Meldungen aus Nicaragua vom 16.05.2005

  1. Nationalversammlung beschließt neues Eigentums-Institut. USA reagieren
  2. USA entziehen 89 Sandinisten und Liberalen ihre Visa
  3. Bolaños Promotes DR-CAFTA in USA while National Opposition Mounts
  4. Nemagon-Opfer unterzeichnen Vereinbarung mit Regierung
  5. Names of Wood Mafia Members still not Revealed
  6. Consumer Defense Network: Energy Crisis is a Fraud
  7. MARENA and Texaco Delay Gas Spill Clean Up
  8. Universal Church "Kingdom of God" revealed to be Money Making Scam
  9. Campaign to Promote Tolerance of Homosexuality Planned

Nationalversammlung beschließt neues Eigentums-Institut. USA reagieren

Wie die Mehrheitsparteien (die Sandinistische Partei und die Liberal-Constitutionalistische Partei) versprochen hatten, wurde am 10. Mai eine weitere höchst kontrovers diskutierte Verfassungsreform von der großen Mehrheit der Parlamentsmitglieder beschlossen. Das Reformierte Institut für Ländliches und Städtisches Eigentum (INPRUR) ist vielleicht die umstrittenste aller jüngsten Änderungen und wird von der US-Regierung als Bedrohung für die Interessen von US-Bürgern betrachtet. Die US-Botschafterin in Managua Barbara Moore hatte am 5. Mai erklärt, dass die US-Botschaft " über die mögliche Gründung von INPRUR ernstlich besorgt" sei. Kurz nach Verabschiedung des Gesetzes durch die Nationalversammlung teilte Peter Brennan, in der US-Botschaft zuständig für Handelsfragen, der Presse mit, seiner Meinung nach werde INPRUR "Auswirkungen auf den Handel" zwischen den beiden Ländern haben, da die Einrichtung "einem guten Handelsklima" nicht zuträglich ist.

Nicht weniger als 768 US-Bürger, viele von ihnen nicaraguanischer Abstammung, prozessieren vor nicaraguanischen Gerichten wegen Land, das in den 80er Jahren als Teil der Landreformen von der sandinistischen Regierung konfisziert worden ist. Mehr als die Hälfte von ihnen fordern ihr Land zurück und sagen, sie würden keine Entschädigung akzeptieren.

Das neue reformierte Eigentums-Institut wird unabhängig von der Exekutive sein (das derzeitige Nicaraguanische Eigentums-Institut ist der Exekutive unterstellt), und der Vorstand soll von der Nationalversammlung gewählt werden. Auseinandersetzungen um Land unterstehen zunächst INPRUR. Das Institut wird in jedem Einzelfall eine interne Entscheidung treffen und sie dem Obersten Gerichtshof, der Gewalt, die die endgültige rechtliche Entscheidung fällt, als Empfehlung unterbreiten. Eine Revision der Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs Landkonflikte betreffend ist nicht zulässig. Die meisten Journalisten haben den Text des Gesetzes dahingehend interpretiert, dass er diejenigen begünstigt, die derzeit auf dem Land leben und arbeiten, gegenüber denen, die die Besitztitel haben.

Am 11. Mai schickte die US-Botschaft einen Brief an Noel Ramirez, den Geschäftsführer der PLC, in dem sie ihm mitteilten, dass ihm sein US-Visum entzogen worden sei entsprechend Paragraph 212 des US-Einwanderungsgesetzes, laut dem "die Einreise in die USA allen denjenigen Beamten verwehrt wird, die erwiesenermaßen in Fälle von Korruption verwickelt sind oder davon profitieren".

Am 12. Mai wurde im Flughafen von Miami Jose Damisis Sirias, Mitglied der PLC und Richter am Obersten Gerichtshof, festgenommen, von Beamten der Einwanderungsbehörde verhört und nach Managua zurückgeschickt. Das Gleiche geschah am 13. Mai Guillermo Selva, ebenfalls PLC-Richter am Obersten Gerichtshof, obwohl dieser nach seiner eigenen Aussage vor seiner Reise die US-Botschaft kontaktiert und die Antwort erhalten hatte, dass seiner Reise in die USA nichts im Wege stünde. Auch anderen PLC-Mitgliedern wurden in den letzten Tagen ihre Visa-Anträge negativ beschieden.

