Meldungen aus Nicaragua vom 21.11.2005

  1. Streik im Gesundheitssektor geht in die zweite Woche
  2. Tausende demonstrieren für freie und transparente Wahlen und gegen den Pakt
  3. Exekutive schickt Haushalts-Vorlage an Parlaments-Kommission
  4. The US wants Aleman off the political scene
  5. Panamanian Justice and Governance Ministry describe Attorney's actions as illegal
  6. Neighborhood committee to take legal action against Texaco for oil spill damage
  7. Plague of rats devours crops left by Beta
  8. Timber industry speaks out against plans for tree felling ban

Streik im Gesundheitssektor geht in die zweite Woche

Der Streik der dreitausend Ärzte, die dem Verband "Ärzte für Gehälter" angehören, ging am 21. November in die zweite Woche. Die Streikenden fordern eine 140%ige Gehaltserhöhung für alle Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst Nicaraguas. Wie angekündigt, schlossen sich am 17. November die 23 000 Angestellten des öffentlichen Gesundheitsdienstes, die Mitglieder der Gewerkschaft der im Gesundheitswesen Angestellten (FETSALUD) sind, dem zeitlich unbegrenzten Streik der Ärzte an und brachten damit den öffentlichen Gesundheitsdienst zum fast vollständigen Erliegen. Zwischen dem 14. und dem 17. November wurden landesweit in den Krankenhäusern und Gesundheitszentren nur Notfälle von einer begrenzten Anzahl von Ärzten behandelt, und Patienten, die zur Behandlung bereits in Krankenhäuser aufgenommen worden waren, wurden vom Pflegepersonal versorgt. Seit dem 17. November sind alle Patienten nach Hause geschickt worden, außer wenn es sich um äußerste Notfälle handelt, und einige Krankenhäuser haben selbst solche Fälle nicht aufgenommen.

Am 15. November reagierte Gesundheitsministerin Margarita Gurdian auf den Streik, indem sie in einem Schreiben das Arbeitsministerium (MITRAB) aufforderte, den Streik für illegal zu erklären und den sieben Vorstandsmitgliedern des Verbands "Ärzte für Gehälter" zu kündigen. Arbeitsminister Virgilio Gurdian bestätigte den Erhalt des Schreibens aus dem Gesundheitsministerium, aber erwiderte, er habe beschlossen, der Forderung "in den kommenden Tagen" nicht nachzukommen, um den streikenden Angestellten im Gesundheitswesen Gelegenheit zu geben, über ihre Forderungen mit der Gesundheitsministerin zu verhandeln. Bis zum 21. November hatte das Arbeitsministerium nichts Weiteres zum Thema verlauten lassen. Sollte das Ministerium jedoch beschließen , den Streik für illegal zu erklären, würden alle, die sich daran beteiligen, eine Kündigung erhalten.

Am 18. November behauptete Gurdian, sie hätte nie vorgeschlagen, den streikenden Angestellten zu kündigen, und nannte ihre Aufforderung an MITRAB die "einzig vernünftige Reaktion auf das Vorgehen des medizinischen Personals. Mit dem Gewehr an unserer Stirn können wir nicht verhandeln." Gurdian forderte die Angestellten im Gesundheitsdienst dringend auf, den Streik abzubrechen und in Verhandlungen mit MINSA (Gesundheitsministerium, d. Übers.) einzutreten.

Der Vorsitzende von FETSALUD (und Parlamentsabgeordnete) Gustavo Porras nannte Gurdians Vorgehensweise "unangemessen", weil ihre Drohungen "die Entschlossenheit der Angestellten im Gesundheitswesen, den Streik fortzusetzen, nur noch verstärken." Auch betonte er, dass, "sollte allen streikenden Angestellten gekündigt werden, die Ministerin selbst die Garantie für einen endlosen Streik bieten würde, weil dann nur noch eine minimale Anzahl Angestellter im Gesundheitsdienst zurückbliebe."

FETSALUD und die "Ärzte für Gehälter" stimmten ihren Streik zeitlich so ab, dass er zusammenfiel mit der Vorlage der Exekutive für den Haushalt 2006 und der Diskussion über die Vorlage in der Nationalversammlung. Die Regierungsvorlage für MINSA für 2006 sieht nur eine Gehaltserhöhung von 8-10% für Angestellte im Gesundheitswesen vor, was, laut Porras, nicht einmal für einen Inflationsausgleich ausreichen würde. Die Haushaltsvorlage wird derzeit von der Wirtschaftskommission der Nationalversammlung geprüft und soll am 24. und 25. November in der Nationalversammlung diskutiert und verabschiedet werden.

