NicaNotes ist ein Blog für Menschen, die zu Nicaragua arbeiten und/oder an Nicaragua interessiert sind, veröffentlicht vom Nicaragua Network (USA), einem Projekt der Allianz für globale Gerechtigkeit. Hier werden Nachrichten und Analysen aus dem Kontext der langen Geschichte des Nicaragua-Netzwerks in Solidarität mit der Sandinistischen Revolution veröffentlicht.
Zusammengestellt von Chuck Kaufman, deutsche Übersetzung Nicaragua-Forum HD e.V.

Ausgabe vom 02.08.2017

Nicaragua erinnert die USA an ihre Schulden

Die Verabschiedung des lächerlichen NICA-Gesetzes durch das Komitee für Auswärtige Angelegenheiten des Repräsentantenhauses der USA wurde von der Sandinistischen Regierung von Präsident Daniel Ortega scharf zurückgewiesen mit einer Erinnerung an die eigenen unbezahlten Schulden der USA gegenüber Nicaragua. Das NICA-Gesetz (das Nicaragua Investment Conditionality Act von 2017), würde, wenn es Gesetz würde, erfordern, dass US-Vertreter in den multilateralen Kreditvergabeinstitutionen gegen Kredite für Nicaragua stimmen, bis die Sandinistische Regierung sich selbst absetzt und die Macht an eine von den USA gebilligte Opposition übergibt, deren Unterstützung sich bei den Wählern in einem Prozentbereich befindet, der sich an den Fingern einer Hand abzählen lässt.

Ich habe die NICA-Act mehrere Mal in diesem Blog diskutiert. Ich habe meine Einschätzung, dass sie niemals Gesetz werden wird, nicht geändert, aber es gibt andere, die sie ernster nehmen, und sicherlich werden die falschen Behauptungen, die kürzlich von Global Witness gemacht wurden, dass Nicaragua das gefährlichste Land für Umweltaktivisten in der Welt sei, Ileana Ros-Lehtinen und anderen Rechtsaußen-Mitgliedern im Kongress in die Karten spielen. Daher können wir sie nicht einfach ignorieren, gleichgültig, wie gering die Aussichten sind, dass sie zum Gesetz des Landes wird. Am Ende dieses Blogs werde ich einige Aktionen vorschlagen, die Solidaritätsaktivisten in den Kongress-Ferien im August unternehmen sollten, einer Zeit, in der sich im Kongress nichts bewegen wird.

Ich glaube, es ist es wert, die Antwort der Regierung von Nicaragua auf das Handeln des Kongress-Komitees in ihrer Gesamtheit wiederzugeben; so können wir sehen, wie sich die von der Sandinistischen Regierung verwendete Sprache verändert hat, während sie weiterhin die Prinzipien der Souveränität und Selbstbestimmung verteidigt, die sie auch in den 1980er Jahren verteidigt hat.
Hier ist die

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PRESSEERKLÄRUNG:

Die Regierung der Nationalen Versöhnung und Einheit Nicaraguas teilt in Kenntnisnahme der Einbringung der als NICA-ACT bekannten Gesetzesinitiative in den Kongress der Vereinigten Staaten unserem Volk mit:

1. Wir verurteilen die NICA-ACT und weisen sie als Fortsetzung der historischen Politik der imperialen Einmischung der Vereinigten Staaten in die inneren Angelegenheiten Nicaraguas zurück.

2. Unser Land wird die Politik und die Vorschläge der Nationalen Einheit in Übereinstimmung mit unseren verfassungsmäßigen Verpflichtungen und unserer Wirklichkeit fortsetzen.

3. Das christliche, sozialistische und solidarische Nicaragua wird das Modell des Dialogs, der Bündnisse und der Übereinstimmung, das die Versöhnung, den Frieden und die Einheit brachte und sicherte und das es uns erlaubt, im Glauben und mit Optimismus alle Herausforderungen zu bestehen, weiterentwickeln.