Am 14. Mai kamen die Vorstandsmitglieder der PLC auf dem Landgut "El Chile" von Ex-Präsident Aleman zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen, um die Vorfälle zu diskutieren. Nach dem Treffen erklärte Enrique Quinones, Fraktionsvorsitzender der Liberalen in der Nationalversammlung, vor der Presse, dass der PLC-Vorstand trotz der jüngsten "Botschaften" aus den USA beschlossen habe, sein Bündnis mit der Sandinistischen Partei fortzusetzen. Er sagte, bei dem Treffen sei vereinbart worden, dass die Partei den FSLN-Kandidaten für die Leitung von INPRUR unterstützt und dass sie dem Vorstand der FSLN empfehlen, dafür einzutreten, dass der stellvertretende Leiter von INPRUR aus dem Obersten Rat Privater Unternehmen (COSEP) kommt. (La Prensa, El Nuevo Diario, Radio Liberación Estelí, 11.5., 12.5., 13.5., 15.5.)

USA entziehen 89 Sandinisten und Liberalen ihre Visa

Am 16. Mai lautete eine Schlagzeile in La Prensa: "Schwarze Liste der USA filtert aus". Der Artikel enthielt eine Liste, von deren Existenz seit Tagen Gerüchte im Umlauf waren und die die Namen prominenter Nicaraguaner enthielt, Mitglieder sowohl der Liberal-Constitutionalistischen als auch der Sandinistischen Partei, denen ihr Einreise-Visum für die USA entzogen worden ist. Laut einem Regierungsdokument, das La Prensa ebenfalls veröffentlichte, wurden als Gründe angegeben entweder "mögliche terroristische Aktivitäten oder Verbindungen" oder "Korruption im öffentlichen Bereich". Die englischsprachige Fotokopie, auf der in Umrissen ein Stempel der US-Regierung zu erkennen ist, enthält im Kopf den Vermerk "Nicht-öffentliches Dokument" und unten den Hinweis "Watch List. NIC-4241. May 05". Außerdem steht in dem Dokument: "Das Außenministerium entzieht einigen nicaraguanischen Staatsangehörigen ihre Visa entsprechend der vom Außenminister in Paragraph 221(i) des Einwanderungs- und Nationalitätengesetzes (TNA) und in Paragraph 212(f) erlassenen Regelung. "Wir ergreifen diese Maßnahme, wenn ein Antragsteller, der aufgrund der Informationen, die wir zur Zeit der Antragsstellung über ihn hatten, visumsberechtigt war, über den aber nach Ausstellung des Visums negative Informationen bekannt wurden."

Zu den betroffenen hohen Beamten gehören u.a.: der Präsident der Nationalversammlung René Núnez; der PLC-Fraktionsvorsitzende in der Nationalversammlung Enrique Quinones; Rechnungsprüfer Guillermo Arguello Poessy; der staatliche Menschenrechts-Ombudsmann und sandinistische Ex-Bürgermeister von León Omar Cabezas; Managuas sandinistischer Bürgermeister Dionisio Marenco; die sandinistischen Abgeordneten Edwin Castro und Alba Palacios; die liberalen Abgeordneten Eduardo Mena und Maria Dolores Aleman; die Richter des Obersten Gerichthofs Ivan Escobar, Francisco Rosales, Luis Benavides, Jose Damisis Sirias und Guillermo Selva; Matagalpas sandinistischer Bürgermeister Nelson Artola; der Präsident des Obersten Wahlrats Roberto Rivas; und Juana Mendez, Richterin in Managua.

