Meldungen aus Nicaragua vom 12.01.2009

  1. ‘Sea Slaves’ Hit by International Financial Crisis
  2. Regierung erklärt, Budget ist nicht aufrecht zu erhalten
  3. Nationalversammlung noch immer ohne Führung; Krise nimmt zu
  4. Gaza-Proteste in Managua
  5. President of ENACAL Denounces Spanish Firms over Water Shortages
  6. Analysis/Opinion: Corporate media in Nicaragua
  7. “Dismal” University Entrance Exam Results in Engineering
  8. Producers Block Pan-American Highway

Regierung erklärt, Budget ist nicht aufrecht zu erhalten

Da sich die internationale Finanzkrise verschärft und internationale Hilfe gesperrt oder gestrichen wurde, ist die Krise, von der die Fischindustrie betroffen ist, nur ein Beispiel für den allgemeinen Druck, der auf der nicaraguanischen Wirtschaft lastet. Das ist in so starkem Ausmaß der Fall, dass die Regierung erklärt hat, dass das Budget für dieses Jahr so „nicht aufrecht zu erhalten“ sei. Bayardo Arce, Sprecher für Wirtschaftsfragen, gab auf einer Pressekonferenz bekannt, dass die Regierung ein „Sonderprogramm“ vorbereitet, um im Rahmen dieser neuen Situation die Wirtschaft zu handhaben.

Nicaraguas Zentralbank gab Zahlen für 2008 heraus, aus denen eine Inflationsrate von annähernd 14 % hervorgeht, ein Prozentsatz, der sogar noch höher gewesen wäre, wenn nicht im Dezember ein leichter Rückgang eingetreten wäre. Aber auch diese bescheidene Verbesserung ist eine Illusion, da sie vor allem einem beträchtlichen Niedergang wirtschaftlicher Aktivität sowie einer gewissen Senkung des Ölpreises und der Kosten zur Deckung von Grundbedürfnissen zu verdanken war. Laut Angaben aus Banken stiegen die Preise für Nahrungsmittel und Getränke im Lauf des Jahres um beinahe 11%, und damit hielten die Löhne der Arbeiter nicht Schritt. Manche unabhängigen Wirtschaftsfachleute malen sogar ein noch düstereres Bild: Alejandro Arauz erklärte, die Nahrungsmittelpreise seien um 18% gestiegen, während sein Kollege Adolfo Acevedo von rd 22,5% sprach. „Das ist die Realität, wie die Mehrheit der Bevölkerung sie erlebt hat,“ sagte Letzterer. „Diese Leute geben für Lebensmittel 65% ihres Einkommens aus. Das ist eine ungeheure Vergeudung von Potenzen. Das erfüllt einen mit Sorgen.“

Auch Bayardo Arce bestätigte: „Der Haushalt Präsident Ortegas, so wie er von der Nationalversammlung verabschiedet worden ist, lässt sich nicht mehr aufrecht erhalten. Weder das erwartete Wirtschaftswachstum noch die Einnahmen aus Steuern werden ausreichen, um die Ziele, die wir uns mit dem Budget gesetzt haben, zu erreichen.“ Des Weiteren gab er bekannt, dass er vom Präsidenten beauftragt worden sei, zur Behebung der der schlimmsten Schwierigkeiten ein Sonderprogramm zu entwickeln.

Laut verabschiedetem Budget sollte der nicaraguanische Staat im Jahr 2009 1,4 Milliarden US-Dollar an Steuern und internationaler Unterstützung erhalten; an Ausgaben sah das Regierungsprogramm 1,6 Milliarden US-Dollar vor.

Anlässlich der Enthüllung eines Denkmals für General Omar Torrijos von Panama redete Arce Klartext: „Der Haushalt, so wie er beschlossen wurde, lässt sich einfach nicht mehr aufrecht erhalten. Das Geld fehlt, um unsere Wachstumspläne beizubehalten, und auch im Hinblick auf unsere Einkommenserwartungen.“

Weiterhin sagte er, Präsident Ortega werde in der nächsten Woche seine Sondermaßnahmen bekannt geben, und er erklärte auch, dass er eng mit dem privaten Wirtschaftssektor zusammenarbeite, um eine positive Entwicklung in die Wege zu leiten.