4. Im Jahr der Gemeindewahlen schaffen wir weiterhin die optimalen Bedingungen dafür, dass die nicaraguanischen Familien ihren Willen ausdrücken und ihre lokalen Regierungen in sozialer Harmonie und mit der Garantie wählen, den Friedens zu erhalten, den wir alle mit unseren Anstrengungen und der täglichen Arbeit erstreben.

5. Unser Volk hat dieses gesegnete und freie Nicaragua bestätigt. Es festigt ein Modell und ein Projekt, das uns alle als Protagonisten für Demokratie, Freiheit, Sicherheit und Fortschritt auf dem Weg des Wohlstandes einbezieht.

6. Der nicaraguanische Staat hat einen rechtlichen Prozess eingeleitet, der ihm erlaubt, von den Vereinigten Staaten Nordamerikas die Zahlung der Entschädigungen zu fordern, die 1986 durch den Internationalen Gerichtshof in Den Haag für die unseligen Schäden, die dem Volk und der Regierung Nicaraguas durch die zerstörerische und ungesetzliche Einmischung dieser Großmacht in die inneren Angelegenheiten zugefügt wurden.

7. Der nicaraguanische Staat wird die Anerkennung des Anspruchs unseres Landes auf Mittel fordern, die für den Frieden, die Demokratie und die Entwicklung zur Verfügung stehen.

Managua, 27. Juli 2017
Regierung der Nationalen Versöhnung und Einheit

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Die US-Regierung ignoriert, dass sie Nicaragua geschätzte 17 Milliarden $ plus 31 Jahre Zinsen schuldet für ihren illegalen Contra Krieg unter Ronald Reagan und anschließend unter George Bush in den 1980er Jahren, um die Sandinistische Regierung zu stürzen. Der Internationale Gerichtshof in den Haag (der Weltgerichtshof) fand die USA 1986 für Tod und Zerstörung verantwortlich. Der Gerichtshof hatte noch nicht über den Betrag in Dollar entschieden, aber die Regierung von Nicaragua hatte ein gründliches System entwickelt, das bestimmte, dass die Anzahl der Toten, der Verlust von Gliedmaßen, die zerstörte Infrastruktur und die entgangene wirtschaftliche Aktivität auf 17 Milliarden US$ bewertet wurden.

Jemand, der schärfer als ich darauf aus ist, könnte wahrscheinlich berechnen, um wie viel die Zinsen diesen Betrag erhöht haben und um wie viel die kümmerliche Auslandshilfe aus den USA ihn vermindert hat. Die US-Intervention in die Präsidentschaftswahlen 1990 hat dazu geführt, dass die Sandinisten die Regierung verloren, und eine der ersten Handlungen, die die von den USA gestützte Regierung von Präsidentin Violeta Chamorro unternahm, war, den Fall vor dem Weltgerichtshof fallen zu lassen. Präsident Ortega brachte den Fall offiziell wieder auf, als er in das Amt durch seine Wiederwahl im Jahre 2007 zurückkehrte. Nicaragua Network hat wiederholt über die Jahre an die legalen Schulden der USA an Nicaragua erinnert und daran, dass jegliche US-Hilfe nur eine kleine Anzahlung der großen Schulden unseres Landes an jenes Land gewesen ist.

Wie der Präsidentenberater und frühere Sandinistische Comandante Bayardo Arce darauf hingewiesen hat: Nicaragua erhält gegenwärtig keine Hilfe von Regierung zu Regierung von den USA mit Ausnahme von geringen Geldern für den Drogenkrieg an die Armee. Deshalb würde eine Sperrung der US-Hilfe nur die politischen Parteien und Gruppen der Zivilgesellschaft betreffen, die von US-Programmen „zur Förderung der Demokratie“ finanziert werden, um die Demokratie und die politische Stabilität zu untergraben. Es wäre überraschend, wenn diese Finanzmittel gesperrt würden.