Auf die Frage, wie er sich zur Möglichkeit einer Gehaltserhöhung für Angestellte im Gesundheitsdienst von mehr als 10% stelle, antwortete Präsident Enrique Bolanos: "Die Allgemeinheit wird auf jeden Fall die Rechnung bezahlen müssen, denn wenn die Gehälter erhöht werden, müssen höhere Steuern gezahlt werden."

Wie die Dinge stehen, scheint keine Seite zum Nachgeben bereit zu sein. Und bis es zu irgend einer Art Lösung kommt, haben die Ärmsten der Nicaraguaner keinerlei medizinische Versorgung. (La Prensa, 15.11., 17.11., 20.11; El Nuevo Diario, 18.11., 21.11.; Radio La Primerísima, 21.11., Radio Liberación Estelí, 19.11.)

Tausende demonstrieren für freie und transparente Wahlen und gegen den Pakt

Am 20. November nahmen Tausende Nicaraguaner in Juigalpa an einer Demonstration teil, die von den zivilgesellschaftlichen Organisationen "Bewegung für Nicaragua" und "Netzwerk für Nicaragua" organisiert war. Mit der Demonstration wurde gegen den Liberal-Sandinistischen Pakt protestiert und gleichzeitig die Forderung auf freie, gerechte und transparente allgemeine Wahlen im nächsten Jahr erhoben. Dabei handelt es sich um die vierte Anti-Pakt-Demonstration während der vergangenen zwölf Monate. Die "Bewegung für Nicaragua" und das "Netzwerk für Nicaragua" sind der Auffassung, dass die Mehrheitsparteien, die Sandinistische Front für Nationale Befreiung (FSLN) und die Liberal-Konstitutionalistische Partei (PLC), die Legislative und alle wichtigen staatlichen Einrichtungen, darunter Rechtsprechung und Wahlrat, in ihre Verfügungsgewalt gebracht haben und planen, ihre Macht auszunutzen, um die Ergebnisse der allgemeinen Wahlen im nächsten Jahr zu manipulieren.

Die Organisatoren dieser vierten Anti-Pakt-Demonstration wollten die nicaraguanische Öffentlichkeit darauf aufmerksam machen, dass die Mehrheitsparteien offensichtlich die Absicht haben, bestimmte Präsidentschaftskandidaten aus rechtlichen und/oder politischen Gründen von den Wahlen auszuschließen. Die Organisatoren fordern, dass umgehend internationale Beobachter für den Wahlprozess angefordert werden.

Mehr als drei Stunden lang beherrschten Tausende von Demonstranten die Straßen von Juigalpa. Sie schrieen: "Wir wollen freie, gerechte und transparente Wahlen," und "Wir wollen, dass kein Kandidat von der Teilnahme an den Wahlen ausgeschlossen wird." Auf Transparenten wurde der Oberste Wahlrat aufgefordert, ein Schreiben an die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) zu schicken und darin zu fordern, dass die Organisation mit der Beobachtung des Wahlprozesses so bald wie möglich beginnt und nicht erst ein paar Wochen vor den Wahlen.

Der Koordinator der Bewegung für Nicaragua Klaus Stadthagen erklärte, die Gruppe habe bereits einen Brief an die OAS geschickt, in dem internationale Beobachter, die den Wahlprozess begleiten, angefordert werden, "denn dieser hat bereits begonnen, und das nicaraguanische Volk will, dass Transparenz garantiert ist."

Die Wunschkandidaten für die Präsidentschaftswahlen Eduardo Montealegre und Herty Lewites, die beide aus ihren Parteien (PLC bzw. FSLN) ausgeschlossen worden sind, weil sie gegen die Bosse der beiden Parteien antreten, nahmen an der Demonstration teil (allerdings betonten die Organisatoren der Demonstration mit Nachdruck, dass sie keine bestimmte Partei und keinen bestimmten Kandidaten unterstützen). Sowohl Lewites als auch Montealegre glauben, dass die Mehrheitsparteien ihre Einflussmöglichkeiten benutzen, um sie an der Teilnahme der Wahlen von 2006 zu hindern.