Kritiker betonen, dass die Wirtschaft – unabhängig von der internationalen Finanzkrise – zusätzlich durch Ortegas jüngste Auseinandersetzungen mit internationalen Geberländern belastet wurde. Diese hätten Gelder, die für Nicaragua bestimmt waren, gestrichen oder vorläufig gesperrt, weil sie der Regierung Mangel an Transparenz und dem Präsidenten polemische Reden vorwerfen. Vorwürfe, während der jüngsten Bürgermeisterwahlen sei es zu Betrügereien und Unregelmäßigkeiten gekommen, wurden ebenfalls als wesentliche Gründe für Streichungen seitens der Geberländer genannt. Alles in allem kommt es dadurch zu einer Spendenreduzierung von 125 Millionen US-Dollar.

Arce wies auch auf die Warenhäuser hin, in denen Mengen unverkaufter Fische lagern, und fuhr fort: „Das Gleiche geschieht auf den verschiedensten Gebieten. Zum Beispiel in der Fleischindustrie. Käufer sind nur noch bereit, Tiere in Kommission zu nehmen. Im derzeitigen Wirtschaftsklima können sie es nicht riskieren, sich durch direkte Bezahlung zu verschulden. Das sind alles Folgen der globalen Krise.“ Abschließend betonte er, die Regierung setze alles daran, auf den internationalen Märkten wieder mithalten zu können, eine Bemühung, die ernsthaft behindert wird durch die Tatsache, dass in der Nationalversammlung vieles noch verworren ist aufgrund der Proteste der rechtsgerichteten liberalen Allianz wegen der Wahlresultate. (La Prensa, 10., 11. Jan.)

Nationalversammlung noch immer ohne Führung; Krise nimmt zu

Wieder einmal war die Nationalversammlung in einer Sitzung nicht in der Lage, sich über die Zusammensetzung ihres Vorstands zu einigen. Wie immer musste ein Südenbock her, und so haben die wichtigsten Oppositionsparteien, die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC) und die Nicaraguanische Demokratische Fraktion (BND), den Abgeordneten der Nicaraguanischen Liberalen Allianz (ALN) vorgeworfen, sie stimmten mit den Füßen ab und würden ganz einfach die Sitzung boykottieren.

Ramon Macias Luna, Mitglied des ALN-Vorstands, warf dagegen unverhohlen seinen einstigen Verbündeten vor, dass etwa zehn Abgeordnete beider Parteien es abgelehnt hätten, die Kandidatur Carlos Garcia Bonillas, des ALN-Kandidaten für den Vorstand der Nationalversammlung, zu unterstützen.

Trotz dieser Probleme, so betonten andere, waren genügend Delegierte anwesend, um eine geordnete Sitzung abzuhalten. Ihrer Meinung nach bestand die Schwierigkeit darin, dass die Delegierten der Sandinistischen Front und ihre gelegentlichen Verbündeten in PLC und BND sich nicht einigen konnten und viele von ihnen, obwohl anwesend, sich geweigert hätten, sich auf den elektronischen Abstimmungsgeräten registrieren zu lassen.

Seit drei Monaten befindet sich die ALN inzwischen in dieser Sackgasse. Bei der Auseinandersetzung geht es in erster Linie um den Vorsitzenden und die weiteren Vorstandsmitglieder, ein Acht-Personen-Gremium, das für die Geschäftsführung der Nationalversammlung zuständig ist. Die FSLN besteht darauf, dass der letztjährige Vorsitzende Rene Nunez wieder gewählt wird, während PLC und BDN diese Stelle für sich beanspruchen. El Nuevo Diario erhielt von PLC-Seite privat die Versicherung, dass trotz der Suspendierung des Parlaments der Parteivorstand hinter den Kulissen Kontakt zur FSLN aufgenommen hat, um die Krise zu lösen.

Daraufhin mischte sich die ALN in die Auseinandersetzung ein. Sie gab ein Kommuniqué heraus, in dem sie behauptete, dass gegen ihre Mitglieder angeblich Druck ausgeübt und Bestechungsversuche unternommen worden seien; sie unterließ es jedoch, eine Quelle oder irgendwelche Verantwortlichen zu nennen. Laut Kommuniqué hat die Drohung , dass die offizielle Registrierung der ALN als politische Partei möglicherweise gestrichen wird, am meisten Besorgnis erregt.