Aber die NICA-Act bezieht sich nicht auf US-Hilfen, sie bezieht sich auf internationale Kredite. Aber Nicaragua den Zugang zu internationalen Krediten und Subventionen zu versperren würde der Wirtschaft und den Programmen zur Reduzierung der Armut schaden. Wie sehr ist schwer einzuschätzen. Ich sah einen Bericht, der die Zahl 70% mit Bezug auf die ausländische Hilfe und den Haushalt von Nicaragua gebrauchte, aber es war unklar, worauf sich die 70% genau bezogen. Nach unseren Berechnungen werden ungefähr 11,5% von Nicaraguas Haushalt durch internationale Hilfe und Kredite finanziert. Dieses Geld wird fast vollständig von der Regierung verwendet, um soziale Programme zu finanzieren, die Programme wie Null-Hunger und Null-Wucher sowie auch Infrastrukturprogramme wie Straßen vom Bauernhof zu den Märkten oder Überlandverbindungen zwischen der Pazifik- und der Karibikküste des Landes einschließen.

Bei der Weltbank und dem Internationalen Währungsfond hatten die USA traditionell eine Vetomacht inne, obwohl die Prozentzahl der Stimmen geringer ist als die aller anderen Länder mit Sitzen in den leitenden Gremien. Würden die anderen Länder das Veto der Trump-Administration respektieren wie es bei den anderen Administrationen geschehen ist? Ich weiß nicht, wie die Abstimmungsregeln sind. Aber ich weiß, dass die Interamerikanischen Bank für Entwicklung die Abstimmungsregeln so geändert hat, dass jetzt kein Land allein einen Kredit durch ein Veto verhindern kann. Aber eine weitere Komplikation für eine Risikobewertung über die Verabschiedung der NICA-Act liegt in der Tatsache, dass andere multilaterale Kreditgeber und die meisten bilateralen Spender und Kreditgeber der Führung des IWF folgen. Ein US-Veto gegen einen IWF-Kredit könnte potentiell dazu führen, dass Nicaraguas Zugang zu ausländischer Hilfe, außer von Russland und China, blockiert wird, was es zwingen würde, den nationalen Haushalt um über 10% zu kürzen. Das wäre ein größerer Schlag für jedes Land.

Deshalb müssen wir handeln, als ob das NICA-Gesetz eine ernsthafte Bedrohung sei statt ein Reklamespektakel für rechte Sponsoren und Aktivisten aus Miami, denn darum handelt es sich. Eure Kongress-Mitglieder sind gerade jetzt daheim in ihren Wahlbezirken, und die Senatoren werden es in weiteren zwei Wochen sein. Die Besuche in den Wahlbezirken werden vom Thema der Gesundheitsreform dominiert sein, aber es ist unsere beste Gelegenheit, einen Pfahl durch das Herz des NICA-Gesetzes zu treiben; deshalb nehmt bitte in diesem Monat diese Gelegenheit wahr, wenn jedes Kongressmitglied seine Kampagne für die Wiederwahl startet, ebenso wie auch ein Drittel der Senatoren, um sich mit ihnen und ihrem Stab zu treffen, oder um das NICA-Gesetz in öffentlichen Versammlungen anzusprechen. Kaum einer von ihnen wird die geringste Ahnung haben, was das NICA-Gesetz überhaupt ist; deshalb, wenn ihr ihnen die Vorstellung vermitteln könnt, dass dieses etwas Schlechtes ist, dann haben wir einen Vorsprung, wenn der Gesetzesentwurf zur Abstimmung im Repräsentantenhaus und im Senat vorgelegt wird.

Und mir scheint, wir haben e i n gewichtiges Argument, warum das Repräsentantenhaus und der Senat gegen das NICA-Gesetz stimmen sollten. Dies ist ein Grund, der sowohl Demokraten als auch Republikaner ansprechen sollte, liberale und liberalistische, und er hängt nicht davon ab, ob der Politiker ein anständiger Mensch und sogar ein rational denkender. Der Grund ist der, dass gerade jetzt im Augenblick sehr wenige Nicaraguaner unter den Tausenden von Menschen aus Honduras, El Salvador, Guatemala und Mexiko sind, die versuchen, in die USA von Süden her zu kommen. Es ist nicht im nationalen Sicherheitsinteresse der USA, Nicaraguas Wirtschaft zu schädigen. Das Ergebnis wird nicht sein, die Regierung auszutauschen, sondern nur, den Strom von Migranten und Flüchtlingen nach Norden anschwellen zu lassen. Wenn das kein überzeugendes Argument ist, dann wird es kein anderes geben, das wir vorbringen können.

