen:
1. alle Völker dieser Welt, besonders die Nordamerikaner und Europäer, ihre Bande der Freundschaft mit Nicaragua zu erneuern, indem sie sich gegenüber ihren Regierungen dafür einsetzen, dass diese mehr Geld zur Beseitigung der Armut in Nicaragua zur Verfügung stellen und es unterlassen, sich in die inneren Angelegenheiten des nicaraguanischen Volkes einzumischen;
2. verantwortungsbewusste Berichterstatter, vor allem in alternativen Medien, ihr Schweigen über die Lage in Nicaragua zu brechen und über die tatsächliche Situation in Nicaragua und in der zentralamerikanischen Region wahr, unabhängig und engagiert zu informieren;
3. die fortschrittlichen und unabhängigen Regierungen Lateinamerikas und der Welt, ihre uneingeschränkte Solidarität mit dem nicaraguanischen Volk und seiner rechtmäßigen, demokratisch gewählten Regierung zu zeigen.“

(Radio La Primerísima, 27. Dez.; Möglichkeit zur Unterzeichnung unter www.tortillaconsal.com (auch in deutscher Übersetzung))


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson bzw. Katherine Hoyt.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, e-mail: info(at)nicaragua-forum.de V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung: Agnes Bennhold.
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