In dem Text hieß es unter anderem: „Die ALN wird niemals akzeptieren, dass ihr auf irgendeine Weise ihr demokratisches Recht, Funktionen innerhalb der Leitung einer Einrichtung zu übernehmen, streitig gemacht wird.“ Besonders hoch gingen die Wogen zwischen Macias Luna und dem Vorsitzenden der BDN Eduardo Montealegre; dieser gibt sich derzeit alle Mühe, die Niederlage anzufechten, die er im Wahlkampf um den Posten des Bürgermeisters von Managua gegenüber Alexis Arguello, der von der FSLN aufgestellt worden war, erlitten hat. „Wie können wir erwarten, an Wahlen für den Vorstand der Nationalversammlung teilzunehmen, wenn uns Leute wie Montealegre eine negative Medien-Kampagne voller Lügen und Diffamierungen bereiten,“ fragte Macias.

Victor Hugo Tinoco meldete sich im Namen der Sandinistischen Erneuerungsbewegung (MRS) zu Wort. Nach seiner Auffassung liegt der Hauptfehler bei der Ortega-Regierung. Tinoco erklärte, der Grund, warum mehrere Parlamentsmitglieder nicht zu den Sitzungen erschienen, sei „schlicht und einfach“, dass die Regierung Druck auf sie ausübe, sie bedrohe oder sie durch Schmeicheleien davon abhalte. Des Weiteren beschuldigte er die ALN-Mitglieder, dem persönlichen Ehrgeiz zu frönen, der ihnen, wenn es darauf ankommt, wichtiger sei als die Interessen ihrer Partei.

In einem vielsagenden Kommentar in El Nuevo Diario schrieb ein empörter Leser voller Bitterkeit: „Diese Leute (die Abgeordneten) sind für Nicaragua ein totaler Luxus. Ein Lehrer, ein Metallarbeiter, ein einfacher Tortilla-Verkäufer tut mehr für Nicaragua als sie jemals tun.“ (El Nuevo Diario, 10. Jan.; Radio La Primerísima, 10. Jan.)

Gaza-Proteste in Managua

Dutzende von Nicaraguanern schlossen sich Palästinensern an, die in Nicaragua leben, und protestierten zusammen mit ihnen friedlich gegen das Vorgehen Israels gegen die Bevölkerung von Gaza, das sie als Massaker bezeichneten. Mit Rufen wie „Israel, Faschist, Mörder und Terrorist“ besetzten sie einen der bekanntesten Kreisverkehr-Plätze von Managua, den Ruben-Dario-Kreisverkehr beim Metrocentro-Shopping-Center.

Walid Ibrahim Muaqqat, der palästinensische Botschafter in Nicaragua, wandte sich in einer Ansprache an die Anwesenden und über Fernsehen und Radio an das ganze Land. Er sagte: „Wir fordern Israel auf, auf unsere Stimme zu hören und sie zu respektieren, auch wenn sie aus der Luft und mit terroristischen Waffen Orte angreifen, in denen sich hilflose Kinder, Frauen und alte Leute aufhalten.“

Nicaraguanische Teilnehmer/innen unterstützten den Aufruf; sie forderten nicht nur Israel auf, umgehend die Angriffe zu stoppen, sondern auch US-Präsident George W. Bush, Israel endlich die harte Hand zu zeigen, denn, so riefen sie, „Mr. Bush unterstützt den Krieg.“ Thelma Flores beschuldigte Bush, er wolle mit den Palästinensern aufräumen, „genauso wie er so viele Iraker getötet hat.“ Andere Demonstranten bauten vor der neuen US-Botschaft im Westen Managuas ihre Stände auf. Von dort aus riefen sie dem Botschaftspersonal innerhalb der Botschaft ihre Forderungen zu und zündeten die israelische Fahne an. Ein Demonstrant hob hervor: „Dieser Krieg widerspricht jedem Teil des offiziellen Symbols des Staates Israel, dem siebenarmigen Leuchter, der den Frieden darstellen soll, nach dem sich die Menschen in Israel sehnen.“ (El Nuevo Diario, 8. Jan.)


Dies ist eine auszugsweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Katherine Hoyt / Paul Baker.
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Übersetzung: Agnes Bennhold.
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