Auch bekannte frühere hohe Beamte sind betroffen: der frühere Oberste Rechnungsprüfer der Republik Agustin Jarquín; der frühere Außenminister, der Priester Miguel D'Escoto; sowie der frühere Arbeitsminister Wilfredo Navarro. Zu den prominenten Vertretern der Zivilgesellschaft auf der Liste gehören u.a.: Alejandro Martinez Cuenca von FIDEG; Orlando Nunez von CIPRES; Ramiro Gurdian von COSEP; der Soziologe Oscar Rene Vargas; und Alvaro Fiallos von UNAG.

Der Rechnungsprüfer Guillermo Arguello Poessy verlangt Beweise für die Rechtsverstöße, deren er beschuldigt wird. Managuas Bürgermeister Dionisio Marenco sagte, es sei "empörend". Der sandinistische Abgeordnete Edwin Castro erklärte: "Was soll ich dazu sagen? Es ist lachhaft! Mich stört's nicht, dass diese Schwachköpfe Listen zusammenstellen!"

Luis Benavides, Richter am Obersten Gerichtshof, sagte, die Vereinigten Staaten könnten ihm etwas, das er gar nicht hat, auch nicht wegnehmen. Er sagte, dass er, seitdem sein Visum im Juni 2003 abgelaufen ist, keines mehr besitzt. "Das sind Versuche, Druck auszuüben," sagte er, "aber sie werden nichts erreichen." Der liberale Abgeordnete Eduardo Mena protestierte: "Ich bin nie ein Terrorist gewesen und hatte auch nie Verbindung zu Terroristen." (La Prensa, 16.5.)

Nemagon-Opfer unterzeichnen Vereinbarung mit Regierung

Am 13. Mai unterzeichneten Mitglieder des Kabinetts von Präsident Bolanos eine Vereinbarung mit Anführern des Protests der Pestizid-Geschädigten. Die 19-Punkte-Vereinbarung beinhaltet u.a. die Zusage freier medizinischer Versorgung für den Rest ihres Lebens für alle einstigen Bananen- und Zuckerrohr-Arbeiter, die in den 1960er, 70er und 80er Jahren den Chemikalien von Nemagon und Fumazone und anderen Giften ausgesetzt waren und davon Schäden davontragen. Die Vereinbarung enthält auch ein Wohnprojekt für einige der einstigen Landarbeiter, die kein Zuhause haben. Die Regierung will auch 80 Pässe ausstellen und bei der Beschaffung der erforderlichen Visa helfen, damit diejenigen, die in den USA vor Gericht geladen werden, was Teil ihres Kampfes für Entschädigung seitens dreier transnationaler Gesellschaften ist, das auch verwirklichen können. Die Minister, die die Vereinbarungen unterzeichneten, machten noch mehrere andere Zusagen; u.a. versprachen sie, dass an die Gemeinden mit Nemagon-Geschädigten jährlich 300 Särge geliefert werden sollen.

Victorino Espinales, Vertreter der Nemagon-Geschädigten, sagte, er sei zufrieden mit der Vereinbarung und hoffe, dass die Regierung keinen Rückzieher macht. Ernesto Leal, Sekretär des Präsidenten, nannte die Vereinbarung "transzendental" und sagte, er sei deshalb sicher, dass die Regierung in der Lage sei, jede in der Vereinbarung enthaltene Zusage einzulösen.

Am 14. Mai fuhren die vielen hundert Nemagon-Geschädigten schließlich in Bussen, die von der Regierung gestellt wurden, nach Hause. Sie hatten im Park vor der Nationalversammlung 73 Tage zugebracht und dabei Hunger und fast unerträgliche Hitze bei Tag und Kälte bei Nacht ausgehalten. Zwei der Demonstranten sind dabei gestorben. 300 der Teilnehmer an der Protestaktion kehrten am 14. Mai nicht zurück, sondern bleiben an Ort und Stelle, "um zu verhindern, dass die Regierung, wenn wir außer Sichtweite sind, von dem, was vereinbart wurde, plötzlich nichts mehr wissen will," erklärte Espinales. (La Prensa, El Nuevo Diario, 14.5., 15.5.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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