Wir werden weitere Aktionen unternehmen müssen, wenn der Kongress die Arbeit wieder aufnimmt und wir klarer sehen, ob das NICA-Gesetz überhaupt vorankommt. Über das Gesetz müsste noch im gesamten Kongressabgestimmt werden; ein Unterkomitee und das Komitee des Senats für Auswärtige Beziehungen müssten Anhörungen abhalten und darüber abstimmen; dann müsste Mitch McConnell es zur Abstimmung im Senat auf die Tagesordnung setzen, was 60 Stimmen erfordern würde, um die Debatte zu eröffnen, wenn sogar nur ein Senator dieses Verlangen äußert. Wenn es irgendwelche Unterschiede in den Gesetzesvorlagen von Repräsentantenhaus und Senat gibt, müsste ein gemeinsames Komitee die Differenzen lösen, bevor beide Kammern der Legislative über die endgültige Gesetzesvorlage abstimmen. Erst dann würde es dem Präsidenten zur Unterschrift oder seinem Veto vorgelegt. Wenn man nach den Kommentaren seines Botschafters in Nicaragua, Laura Dogu, urteilt, gehört es nicht zu den Prioritäten von Trumps Außenministerium, Nicaraguas Wirtschaft zu schädigen. Natürlich wollen wir es nicht so weit kommen lassen, deswegen ist es wichtig, dass wir die Parlamentspause im August benutzen, um unsere gewählten Vertreter wissen zu lassen, dass wir gegen das NICA-Gesetz sind und dass wir sehr daran interessiert sind zu erfahren, wie sie abzustimmen gedenken.

Kurzmeldungen aus Nicaragua vom 02.08.2017

Kleine Unternehmen

Leonardo Torres, Vorsitzender des Nicaraguanischen Rates für Kleinste, Kleine und Mittlere Unternehmen (Conimipyme), berichtete, dass fast 45% des Bruttoinlandsprodukts von kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen produziert werde. Er sagte, es gebe in Nicaragua nur ungefähr 400 große Unternehmen, während die Zahl der kleinsten, kleinen und mittleren Unternahmen ungefähr 180.000 betrage, von denen 52% Kleinstunternehmen seien. Die Regierung von Präsident Daniel Ortega hat besonderes Augenmerk auf den Aufbau dieses Sektors der Wirtschaft gelegt, einschließlich der bäuerlichen Landwirtschaft. Einzigartig vielleicht unter den Nationen hat die Regierung es zur Priorität gemacht sicherzustellen, dass die kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen nicht durch Großunternehmen während der Zeit des explosiven Wachstums der Tourismusindustrie verdrängt werden. (El Nuevo Diario: 31.Juli)



Aufenthaltsrecht USA

US-Botschafterin Laura Dogu verkündete, dass die Trump-Regierung noch keine Entscheidung in die eine oder andere Richtung getroffen habe, den Vorläufigen Schutzstatus (TPS) für Bürger irgendeines Landes, die in den Vereinigten Staaten wohnen, zu verlängern, außer für Haiti. Die Trump-Administration verlängerte TPS für Haitianer um sechs Monate, aber Dogu machte klar, dass Nicaraguaner keinerlei Vermutungen anstellen sollten, ob ihr Schutzstatus verlängert werden würde oder auch nicht. Mittelamerikaner, besonders aus El Salvador, Honduras und einige Nicaraguaner erhielten TPS nach dem Hurrican Mitch im Jahre 98. Nachfolgende US-Präsidenten haben seit damals TPS verlängert. Dogu nannte keinen Zeitpunkt für eine Entscheidung. (El Nuevo Diario: 26.Juli)

11.07.2017


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