Lewites, dem früheren FSLN-Bürgermeister von Managua, wird vorgeworfen, er habe sich der Korruption schuldig gemacht, indem er während seiner Zeit als Bürgermeister ein Stück Land, das der Stadt Managua gehörte, sehr billig verkaufte. Montealegre glaubt, die PLC plane, ihn unter dem Vorwand von den Wahlen 2006 auszuschließen, er sei in Bolanos' Wahl-Kampagnen-Skandal von 2001 verwickelt,. (La Prensa, 19.11., 21.11., El Nuevo Diario, 21.11.)

Exekutive schickt Haushalts-Vorlage an Parlaments-Kommission

Am 18. November schickte die Exekutive ihre Vorlage für den Haushalt 2006 an die Wirtschafts-Kommisssion der Nationalversammlung. Präsident Bolanos forderte die Kommissionsmitglieder auf, "wenn nötig 24 Stunden am Tag zu arbeiten," um ihren Kommissionsbericht in der kürzest möglichen Zeit der Nationalversammlung zu übergeben. Bolanos hoffte, dass die Haushaltsvorlage in der Nationalversammlung diskutiert und ratifiziert würde, ehe die Sondergesandten des Internationalen Währungsfonds (IWF) am 23. November das Land verlassen. Die Erste Sekretärin der Nationalversammlung Maria Auxiliadora Aleman erklärte, es sei unmöglich, diesen Zeitplan einzuhalten. "Das Präsidium der Nationalversammlung erhielt den Bericht der Wirtschaftskommission über die Haushaltsvorlage am 20. November; das bedeutet, dass sie frühestens am 24. November von den Abgeordneten diskutiert werden kann. Wir hoffen, dass die Vorlage am 25. November von der Nationalversammlung verabschiedet wird."

Die Ausgaben in der Vorlage der Exekutive betragen insgesamt 20, 9762 Milliarden Cordobas (ca. 1, 27 Milliarden US-Dollar), während die Regierung bei den Einnahmen von nur insgesamt 16,3815 Milliarden Cordobas (981 Millionen US-Dollar) ausgeht; das heißt, es entsteht ein Haushaltsdefizit von über 4,400 Millarden Cordobas (267 Millionen US-Dollar). (…)

Der Verband der Stadtverwaltungen Nicaraguas (AMUNIC) organisierte am 15. November in Managua eine gewaltige Demonstration. Die Forderung war, dass die Städte 10% des Brutto-Inlandsprodukts erhalten. In der Regierungsvorlage waren jedoch nur 6% für die Städte angesetzt. Der Nationale Rat der Universitäten (CNU) forderte, dass die Regierung 1,78 Milliarden Cordobas (108 Millionen US-Dollar) (6% des Haushalts) zur Verfügung stellt, während die Regierung dafür nur 1,07 Milliarden Cordobas (65 Millionen US-Dollar) vorgesehen hat. Vom Obersten Gerichtshof wurden 1,31 Milliarden Cordobas (79 Millionen US-Dollar) gefordert, der Betrag, der nach Meinung des Gerichts nötig ist, um mit dem bestmöglichen Erfolg zu arbeiten. Dagegen betrug der Haushaltsposten, den die Exekutive für die Gerichtsbarkeit vorschlug, nur 759 Millionen Cordobas (45,5 Millionen US-Dollar); u.s.w.

Als die Sondergesandten des IWF aus Nicaragua aufbrachen, war in der Presse fast nichts darüber erschienen, was sie während der Zeit, die sie hier waren, getan hatten. Offensichtlich ist es jedoch kein Zufall, dass ihre Anwesenheit mit der Endfassung der Haushaltsvorlage der Regierung zusammenfiel. Am 25. November wird in der Nationalversammlung der endgültige Haushalt für das nächste Jahr verabschiedet werden. (La Prensa, 19.11., 21.11., El Nuevo Diario, 18.11., 19.11., Radio Ya! 21.11.)

Dies ist eine auszuweise Übersetzung des Nicaragua News Service Autor: Hannah Given-Wilson.
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Herausgeber der deutschsprachigen Übersetzung: Nicaragua-Forum Heidelberg. Tel.: 06221-472163, V.i.S.d.P.: Rudi Kurz
Übersetzung dieser Ausgabe: Agnes Bennhold. Zur Finanzierung dieses Informationsdienstes überweisen regelmäßige Leser bitte jährlich 45 Euro (Komitees 60 Euro) an das Nicaragua-Forum. Rechnung auf Anfrage möglich.

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